Männer und ihre Tränen. Dietlind Brödel-Waschke

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Männer und ihre Tränen - Dietlind Brödel-Waschke

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heute – so der britische Historiker – gibt es aber auch Bereiche, in denen Männer weinen dürfen. Dazu gehört vor allem der Fußball. Generell gilt aber immer noch, dass Männer (vor allem in der Öffentlichkeit) nicht weinen. Dies sieht man auch daran, wie intensiv vor allem über prominente Männer, die weinen, in den Medien berichtet wird.

      Zahlen und Fakten

      In einer Studie von Messmer (2006) wurden ein paar Zahlen und Fakten über den Unterschied zwischen Männern und Frauen deutlich. Männer weinen 6 - 17 Mal im Jahr, Frauen dagegen 30 - 64 Mal im Jahr. Dabei spielt durchaus das Alter eine Rolle: Bis zum 13. Lebensjahr weinen Jungen und Mädchen den Angaben zufolge noch ungefähr gleich häufig. Frauen sind beim Weinen ausdauernder: Sie lassen durchschnittlich etwa sechs Minuten lang die Tränen fließen, Männer dagegen bringen es maximal auf vier Minuten.

      Auch beim Schluchzen unterscheiden sich die Geschlechter: Weinen geht nur bei 6 Prozent der Männer in Schluchzen über – und bei 65 Prozent der Frauen. Dadurch wirkt weibliches Weinen länger, dramatischer und herzzerreißender.

      Es gibt Behauptungen darüber, dass man sich nach dem Weinen meist erleichtert fühlt. Dies scheint aber falsch zu sein: Messmers Untersuchung zeigt, dass das Weinen nicht im Sinne eines Katharsis-Effektes zu einer innerlichen Reinigung führt. Wenn dies zuträfe, müsste es den Menschen nach dem Heulen besser gehen. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Anlass für die Tränen weggefallen ist.

      Dass Weinen körperlich entspannt, ist ebenfalls nicht haltbar: Beim Weinen sind nach Messmer Menschen körperlich erregt, und zwar von Anfang bis Ende. Viele merken dabei überhaupt keinen Unterschied und bei jedem Zehnten ist es so, dass sie sich nach dem Weinen sogar schlechter fühlen. Aber man hat auch herausgefunden, dass es einem meist besser geht, wenn man anschließend getröstet wird.

      Literatur

      Goldberg, H. (1986): Man(n) bleibt Mann. Möglichkeiten und Grenzen der Veränderung. Reinbek: Rowohlt.

      Kessler, R. (1994): Männertränen. In: Sölle, D. (Hrsg.) Für Gerechtigkeit streiten: Theologie im Alltag einer bedrohten Welt. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 203-208.

      Messer, E.M. (2009) Emotional Tears. Ophthalmologe.106 (7) 593-602.

      Vorwort

      Männer und ihre Tränen

      Manchmal spielt man Rollen, zeichnet Bilder von sich, die nicht den Empfindungen der eigenen Gefühle entsprechen.

      Die Seele schreit, sehnt sich, leidet, doch nach außen ist man der starke, harte Kerl, der meint einem gesellschaftlichen Rollenbild gerecht werden zu müssen.

      Mit Sicherheit hat jeder Mann schon einmal in seinem Leben geweint! Menschen, Begegnungen, Situationen haben ihn berührt, haben Gefühle der Trauer oder auch Freude in ihm aufkommen lassen, die ihn gerade zu dem Menschen machten, der er jetzt ist.

      Aber warum fällt es trotzdem manchen Männern so schwer auch in der Öffentlichkeit, dann, wenn ihnen eben gerade danach ist, einfach zu weinen?

      Warum spielen sie oft Verstecken mit sich, warum bauen sie Mauern um sich herum auf?

      Wäre die Welt, das Miteinander nicht viel einfacher, viel schöner, wenn auch Männer ihr wahres Gesicht zeigen dürften und könnten?

      Männer meinen, dass Erwartungen an sie gestellt werden, das heißt, sie gleichen sich oft diesen Erwartungen an und vergessen dabei ihr eigenes Ich, vergessen die Mitgestaltung ihrer eigenen Persönlichkeit!

      Wie kann ich mich annehmen, selber Wertschätzen, wenn ich mich nach Vermutungen, scheinbaren Verpflichtungen orientiere und dabei meine Seele außer Acht lasse?

      Überraschend viele Männer haben sich glücklicherweise geöffnet, stehen inzwischen zu ihrem Ich, stehen zu den schweren und leichten Momenten in ihrem Leben.

      Die meisten der befragten Männer wurden von mir ganz spontan an verschiedensten Orten angesprochen: Im Fitnessstudio, auf Partys, im Büro, bei privaten Begegnungen, je nachdem wie es die Lebenssituation gerade ermöglichte.

      Viele der Männer waren recht schnell bereit, mit mir ein Gespräch über ihre Tränen zu führen, doch einige lehnten es grundsätzlich ab. Manche aber brauchten auch eine Bedenkzeit, Tage der inneren Besinnung.

      Die Beiträge wurden so, je nach verbleibender Zeit, entweder oberflächlicher oder aber tiefer, intensiver.

      Bis auf zwei, von den Personen selbst geschriebenen Texten, saß ich immer den Männern gegenüber und hielt möglichst authentisch ihre Worte auf dem Papier fest.

      Das schönste Lob für mein Projekt aber kam von den Männern, die mir am Ende des Gespräches sehr oft mitteilten, wie gut es ihnen tat, einmal ohne Angst vor Kritik oder Zensur, vor Abwertung oder Bewertung über ihre Gefühle reden zu können. Ihre oft erstmalige Reflexion über ihre Gefühle, ihre Freude und Trauer, wirkte befreiend auf sie und tat ihnen einfach nur gut.

      So war die emotionale Öffnung für beide Seiten oft ein Glück, denn ohne sie wäre dieses Buch gar nicht möglich geworden!

      Aber es zeigte sich auch, dass es immer noch Männer gibt, die zögern und verneinen, die nicht die innere Freiheit besitzen, ganz selbstverständlich auch von ihren Tränen zu erzählen…

      Da kommt dann, neben einem verächtlich, verunsicherten Grinsen ein: Ich heul doch nicht, ich bin ein Mann! Ich bin keine Memme, ich bin ein ganzer Kerl und Kerle heulen nie, niemals! Ich schreie höchstens, schlage oder zertrete, aber Heulen wofür…? Was würde es ändern?

      So viel Trauer und Unsicherheit, die aus denen spricht, die weiterhin Steine auf ihre Mauern legen, die sich verstecken hinter ihrer Fassade der vermeintlichen Stärke.

      Dieses Buch soll allen Männern, allen Menschen Mut machen, zu ihren Gefühlen der Stärke und Schwäche zu stehen; soll den Geist und die Seele öffnen, ja dazu sagen, empfinden zu dürfen und es ausdrücken zu können! Ich entscheide, was gut für mich ist, nicht die anderen!

      Ein ganz, ganz großes Dankeschön an all die Männer, die bereit waren, sich zu öffnen, die durch ihre Offenheit eine Normalität herstellen und vielen anderen Menschen dadurch vielleicht auch neue Türen öffnen können zu ihrem eigenen Ich, zu ihren wahren Gefühlen und dem natürlichen Umgang damit!

      Viele meiner Begegnungen mit den Männern, ihre Erfahrungen, Gedanken und Gefühle, die oft weit über das Veröffentlichte hinausgingen, berührten auch mich tief. In ihren Augen wohnte manchmal noch die Trauer und der Schmerz; Verletzungen, die nicht verarbeitet wurden, die nicht begreifbar bleiben, die ein ganzes Leben prägen, die in steter Präsenz abrufbar auf Linderung hoffen.

      Am Ende ihrer Geschichten lag oft eine große Ruhe im Raum, eine erlösende, entlastende Ruhe. Viele Männer waren sich darüber im Klaren, nun nicht mehr ihre Tränen verbergen zu wollen, denn sie erkannten immer mehr die positive Wirkung ihrer eigenen Erlaubnis, endlich weinen zu dürfen.

      Sie erkannten, dass Weinen Ausdruck und Therapie sein darf und somit zur Befreiung ihrer vielfältigen Gefühle beitragen kann.

      Auch wenn mancher Forscher etwas anderes in seinen Untersuchungen feststellte, so ist für mich nach all den Männergesprächen doch ein Fazit ganz sicher:

      Weinen befreit und Weinen macht schön, weil es die

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