Professors Zwillinge: Von der Schulbank ins Leben. Else Ury

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Professors Zwillinge: Von der Schulbank ins Leben - Else Ury

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seinem Spargeld, das eigentlich zur Erwerbung eines Igels für seine zoologische Sammlung festgesetzt war, einen Foulardbinder für Paul zu Ostern zu erstehen. »Denn ihr Weiber wißt ja doch nicht, was wir Männer jetzt tragen«, hatte er zu Suse geäußert. Dankbar hatte Suse ihrem Zwilling trotz der geringschätzigen Äußerung den Arm um die Schulter geschlungen, weil er solch ein guter Junge war. Aber Herbert hatte die Schwester abgeschüttelt. »Führe bloß nicht Orest und Pylades auf!« Alles Gefühlvolle erschien dem Jungen unmännlich.

      4. Kapitel

      Ostereier

      Und nun war der Ostersonntag herangekommen. Petrus hatte ein Einsehen gehabt mit der Welt, die solange in Winters Banden gefesselt gelegen. Er hatte dem Lausbub, dem April, sein launiges Handwerk gelegt. Schnee, Hagel und Sturm hatten ausgetobt. Die grauen Wolkenungeheuer waren über die Saale davongezogen. Blauer Frühlingshimmel wölbte sich über der alten Universitätsstadt, zarte Lämmerwölkchen segelten über die Thüringer Berge, spiegelten sich im eisbefreiten Silberfluss. Noch war alles kahl. Aber es lag schon wie ein Ahnen des Lenzes über Baum und Strauch, als warteten sie nur darauf, daß die Sonne die Säfte in ihnen zu neuem Leben erwecke.

      Als Suse am Ostermorgen in den Garten hinaustrat, ließ sie die Braunaugen in alle Winkel, unter alle Sträucher schweifen. Suchte die Suse in aller Frühe schon Ostereier?

      O nein, wenigstens keine süßen, keine eßbaren. Den frischen Erdgeruch einatmend, schnupperte ihr Näschen in die Luft. Ein ganz, ganz leiser Veilchenduft machte sich bemerkbar. Ein anderer als Suse, die sich auf Blumen so gut verstand, hätte es wohl kaum wahrgenommen. Und da strahlte es in den Mädchenaugen auch schon freudig auf. Im geschützten Sonnenwinkel dicht am Haus schimmerte es blau – die ersten Veilchen. Hurra – ihre Ahnung hatte nicht getrogen. Nun konnte sie den Eltern und der Großmama die ersten Frühlingsgrüße zum Fest auf den Frühstückstisch setzen.

      Die Ostersonne hatte ihre Freude an dem schlankgewachsenen, jungen Mädel. Nur die Wangen des Backfisches hatten Stubenfarbe, die waren etwas blaß. Die Sonne ahnte nicht, daß Suses Blässe noch eine Folge des ungewohnten Zigarettenrauchens war.

      Aus dem Küchenfenster im Souterrain schnarrte die Kaffeemühle. Die neue Emma steckte den Kopf aus dem Fenster.

      »Guten Morgen, gnädiges Fräulein. Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Osterfest.«

      Das »gnädige Fräulein« fühlte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoß. Es vergaß vor Verlegenheit, den freundlichen Ostergruß zurückzugeben. Um Himmels willen, was würden Inge und Helga, ihre Freundinnen, was würde Herbert dazu sagen, wenn sie »gnädiges Fräulein« angeredet wurde! Gestern war sie dem neuen Mädchen möglichst aus dem Wege gegangen, aus Furcht, daß dieses etwa »du« zu ihr sagen könnte. Aber »gnädiges Fräulein«, das war noch schlimmer, als wie ein Kind geduzt zu werden. Das ging doch gar nicht, wenn sie auch schon Untersekundanerin war.

      Während Suse noch überlegte, wie sie Emma am besten auseinandersetzen könne, daß die Anrede »gnädiges Fräulein« wohl doch noch etwas verfrüht wäre, erklang plötzlich aus den Lüften Hohngelächter. Dort oben auf dem Balkon stand Herbert, halb angezogen, quiekte und hielt sich die Seiten vor Lachen. Daneben Bubi, vor Vergnügen mit dem Schwanze wedelnd.

      »Wollen das gnädige Fräulein gnädigst geruhen, sich zu mir heraufzubemühen, dann möchte ich mit Euer Gnaden untertänigst überlegen, wo wir die Ostereier für Paul verstecken wollen. Ich erwarte gnädiges Fräulein binnen fünf Minuten.« Mit einer erneuten Lachsalve zog sich Herbert zurück, seine Toilette zu vollenden.

      So ein Schlingel! Sie derart vor dem neuen Mädchen bloßzustellen! Suse hegte an diesem schönen Ostermorgen nicht gerade liebevolle Gefühle für ihren Zwilling. Dann entschloß sie sich, so unangenehm es ihr auch war, durch das Küchenfenster hinein zu berichtigen: »Emma, ich bin noch kein gnädiges Fräulein – wenn ich auch schon Untersekundanerin bin –, der Herbert und ich, wir werden erst im November fünfzehn und« – es genügt, wenn Sie Fräulein Suse zu mir sagen, wollte das Backfischchen noch hinzufügen. Aber Emma hatte sie schon mit freundschaftlichem Lachen unterbrochen: »Schön, dann sage ich noch du zu dir, Suschen. Das ist auch viel gemütlicher.«

      Nun, das fand Suse ganz und gar nicht. Im Gegenteil, sie empfand es als Dreistigkeit von Emma, daß diese eine Untersekundanerin, die in der Schule doch schon »Sie« genannt wurde, zu duzen wagte. Tränen der Enttäuschung und der Empörung schossen dem Backfischchen heiß in die Braunaugen. Daran war bloß der Herbert schuld. Solche Gemeinheit!

      Herbert empfing seine Zwillingsschwester droben mit tiefen Verbeugungen. »Wie haben gnädiges Fräulein geschlafen? Wollen gnädiges Fräulein geruhen, meine Schwelle zu übertreten« – klatsch – da hatte die Suse in ihrem Ärger ihrem Zwilling eine Backpfeife versetzt.

      Dem blieb vor Staunen der Mund offen. »Biste denn ganz und gar hops, Mensch? Hast wohl lange keinen Kinnhaken besehen? Also bitte, wenn es dich durchaus danach gelüstet, eine in die Batterie zu kriegen.« Er ging sachlich sogleich zum Boxerangriff über.

      Aber Suse war ganz und gar nicht danach zumute. Sie brach in Tränen aus. Nicht nur wegen der Kränkung, die ihr von Emma widerfahren war, sondern vor allem, weil sie ihrem Zwilling gerade am Feiertag als Osterei eine Backpfeife versetzt hatte. Das kam nicht oft vor. Meist war die Sache umgekehrt.

      »Du bist schuld, nur du«, schluchzte sie.

      »Woran denn?« fragte Herbert gleichmütig und bearbeitete seinen braunen Schädel mit der nassen Haarbürste.

      »Daß ich dir eine 'runtergehauen habe und daß – und daß die neue Emma jetzt ›du‹ zu uns sagt.«

      Da war es heraus.

      »Die sagt ›du‹ zu uns? Wie kommt sie denn dazu? Das soll sie nur mal wagen. Dann sage ich zu ihr auch du«, begehrte Herbert auf.

      »Na, da wir doch Zwillinge sind, nennt sie dich sicher auch du.« Suse trocknete ihre Tränen. Es tröstete sie etwas, daß sie einen Leidensgefährten hatte.

      Die Überlegungen, wo man wohl die Ostereier für Paul am besten versteckte, lenkten sie von ihrem Schmerz ab, denn wenn man andern Freude machen will, vergißt man eigenes Leid.

      Es waren ziemlich umfangreiche Ostereier, die es für Paul unterzubringen gab. Wo sollte man den Anzug verstecken? »Wir lassen ihn am besten in Vaters Schrank hängen«, schlug Herbert vor.

      »Wie kann Paul denn dann annehmen, daß das sein Anzug sein soll«, ereiferte sich Suse. »Dazu ist Paul viel zu bescheiden, um auf solchen Gedanken zu kommen. Wir müssen den Anzug in einen Karton packen. Die Schachtel schieben wir dann unter ein Bett oder ein Sofa oder – – –.«

      »Wir stellen sie einfach auf den Kleiderschrank. Das merkt er nicht. Auf das Leichteste kommt man am schwersten. Und den Foulardbinder hänge ich an die Stachelbeersträucher im Garten. Die sind ganz versteckt hinten am Gitter«, überlegte Herbert. »Die Wurst für seine Brote zum Abend habe ich in rosa Seidenpapier gewickelt. Ich werde sie als Rose auf einem Blumenbeet wachsen lassen. Der arme Paul ißt jetzt immer unbelegt, um sich Bücher kaufen zu können, die er notwendig braucht. Er hat es mir erzählt«, berichtete Suse.

      »Hm«, machte Herbert und dachte einen Augenblick daran, wie gut er selbst es hatte. Er bekam alle Bücher, die er zum Lernen brauchte und belegte Abendbrotschnitten noch außerdem. Hatte er das nicht immer als ganz selbstverständlich hingenommen?

      Der Professor liebte an den Sonn- und Feiertagen eine gemütliche Frühstücksstunde mit

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