Die Quellen des Zorns. Widmar Puhl

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Die Quellen des Zorns - Widmar Puhl

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      Widmar Puhl

      Die Quellen des Zorns

      Gefahr für Rechtsstaat & Demokratie

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Einleitung

       Klassenkampf von oben

       Rechtsstaat in Verruf

       Ein Richter verliert den Glauben an den Rechtsstaat: ein Porträt

       Der Staat versagt als Schutzmacht

       Armut und Würde

       Ein Mann, ein Wort: Öffentlich lügen

       Ein seltsames neues Menschenbild

       „Bildung lohnt sich“ – noch ein Betrug

       Für eine neue Medien- und Kulturpolitik

       „Es kocht in den Völkern“

       Manifest zur Erneuerung der Demokratie

       Literatur

       Impressum neobooks

      Einleitung

      Die Belagerung der „Festung Europa“ durch illegale Einwanderer und die Reaktionen verschreckter Bürger darauf sind nur ein Beispiel für Auslöser des Volkszorns. Die Griechenland-Krise (besser: die europäische Finanzkrise) und ihre Folgen, Terrorismus, islamische Parallelgesellschaften in Europa und die weit gehende Abkehr der Großmächte USA und Russland vom Völkerrecht machen die Menschen wütend. Guantanamo, die Ausdehnung der NATO und die Annexion der Krim sprechen Bände. All das sind Quellen des Volkszorns. Der bricht sich lautstark Bahn – nicht nur in linken Protestbewegungen wie der griechischen Syriza und der spanischen „Podemos“, sondern auch in rechten Protestbewegungen wie PEGIDA und neuen Parteien wie der „Alternative für Deutschland“ (AfD). Im globalen Maßstab ist zu beobachten, dass immer stärker Egoismus an die Stelle von Humanismus tritt, ruppige Nationalismen an die Stelle internationaler Solidarität, Freund-Feind-Denken an die Stelle einer differenzierten, sachlichen Debattenkultur.

      Das Ausmaß dieser Entsolidarisierung ist eine Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat. Das betrifft die Wirtschafts-, Finanz-und Sozialpolitik, aber auch die Innenpolitik mit einem Trend zu mehr Überwachung, Vorratsdatenspeicherung, Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit. Alte Maßstäbe scheinen nicht mehr zu gelten. Außenpolitik wird immer widersprüchlicher und damit unglaubwürdiger. Europa ist dabei, ähnlich wie Russland und die USA seine Ideale zu verraten, und agiert teilweise in Krisen ohne demokratische Legitimation. Wenn es nicht gelingt, die Quellen des dadurch ausgelösten Zorns auszutrocknen, ist mit einer Flutwelle zu rechnen, die alles wegspült, was uns lieb und teuer ist.

      Ein Umdenken, vor allem aber ein neues Handeln sind nötig, um eine Katastrophe zu verhindern – nicht nur bei der Energiewende und im Kampf gegen Hunger und Armut, der längst auch in Deutschland tobt. Wenn wir Wirtschaftsflüchtinge einfach bloß ausgrenzen, um den sprunghaften Anstieg der Bürgerkriegsflüchtlinge zu bewältigen, vergessen wir diesen Kampf gegen blanke existenzielle Bedrohungen, die nicht von Bomben oder Gewehren herrühren. Um das Problem der illegalen Migration zu lösen, brauchen wir humane, faire Regeln und eine wirklich einheitliche Politik in Europa. Kein Land der Welt ist allein in der Lage, diese Aufgabe zu bewältigen.

      Aber die Ressourcen dafür sind da, und viele Lösungsvorschläge liegen auf dem Tisch; also geht es um Aufklärung, um eine offene Diskussion mit den Ewig-Gestrigen, die konstruktive Lösungen blockieren und auf jedem Krisenherd ihr eigenes Süppchen kochen. Der Protest gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 trieb so viele Menschen auf die Straßen, weil hier zahlreiche Quellen des Volkszorns zu einem mächtigen Strom zusammenflossen. Er zeigte exemplarisch: Die Menschen haben das Gefühl, dass der Staat sie nicht ernst nimmt und die maßlose Gier der Geldeliten unkontrolliert wuchert. Repräsentanten eines Systems, das Großprojekte zu Selbstbedienungsläden für Parteien und Lobbyisten macht, werden abdanken müssen. Neuartige Formen des Bürgerprotestes in allen Metropolen der Welt entzünden sich auch an ganz anderen ungelösten Problemen. Aber immer geht es um Ethik in der Politik. Demokratie und Rechtsstaat verlieren jede Glaubwürdigkeit und Legitimation, wenn sie für die Mehrheit der Bürger zu einer permanenten Quelle des Unrechts oder der Bedrohung werden, weil sie nur die Interessen einer cleveren Minderheit schützen.

      Nicht Gesetze sind daher marktkonform zu machen, sondern Märkte gesetzeskonform. Im Namen der „Globalisierung“ werden Nachrichten in Sekunden um die ganze Welt geschickt, aber auch jeder Blödsinn und selbst die unsinnigste Wette. Eine hyperventilierende Wirtschaft versucht, die Regeln der virtuellen Welt auf die real existierende Wirtschaft anzuwenden. Der Preis dafür ist der Kollaps nicht nur einzelner Unternehmen, sondern ganzer Branchen und Staaten. Firmen, die bisher den Regeln redlicher Kaufleute gehorchten, werden zu Spielcasinos hemmungsloser Spekulanten mit Allmachtsphantasien. Der Bankenkrise von 2008 - 2009 folgte die Wirtschaftskrise auf dem Fuß, und die nächste steht bevor, wenn niemand den Teufelskreis durchbricht.

      Denn völlig ungeniert wetten die Zocker nach dem wirtschaftlichen auch auf den politischen Systemabsturz. Der Rechtsstaat stirbt anscheinend lieber, als Bankenkontrolle und Steuergerechtigkeit durchzusetzen oder Marktexzesse zu stoppen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel weigert sich z. B. ganz offen, das Urteil des obersten Gerichts umzusetzen, das die schleichende Steuerprogression verbietet. Recht und Gesetz nach Kassenlage sind aber nicht legitim. Nicht das Austeritätsprinzip („Totsparen“) oder das überdehnte Erfolgsrezept „Privatisierung“ kann ein Desaster verhindern, sondern nur Ludwig Erhards Prinzip „Wohlstand für alle“.

      Während Millionen von Existenzen vernichtet werden, nimmt der Reichtum der Reichen immer schneller zu. Der Protest dagegen verbindet Bürger westlicher Industrieländer mit Demokratiebewegungen in aller Welt oder der Occupy-Bewegung. Eine so genannte Troika aus IWF, EZB und Brüsseler Beamten diktiert Südeuropa den Weg aus der Schuldenkrise. EU-Kommissare beschließen an den Parlamenten vorbei „Rettungsschirme“ für angeblich systemrelevante Banken oder Niedrigzinsen, die den Sparer enteignen.

      Zunehmend werden in „demokratischen Rechtsstaaten“ die Rechte der Parlamente verletzt, Grundrechte

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