TARZAN UND DER SCHATZ VON OPAR. Edgar Rice Burroughs

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TARZAN UND DER SCHATZ VON OPAR - Edgar Rice Burroughs

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mir nun sechs Träger und sechs Askaris - die stärksten und tapfersten -, damit ich dem Engländer folgen kann, um zu sehen, wo er sein Gold verborgen hat.«

      So geschah es. Tarzan, nur mit einem Lendentuch bekleidet und mit der primitiven Bewaffnung versehen, die er am liebsten hatte, führte seine treuen Waziri der toten Stadt Opar entgegen. Werper, der Abtrünnige, folgte seiner Spur durch die langen heißen Tage und schlug nachts sein Lager dicht hinter dem Verfolgten auf.

      Während die beiden Gruppen ihren Weg durch den Dschungel suchten, ritt Achmed Zek mit seinem gesamten Gefolge südwärts auf die Greystoke-Farm zu.

      Schlaflos wälzte sich Tarzan auf seinem Lager aus Gras innerhalb der Dornhecke, die seine Safari gegen die Bestien des Dschungels schützen sollte. Mit der Kleidung hatte er auch abgeworfen, was er an Zivilisation angenommen hatte. Nun rief ihn die Stimme der Wildnis, der Hunger nach dem warmen Fleisch und Blut eines frisch geschlagenen Tieres wurde übermächtig in ihm. Leise erhob er sich. Der Waziri, der am lodernden Feuer Wache hielt, wandte ihm den Rücken zu. Geräuschlos schlich Tarzan an ihm vorbei und setzte mit geschmeidigem Sprung über die Dornenhecke hinweg. Schnell erklomm er den nächsten Baum und setzte seinen Weg durch das dichte Geäst fort. Als er weit genug vom Lager entfernt war, ließ er sich auf den Boden gleiten und nahm witternd die frische Spur Baras, des Rehes, auf. Er spürte, wie ihm das Wasser im Munde zusammenlief, und ein leises Knurren kam über seine Lippen, während er der Spur folgte, die von der stärkeren Witterung Hortas, des Ebers, gekreuzt wurde.

      Als er sicher war, seiner Beute nahe genug zu sein, schwang er sich wieder in die Bäume hinauf. Sekunden später sah er Bara am Rande einer Lichtung stehen. Lautlos bewegte Tarzan sich durch das Geäst weiter, bis er sich genau über dem Reh befand. In seiner Rechten blitzte das lange Jagdmesser. Sekundenlang verharrte er in seiner Stellung, dann ließ er sich auf das ahnungslose Wild herabfallen. Der Aufprall ließ das Reh in die Knie brechen, und bevor es sich wieder erheben konnte, hatte das Messer sein Ziel gefunden. Als Tarzan sich aufrichtete, um seinen wilden Siegesschrei auszustoßen, trug der Wind ihm eine Witterung zu, die seine Bewegungen erstarren ließ. Er wandte den Blick seiner funkelnden Augen in die Windrichtung und erkannte, wie sich das Gras am Rande der Lichtung teilte. Langsam trat Numa, der Löwe, aus dem Dickicht. Seine gelbgrünen Augen waren auf Tarzan gerichtet, den er neidvoll musterte, denn Numa war in dieser Nacht kein Jagdglück beschieden gewesen.

      Von den Lippen Tarzans kam ein warnendes Knurren. Numa antwortete, rührte sich aber nicht von der Stelle. Tarzan kauerte sich neben seiner Beute nieder und schnitt sich ein mächtiges Stück aus der Hinterkeule. Numa beobachtete ihn mit steigender Wut, während Tarzan zwischen den einzelnen Bissen sein warnendes Knurren ertönen ließ. Nun war dieser Löwe Tarzan noch nie begegnet und schien unschlüssig, wie er sich verhalten sollte. Was er sah und witterte, war ein Mensch. Numa hatte Menschenfleisch gekostet, und obwohl es nicht zum schmackhaftesten gehörte, so zählte doch der Mensch zu den leichtesten Beuten. Dieser Mensch hier stieß allerdings ein furchterregendes Knurren aus und ließ Numa zögern, obwohl der Geruch des frischen Fleisches ihn wahnsinnig zu machen drohte.

      Tarzan ließ die große Wildkatze nicht aus den Augen. Er ahnte, was in dem Gehirn der Bestie vorging. Und es war gut, dass er Numa beobachtete, denn plötzlich konnte Numa der Herausforderung nicht länger widerstehen. Er richtete den Schweif steil auf, und Tarzan, der das Zeichen kannte, setzte mit mächtigem Sprung in den nächsten Baum, die Reste der Rehkeule zwischen den Zähnen. Numas Angriff kam mit der Geschwindigkeit und Wucht eines Expresszuges.

      Tarzans Rückzug war kein Zeichen dafür, dass er sich fürchtete. Wäre er hungrig gewesen, würde er den Angriff abgewartet und seine Beute verteidigt haben, wie er es oftmals getan hatte. Aber die Hinterkeule war mehr Fleisch, als er verzehren konnte. Dennoch konnte er nicht dulden, dass Numa sich an seiner, Tarzans, Beute labte. Ganz in der Nähe war ein hoher Baum, der große, harte Früchte trug, und Tarzan schwang sich geschmeidig in dessen Geäst. Nun begann ein Bombardement, das den Löwen zu wütendem Brüllen veranlasste. So schnell er sie einsammeln konnte, sandte Tarzan ein Geschoss nach dem andern hinab. Es war dem Löwen unmöglich, unter dem Hagel dieser Geschosse sein Mahl in Ruhe zu beenden. Brüllend und schnaubend vor Wut zog er sich von dem geschlagenen Tier zurück, doch als er die Mitte der Lichtung erreichte, verstummte er plötzlich, und Tarzan sah, wie Numa sich flach an den Boden presste.

      Sekunden später entdeckte Tarzan, was die Aufmerksamkeit Numas erregt hatte. Auf dem Wildpfad näherte sich ein Mensch, ein alter, dunkelhäutiger Mann, der sich allein den Weg durch den Dschungel suchte. Der ganze Körper des Mannes war mit Narben und Tätowierungen bedeckt. Er trug das Fell einer Hyäne um die Schultern, der Schädel des Tieres ruhte auf seinem Kopf. Tarzan erkannte die Zeichen des Wunderdoktors. Er mochte diese Männer nicht und sah dem Angriff des Löwen mit gewisser Schadenfreude entgegen. Plötzlich aber erinnerte er sich daran, dass Numa ihm seine Beute streitig gemacht hatte und dafür bestraft werden musste.

      Das Geräusch brechender Zweige beim Angriff Numas war das erste Zeichen für den Schwarzen, dass er sich in Gefahr befand. Er schaute auf und erkannte den knapp zwanzig Meter entfernten Löwen mit der dichten Mähne. Sekunden später sprang der Löwe den Zauberer an. Im gleichen Augenblick sprang Tarzan ihm auf den Rücken. Noch im Fall stieß er das Messer tief in den Leib Numas, während seine Rechte sich in der Mähne des Tieres verkrampfte. Wut und Schmerz ließen Numa aufbrüllen. Er stieg vorn hoch und ließ sich auf den Rücken fallen. Aber Tarzan verlor nicht den Halt und versenkte immer wieder das Messer bis zum Heft in die Flanke des Tieres. Er war zerschunden an allen Gliedern, das Blut der Raubkatze, das sich mit dem Erdreich des Wildpfades vermischte, bedeckte auch seinen Körper. Numa rollte und wälzte sich von einer Seite auf die andere, aber seine wilden Tatzenschläge trafen statt des Gegners nur die Luft. Tarzan wusste, dass er verloren wäre, wenn er seinen Griff nur für eine Sekunde lockerte. Der Wunderdoktor lag noch dort, wo ihn der Ansprung des Löwen niedergeworfen hatte. Wie gelähmt beobachtete er den schrecklichen Kampf zwischen Mensch und Bestie, unablässig die Zaubersprüche seines Kultes mit blutleeren Lippen murmelnd.

      Lange zweifelte er nicht am Ausgang des Kampfes - der seltsame weiße Mann musste sicherlich dem mächtigen Simba unterliegen. Wer hatte je gehört, dass ein einzelner Mann, nur mit einem Messer bewaffnet, Sieger über den König des Dschungels geblieben wäre! Dann aber weiteten sich die Augen des alten Mannes, und seine Überzeugung geriet ins Wanken. Und eine schwache Erinnerung stellte sich ein - er sah, wie sich ein schlanker weißer Jüngling durch den Dschungel schwang, begleitet von einer Gruppe großer Affen. Furcht ergriff das Herz des alten Mannes, die abergläubische Furcht desjenigen, der an Geister und Dämonen glaubt.

      Der Zeitpunkt kam, an dem der Wunderdoktor nicht mehr am Ausgang des ungleichen Kampfes zweifeln konnte. Nun wusste er, dass der Dschungelgott Simba töten würde - doch was würde der Sieger dann ihm bescheren? Er sah, wie der Blutverlust den Löwen mehr und mehr schwächte. Er sah, wie die mächtigen Glieder zu zittern begannen, wie der Löwe niedersank, um sich nie mehr zu erheben.

      Er sah, wie sich der Gott oder der Teufel des Dschungels von seinem besiegten Gegner löste, wie er einen Fuß auf dessen Rücken setzte und sein Gesicht dem fahlen Mond entgegenreckte, um jenen unheimlichen Schrei auszustoßen, der das Blut in den Adern des Wunderdoktors erstarren ließ.

      Tarzans Aufmerksamkeit richtete sich auf den alten Mann. Er hatte Numa nicht getötet, um den Schwarzen zu retten, es war lediglich ein Akt der Rache gewesen. Nun aber, da er den alten Mann hilflos und sterbend vor sich liegen sah, regte sich etwas wie Mitleid in ihm. In seiner Jugend hätte er den Zauberer erschlagen, ohne eine Sekunde zu zögern, inzwischen aber hatte die Zivilisation ihre Wirkung auf ihn nicht verfehlt. Er sah einen leidenden alten Mann und kniete nieder, um seine Wunden zu untersuchen und die Blutungen zu stillen.

      »Wer bist du?«, fragte der alte Mann mit zitternder Stimme.

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