Die Geheimwissenschaft im Umriss. Rudolf Steiner

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Die Geheimwissenschaft im Umriss - Rudolf Steiner

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Der Ausdruck »Lebensgeist« ist deshalb der entsprechende, weil in dem, was er bezeichnet, dieselben Kräfte wirksam sind wie in dem »Lebensleib«; nur ist in diesen Kräften, wenn sie als Lebensleib sich offenbaren, das menschliche Ich nicht tätig. Äußern sie sich aber als Lebensgeist, so sind sie von der Tätigkeit des Ich durchsetzt.

      Die intellektuelle Entwicklung des Menschen, seine Läuterung und Veredelung von Gefühlen und Willensäußerungen sind das Maß seiner Verwandlung des Astralleibes zum Geistselbst; seine religiösen Erlebnisse und manche anderen Erfahrungen prägen sich dem Ätherleibe ein und machen diesen zum Lebensgeist. Im gewöhnlichen Verlaufe des Lebens geschieht dies mehr oder weniger unbewußt, dagegen besteht die sogenannte Einweihung des Menschen darin, daß er durch die übersinnliche Erkenntnis auf die Mittel hingewiesen wird, wodurch er diese Arbeit im Geistselbst und Lebensgeist ganz bewußt in die Hand nehmen kann. Von diesen Mitteln wird in späteren Teilen dieser Schrift die Rede sein. Vorläufig handelte es sich darum, zu zeigen, daß im Menschen außer der Seele und dem Leibe auch der Geist wirksam ist. Auch das wird sich später zeigen, wie dieser Geist zum Ewigen des Menschen, im Gegensatz zu dem vergänglichen Leibe, gehört.

      Mit der Arbeit am Astralleib und am Ätherleib ist aber die Tätigkeit des Ich noch nicht erschöpft. Diese erstreckt sich auch auf den physischen Leib. Einen Anflug von dem Einfluss des Ich auf den physischen Leib kann man sehen, wenn durch gewisse Erlebnisse zum Beispiel Erröten oder Erbleichen eintreten. Hier ist das Ich in der Tat der Veranlasser eines Vorganges im physischen Leib. Wenn nun durch die Tätigkeit des Ich im Menschen Veränderungen eintreten in Bezug auf seinen Einfluß im physischen Leibe, so ist das Ich wirklich vereinigt mit den verborgenen Kräften dieses physischen Leibes. Mit denselben Kräften, welche seine physischen Vorgänge bewirken. Man kann dann sagen, das Ich arbeitet durch eine solche Tätigkeit am physischen Leibe. Es darf dieser Ausdruck nicht mißverstanden werden. Die Meinung darf gar nicht aufkommen, als ob diese Arbeit etwas Grob-Materielles sei. Was am physischen Leibe als das Grob-Materielle erscheint, das ist ja nur das Offenbare an ihm. Hinter diesem Offenbaren liegen die verborgenen Kräfte seines Wesens. Und diese sind geistiger Art. Nicht von einer Arbeit an dem Materiellen, als welches der physische Leib erscheint, soll hier gesprochen werden, sondern von der geistigen Arbeit an den unsichtbaren Kräften, welche ihn entstehen lassen und wieder zum Zerfall bringen. Für das gewöhnliche Leben kann dem Menschen diese Arbeit des Ich am physischen Leibe nur mit einer sehr geringen Klarheit zum Bewusstsein kommen. Diese Klarheit kommt im vollen Maße erst, wenn unter dem Einfluß der übersinnlichen Erkenntnis der Mensch die Arbeit bewußt in die Hand nimmt. Dann aber tritt zutage, daß es noch ein drittes geistiges Glied im Menschen gibt. Es ist dasjenige, welches der Geistesmensch im Gegensatz zum physischen Menschen genannt werden kann. (In der morgenländischen Weisheit heißt dieser »Geistesmensch« das »Atma«.) Man wird in Bezug auf den Geistesmenschen auch dadurch leicht irregeführt, daß man in dem physischen Leibe das niedrigste Glied des Menschen sieht und sich deswegen mit der Vorstellung nur schwer abfindet, daß die Arbeit an diesem physischen Leibe zu dem höchsten Glied in der Menschenwesenheit kommen soll. Aber gerade deswegen, weil der physische Leib den in ihm tätigen Geist unter drei Schleiern verbirgt, gehört die höchste Art von menschlicher Arbeit dazu, um das Ich mit dem zu einigen, was sein verborgener Geist ist.

      So stellt sich der Mensch für die Geheimwissenschaft als eine aus verschiedenen Gliedern zusammengesetzte Wesenheit dar. Leiblicher Art sind: der physische Leib, der Ätherleib und der Astralleib. Seelisch sind: Empfindungsseele, Verstandesseele und Bewusstseinsseele. In der Seele breitet das Ich sein Licht aus. Und geistig sind: Geistselbst, Lebensgeist und Geistesmensch. Aus den obigen Ausführungen geht hervor, daß die Empfindungsseele und der Astralleib eng vereinigt sind und in einer gewissen Beziehung ein Ganzes ausmachen. In ähnlicher Art sind Bewusstseinsseele und Geistselbst ein Ganzes. Denn in der Bewusstseinsseele leuchtet der Geist auf und von ihr aus durchstrahlt er die andern Glieder der Menschennatur. Mit Rücksicht darauf kann man auch von der folgenden Gliederung des Menschen sprechen. Man kann Astralleib und Empfindungsseele als ein Glied zusammenfassen, ebenso Bewusstseinsseele und Geistselbst und kann die Verstandesseele, weil sie an der Ich-Natur Teil hat, weil sie in einer gewissen Beziehung schon das »Ich« ist, das sich seiner Geistwesenheit nur noch nicht bewußt ist, als »Ich« schlechtweg bezeichnen und bekommt dann sieben Teile des Menschen:

      1. Physischer Leib

      2. Ätherleib oder Lebensleib

      3. Astralleib

      4. Ich

      5. Geistselbst

      6. Lebensgeist

      7. Geistmensch

      Auch für den an materialistische Vorstellungen gewöhnten Menschen würde diese Gliederung des Menschen im Sinne der Siebenzahl nicht das »unklar Zauberhafte« haben, das er ihr oft zuschreibt, wenn er sich genau an den Sinn der obigen Auseinandersetzungen halten würde und nicht von vornherein dieses »Zauberhafte« selbst in die Sache hineinlegen würde. In keiner andern Art, nur vom Gesichtspunkte einer höheren Form der Weltbeobachtung aus, sollte von diesen »sieben« Gliedern des Menschen gesprochen werden, so wie man von den sieben Farben des Lichtes spricht oder von den sieben Tönen der Tonleiter (indem man die Oktave als eine Wiederholung des Grundtones betrachtet). Wie das Licht in sieben Farben, der Ton in sieben Stufen erscheint, so die einheitliche Menschennatur in den gekennzeichneten sieben Gliedern. So wenig die Siebenzahl bei Ton und Farbe etwas von »Aberglauben« mit sich führt, so wenig ist das mit Bezug auf sie bei der Gliederung des Menschen der Fall. (Es ist bei einer Gelegenheit, als dies einmal mündlich vorgebracht worden ist, gesagt worden, daß die Sache bei den Farben mit der Siebenzahl doch nicht stimme, da jenseits des »Roten« und des »Violetten« doch auch noch Farben liegen, welche das Auge nur nicht wahrnimmt. Aber auch in Anbetracht dessen stimmt der Vergleich mit den Farben, denn auch jenseits des physischen Leibes auf der einen Seite und jenseits des Geistesmenschen anderseits setzt sich die Wesenheit des Menschen fort; nur sind für die Mittel der geistigen Beobachtung diese Fortsetzungen »geistig unsichtbar«, wie die Farben jenseits von Rot und Violett für das physische Auge unsichtbar sind. Diese Bemerkung mußte gemacht werden, weil so leicht die Meinung aufkommt, die übersinnliche Anschauung nehme es mit dem naturwissenschaftlichen Denken nicht genau, sie sei in Bezug auf dasselbe dilettantisch. Wer aber richtig zusieht, was mit dem Gesagten gemeint ist, der kann finden, daß dies in Wahrheit nirgends in einem Widerspruch steht mit der echten Naturwissenschaft; weder wenn naturwissenschaftliche Tatsachen zur Veranschaulichung herangezogen werden, noch auch wenn mit den hier gemachten Äußerungen auf ein unmittelbares Verhältnis zu der Naturforschung gedeutet wird.

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