James, die Tür bitte!. Helge Sobik

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James, die Tür bitte! - Helge Sobik

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im Salon trinken und Musik hören möchte? Klassik oder lieber Jazz, lauter oder leise? Klingt alles nicht schlecht. Irgendwann sage ich vollständig ermattet „Gute Nacht“, verschwinde im Schlafzimmer - und schließe sicherheitshalber hinter mir zu.

      Vorher noch hatte ich den Fehler gemacht, ihm von dem Tablett mit den drei Dutzend Begrüßungspralinen anzubieten. Entrüstet hat er abgelehnt. Dabei wollte ich nur signalisieren, dass mir die Hierarchie-Ebene unangenehm ist, ich Menschen nicht nach Bedienern und Bedienten unterscheide. Ich wollte ihm signalisieren, dass mir ein Freund für die zwei Tage lieber ist als ein devoter Domestike. Es war falsch.

      Schon vor dem Aufstehen muss er wieder da gewesen sein: In einem Nebenraum hat er Tee gekocht, Frühstück vorbereitet. Beim Zeitunglesen steht er nun hinter mir, und immer, wenn ich einen kleinen Schluck Tee getrunken habe, schenkt er genau im Volumen dieses Schlucks nach. Mich macht das alles total nervös.

      „Es ist mein Zimmer – wenn auch nur aus Versehen“, denke ich. „Und ich will jetzt meine Ruhe“. Ehe ich es ausspreche, fragt er wieder, was er nun für mich tun könne. Da habe ich endlich die rettende Idee: „Eine Zeitschrift besorgen. Bitte. Eine ganz bestimmte. Eine Fachzeitschrift. Eine seltene. Am Flughafen habe ich sie gesehen und vergessen, sie zu kaufen. Die brauche ich. Sobald es geht.“ Und das Wunder geschieht: Volle drei Stunden habe ich meine Ruhe. Und anschließend die Zeitschrift, die mich nicht sonderlich interessiert. Am Nachmittag bitte ich ihn, eine ganz bestimmte CD zu besorgen, am nächsten Morgen ein deutschsprachiges Buch. Und sollte er mal unerwartet schnell zurückgekommen sein, ich hätte ihn irgendwo eine gelbe Gummi-Ente für die Badewanne auftreiben lassen müssen. Ich wäre ohne all das ausgekommen. Aber er hat zu tun, sein Erfolgserlebnis, ich meine Suite wirklich für mich. Am Ende gebe ich ihm gutes Trinkgeld und danke herzlich. Und wenn ich je wieder eine Suite bekommen sollte: bitte ohne Butler.

       hs

      Nur die Decke war Zeuge

      Bekanntlich gibt es zwei Arten von in Hotels verbrachten Nächten. Die eine ist angenehm. Das liegt an schönem Ambiente und Vorfreude aufs nicht eigenhändig zubereitete Frühstück – eine Erfahrung, die so gar nicht darauf angelegt ist, finstere Gedanken an Statistiken über Milbenkolonien in gastgewerblichen Matratzen zu wecken.

      Die andere erlebt man nicht selten allein, was nächtliches Brüten über Ungeziefer begünstigt. Denn so hat man genug Muße, sich in einschlägigen Vergnügungen zu ergehen: Nachdenken über die Schlechtigkeit der Welt (unverschämte Minibar-Preise, mangelhaftes Leselicht, indiskutables Fernsehprogramm) und über die unmittelbare Umgebung. Zu letzterer gehört häufig ein zu dünnes Kopfkissen. Ein lösbares Problem, finden sich doch im Schrank weitere. Doch dann ist da noch etwas, das man nicht in jedem Fall am Körper haben will, auf das man aber hilflos angewiesen ist: die Bettdecke.

      Glücklich, wer sich in Leichtes, von reiner, weißer Baumwolle Umhülltes schmiegen kann. Unterhalb der Vier-Sterne-Marke und da vor allem im mittel- und südeuropäischen Raum sieht das Bett oft anders aus: Dort wirft man gerne grobe Wolldecken von langer Lebensdauer, möglichst in gedeckten, unempflindlichen Brauntönen aufs Lager; vor diesem unheimlichen Textil schützt einzig ein Laken darunter, das oben um die Wolldecke gefaltet ist. Das Ganze wird an beiden Seiten unter der Matratrze festgezurrt, damit der Gast, steckt er erstmal im Bett, so schnell nicht entkommen kann (Reisende sind schließlich immer auch auf der Flucht).

      Kratzig sieht die Decke aus, wärme- und wasserabweisend, und sie erinnert daran, dass das Leben im Hotel kein Dauerzustand werden sollte. Zerstreuung ist nun kein Problem mehr, kann man doch in Ruhe über die Geschichte der Decke nachdenken und wie schön es ist, dass sie ihre Geheimnisse nicht als Gute-Nacht-Geschichte ausplaudert. So ein Ding ist wie Teppichboden im Bad oder ein flusiger Bettvorleger: Eigentlich möchte man nichts damit zu tun haben.

      Schreckt der Gast dann in fortgeschrittener Nacht aus unruhigen Träumen empor, ist er entweder unauflöslich in der Decke verheddert oder zuckt zusammen, weil sie sich auf der Suche nach Körperkontakt vom Laken getrennt hat. Nun bewegt sie sich nach oben, vermutlich, um sich über den Kopf zu senken, bis die Atemtätigkeit nachlässt.

      Schön immerhin, wenn sie dabei nicht nach Zigarettenrauch riecht. Einzelne Flusen (die Haare früherer Opfer?) lösen sich vom engmaschigen Gewebe und finden den Weg in Nase, Mund und blinzelnde Augen. Erst durch heftiges Rudern mit den Armen ist Befreiung möglich. Mit der Decke ist indessen auch der Schlaf weg. Und alles beginnt von vorn: Fernsehen? Nix drin. Minibar? Zu teuer. Lesen – geht nur, wenn man den Kopf auf den Nachttisch legt. Fröhlich kreiseln die Gedanken, da blinzelt die Dämmerung schon durch die Gardinen. Nur das Wollding schweigt, als wäre nichts gewesen.

       bis

      Heißluft mit Haltungsschaden

      Es gibt ihn noch, aber meistens muss man nach ihm suchen. Über die Jahre hat er es scheinbar gelernt, sich immer besser zu verstecken: um nicht arbeiten zu müssen. Und mehr noch um nicht gestohlen zu werden. Mancherorts verschlug es ihn in den Schrank irgendwo zwischen Ersatzkopfkissen und Zusatz-Wolldecke. Anderswo fristete er halb verdeckt von einem Nachfüllpack Kleenex-Tücher in der untersten Schublade des Waschtischs im Hotel-Badezimmer sein Dasein. Und ab und zu kauerte er eng an die Rückwand gepresst in einer der Nachttischschubladen. Je größer, schöner, stabiler, je metallener und polierter er war, desto besser war er versteckt: der Hotel-Föhn. Nur noch selten war er da zu finden, wo man in braucht: für den schnellen Zugriff an einem Haken an der Badezimmerwand.

      Neulich musste ich nicht lange suchen. Schick auf eine dunkelrote Filzablage gebettet lag das silbern-schwarze Prachtexemplar in der einzigen Schublade des Badezimmers und schien geradezu eingesetzt werden zu wollen. Ich griff danach, und es fehlte nicht viel daran, dass ich in die Schublade geschnellt wäre. Der Föhn schien an mir zu zerren statt umgekehrt. Sein Kabel war sehr kurz und dick und fest, es war in Spiralen aufgedreht wie das eines alten Festnetz-Telefonhörers. Es hatte richtig Kraft. Und am Schlimmsten: Es war durch ein Bohrloch an der Rückseite der Schublade geführt und dahinter in einer Wandsteckdose befestigt. Das hat zwei Effekte: dass man den Föhn nur mitnehmen könnte, wenn man wahlweise ihn oder die Schublade zerstörte. Und dass man sich nicht wirklich föhnen kann. Denn was nützt ein elektrischer Heißluftverbreiter sechseinhalb Zentimeter über der Marmorplatte des Waschtischs? Dieser jedenfalls sollte der erste Föhn werden, vor dem ich kniete. Anders ging es nicht.

      Aber ich habe Glück. Der unbequeme morgendliche Kniefall vor Föhn und Schublade währt nur noch kurz. Ein angenehmer Umstand. Denn über die Jahre haben zwei Drittel der Haare von einst meinen Kopf bereits verlassen. Das spart Zeit - und entwickelt sich im Beherbergungsgewerbe offenbar zum orthopädischen Komfortgewinn.

      Nur: Aus Beobachtungen in Hotel und Flugzeug weiß ich, dass auch Menschen mit eindeutig mehr Frisur verreisen. Es kann sogar sein, dass sie sich mal das Haupt föhnen müssen. Lieber Hotelier, wie wäre es, wenn Du das praktische Gerät nicht nur zum Schein in die Schublade tackerst, sondern ihm vierzig Zentimeter mehr Schnur spendiertest? Tackern dürfest Du dann trotzdem. Damit keiner das hübsche Ding aus Versehen mitnimmt.

       hs

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