Atemlos am Kilimanjaro. Bernd Schuster

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Atemlos am Kilimanjaro - Bernd Schuster

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stecken. So ist das Fahren ein stetiger Ritt auf der Rasierklinge, der etwas Artistik und viel Energie er

      fordert. Ein Tagesdurchschnitt von ca. 6 km/h ist unser Mittel, Kamele bringen es auf ca. 8km/h, der Fußgänger auf maximal 2,5 Km/h. Auf Kamelen reitend erreichen wir wunderschöne, abgelegene Canyons.

      Hier werden wir zwangsläufig auf rutschigem Sandstein zu barfüßigen Reibungskletterern. Durch die Ziegenschlucht geht es zum „White Canyon“. Diese fantastische Landschaft straft den Lügen, der glaubte, Wüste sei eintönig. Das Gegenteil ist der Fall! In der großen Oase „Ain Houdra“ gibt es sogar eine Art Swimmingpool mit klarem, kalten Wasser.

      Nachts am Lagerfeuer erzähle ich meinen Freunden Geschichten aus 1001 Nacht. Handys haben hier keinen Empfang und es gibt auch kein Internet! Ein großes Problem für Emilio, der schon seit zwei Tagen den Kontakt zu seiner neuen FacebookFreundin verloren hat. Auch ein halsbrecherischer, abendlicher Alleingang in einer Felswand bringt keine Funkverbindung, aber dafür umso mehr Schürfwunden. Robert hustet sich nun langsam so richtig ein. Der tägliche Temperaturunterschied freut das Grippevirus und macht es so richtig heiß. Ich wandere diese Nacht lieber weit weg in den Sand aus. Eine Grippe braucht hier wirklich niemand! Der betagte Dieselgenerator, der die paar dünnen Glühlampen befeuert, wird bald abgestellt, die Seele baumelt und unser Hotel hat nicht nur fünf, sondern viele Millionen Sterne! Die lange Nacht hat 12 Stunden, die mir ewig vorkommen. Ich nehme mein Fernglas und zähle die Sterne, bis ich endlich müde werde. Die Eindrücke sind einfach zu überwältigend und fremdartig, um in einen ruhigen Schlaf zu fallen. Den warmen Schlafsack und meinen Rucksack als Kopfunterlage empfinde ich als relativ gemütlich. Ein Hotelbett mit meuchelnder Matratze und Schimmel an den Wänden würde ich dagegen sicher nicht eintauschen. Frühmorgens kommt starker, kalter Wind auf. Ich freue mich über den dicken Schlafsack und meine Tiroler Skimütze. Wir radeln an 2500 Jahre alten Felszeichnungen der Nabatäer vorbei und surfen auf unseren Bikes steile Sanddünen hinunter. Wir erreichen die zentrale Sinai, die sich hier auf über 2600 Meter Höhe auftürmt.

      Unser Tagesziel ist der „Djebel Moussa“ der biblische Mosesberg. Auf der verschwiegenen Kameltreiberroute schwindeln und schrauben wir uns mit unseren Bikes über den schottrigen Weg am Katharinenkloster vorbei bis auf über 2000 Meter Seehöhe hinauf. Üblicherweise darf nachts kein Tourist auf diesem heiligen Berg übernachten, was zudem für die gesamte Sinaiwüste gilt.

      Üblicherweise eben, Ausnahmen gibt es immer und die bestätigen die Regel. Gespräche am Lagerfeuer beim Tee mit den örtlichen Scheiks, Bakschisch und Vitamin B machen das möglich. Nachts ist es mit ca. 0 Grad und gefühlten minus 10 eisig kalt auf dem heiligen Berg. Robert fiebert und hustet sich die Seele aus dem Leib. Es gibt kein zurück! Im Geäst der letzten 3, hier überlebenden Bäume im so genannten „Elias Camp“ orgelt der Sturm und dazu funkeln eiskalt die Sterne. Es dauert lange, bis ich beim Downhill über einen kernigen Singletrail dick eingepackt wieder meine normale Betriebstemperatur erreiche.

      Kinder in einer kleinen Beduinensiedlung am Fuß des Mosesberges machen große Augen. Biken ist hier nicht sehr populär. Wir sind wahrscheinlich die ersten Radler, die sie je gesehen haben. Es ist nun Zeit für unsere Freerider und die stolzen Besitzer gut gefederter Fullies. Wir verlassen nach einer halben Stunde unseren alten Weg Richtung Wadi Isla.

      Wir haben Probleme, mit den uns begleitenden Kamelen, die unser Gepäck tragen, Schritt zu halten. Im Hintergrund wird der Mosesberg kleiner. Vor uns, Richtung Südwest erhebt sich ein Bergpass in karger Landschaft. Dreimal geht es in Höhenlagen von 1400 1700 Metern rauf und runter. Die Sonne strahlt warm, der permanente Gegenwind ist kalt. Ich fahre mit langer Hose und langärmligem Windbreaker. Robert ist am Ende. Thomas bindet zwei Fahrradschläuche zusammen und schleppt ihn die Steigungen hinauf ab. 1 Stunde vor Sonnenuntergang erreichen wir nach neunstündiger Tagesleistung unseren Lagerplatz, der von Palmen gesäumt ist. Robert und Susanne haben das Handtuch geworfen und sind auf Kamelrücken umgestiegen. Ich persönlich würde lieber zu Fuß laufen, als auf einem Kamel seekrank zu werden und mir dabei einen „Wolf“ zu scheuern. Der 1stündige Ausritt zur Ziegenschlucht auf einem gebrochenen Holzsattel hat mir absolut gereicht.

      Dieser Sattel hätte mir beim Niederknien des Kamels fast das Kreuz gebrochen. Die bizarren Berge erinnern mich an den Puig Major auf Mallorca. Das ist meine feudale Aussicht aus meiner Schlafsack Perspektive. Es geht weiter durch eine als gewaltig zu bezeichnende Landschaft. Ich habe schon fast die gesamte Welt bereist, so etwas Schönes jedoch selten gesehen. Es wird

      sichtlich feuchter im Wadi und plötzlich plätschert vor uns ein munteres, klares Bächlein. Ringsum steht Schilf und dahinter erheben sich schroffe, über 1000 Meter hohe Felswände, die im Lauf des Tages durch den unterschiedlichen Sonnenstand Farbe und Gestalt verändern.

       Nach 6 Tagen sind wir durch. Am Horizont schimmert „FataMorgana“ gleich der Golf von Suez. Nochmals wird es hart. Der Gegenwind hat Stärke 6 und der Sandstrahl der letzten 30 Wüstenkilometer ist gut für ein gratis Gesichtspeeling.

      Ich träume von einer gepflegten Massage auf dem Diwan eines elitären Harems, in welchen mich ein mit mir befreundeter Sheik eingeladen hat. Ein wenig orientalischer Bauchtanz neinem kühlen Bad im Swimmingpool tut es notfalls auch!

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