El Sendador I. Lopez Jordan. Karl May
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Читать онлайн книгу El Sendador I. Lopez Jordan - Karl May страница 6
»Ja, wenn ich bitten darf. Ich möchte Ihnen dieses Papier zustellen.«
Ich nahm seine Visitenkarte und gab ihm den Sichtwechsel. Er prüfte denselben, schrieb einige Ziffern auf den Zettel und stellte mir denselben mit den Worten zu:
»Dort ist die Kasse, Sennor. Für jetzt empfehle ich mich Ihnen; aber auf Wiedersehen heute abend!«
Er wendete sich ab, um durch eine Türe zu verschwinden, der durchtriebene Kerl. Ein Blick auf den Zettel genügte, mich zu überzeugen, daß ich geprellt werden sollte.
»Sennor!« rief ich ihm nach. »Bitte, nur noch für einen Augenblick!«
»Was noch?« fragte er, sich wieder herumdrehend. Sein Gesicht hatte alle Freundlichkeit verloren, und seine Stimme klang scharf und befehlend.
»Es ist da wohl ein kleiner Irrtum unterlaufen. Der Wechsel lautet auf eine höhere Summe.«
»Sie vergessen höchst wahrscheinlich die Diskontogebühr?«
»Sie kann nicht vergessen werden, da von einem Diskontieren überhaupt keine Rede ist. Sie ziehen mir fünf Prozent ab, während der Wechsel auf Sicht, nicht aber auf ein späteres Datum lautet.«
»Dieser Abzug ist hier Usus.«
»Ein Teesammler mag sich nach Ihren persönlichen Gepflogenheiten richten müssen, weil er sich in Ihrer Gewalt befindet; ich aber habe das nicht nötig. Ihr Kompagnon hat diesen Wechsel nicht mir zu Gefallen akzeptiert, sondern ich habe die Summe voll bei ihm einbezahlt und verlange sie also ebenso voll zurück, wobei ich übrigens ohnedies einen Zinsenverlust zu tragen habe.«
»Ich zahle nicht mehr.«
»So behalten Sie Ihr Geld und geben Sie mir meinen Wechsel zurück!«
»Der befindet sich in meiner Verwahrung, und Sie haben dafür die Anweisung an die Kasse erhalten. Folglich ist der Wechsel mein Eigentum.«
»Ich lege Ihnen die Anweisung hier auf den Tisch zurück, da ich keinen Gebrauch von ihr machen werde.«
»Tun Sie das, wie Ihnen beliebt. Der Wechsel aber ist honoriert und bleibt in meiner Hand!«
»Lange Zeit jedenfalls nicht, denn ich werde zwar jetzt gehen, aber binnen fünf Minuten mit dem Polizeimeister zurückkehren. Bis dahin empfehle ich mich Ihnen!«
Ich machte ihm eine kurze Verbeugung und wendete mich zum Gehen. Seine Untergebenen hatten ihre Federn weggelegt und der Szene mit Spannung zugesehen. Schon hatte ich die Türe in der Hand, da rief er mir nach:
»Halt, Sennor! Bitte, eine Sekunde!«
Der Mann hatte Angst vor der Polizei bekommen. Sein geschäftlicher Ruf konnte Schaden erleiden, und überdies war, wenn er mich gehen ließ, von der Ausführung des beabsichtigten Planes keine Rede. Er zog den Empfehlungsbrief nochmals hervor und tat, als ob er ihn jetzt genauer durchlese. Dann sagte er in der früheren höflichen Weise:
»Ich habe allerdings um Verzeihung zu bitten. Mein Kompagnon schreibt mir am Schlusse, den ich vorhin leider übersah, daß Sie die Summe voll ausgezahlt erhalten und wir aus Rücksicht auf Sie in diesem Falle von unserm Usus absehen sollen. Ich werde Ihnen also den ganzen Betrag notieren. Sind Sie dann zufrieden gestellt?«
Ich nickte nachlässig.
»Vergessen wir die kleine, unangenehme Differenz, Sennor«, sagte er. »Ich darf doch für heute abend bestimmt auf Sie rechnen?«
»Gewiß! Vorausgesetzt allerdings, daß es in Ihrer Häuslichkeit nicht auch einen Usus gibt, gegen den ich protestieren müßte.«
»O, nein, nein, nein!« stieß er mit freundlichem Gesicht, aber mit vor Wut heiserer Stimme hervor und verschwand durch seine Türe.
Ich erhielt mein Geld, steckte es ein, dankte, grüßte und ging. Draußen sah ich den armen Yerbatero gegenüber an der Ecke stehen. Ich ging auf ihn zu und forderte ihn auf, für kurze Zeit mit mir zu kommen.
In Montevideo gibt es keine Restaurationen in unserm Sinne. Die Kaffeehäuser taugen nicht viel, ganz abgesehen davon, daß man da nicht Kaffee, sondern Matte, das ist Paraguaytee zu trinken bekommt. Besser sind die sogenannten Confiterias, in denen man feines Gebäck, Eis und dergleichen genießt.
In den Gasthäusern zahlt man für Wohnung und Beköstigung ohne den Wein fünfzig Papiertaler täglich. Das klingt sehr viel, beträgt aber nur acht Mark, da so ein papierener Peso ungefähr sechzehn deutsche Pfennig gilt. Die Flasche Bier kostet sechs Taler, also fast eine Mark. Dem Haarschneider zahlt man ›zehn Taler‹; für ein fingerhutgroßes Gläschen Rum habe ich ›drei Taler‹; bezahlt. So entwertet war damals das Papiergeld. Man mußte in den La Plata-Staaten damals sehr vorsichtig sein, wenn man mit den verschiedenen Arten minderwertigen Papiergeldes nicht, selbst im täglichen Leben. bedeutend verlieren wollte. Die Eingeborenen beuteten die Unkenntnis des Fremden in geradezu abscheulicher Weise aus.
In eine der Confiterias führte ich den Teesammler.
Das Lokal war voller Gäste, welche ihrer Kleidung nach zu den besten Ständen gehörten. Der Yerbatero zog aller Augen auf sich; aber was machte ich mir daraus! Man schob sich so weit von uns zurück, daß wir Platz für fünf oder sechs Personen gehabt hätten. Das war sehr bequem für uns, und es fiel uns also gar nicht ein, ihnen darüber zu zürnen.
Keineswegs aber kann ich sagen, daß der Teesammler sich etwa unanständig benommen hätte. Sein Anzug paßte nicht zu denen der anderen; aber in Beziehung auf sein Betragen, seine Bewegungen uswù war er ganz der Caballero, welcher jeder, der ein wenig spanisches Blut in seinen Adern hat, wenigstens äußerlich zu sein pflegt. In dieser Beziehung gleicht der Südamerikaner ganz und gar nicht dem Angehörigen der sogenannten Volksklasse europäischer Länder. Der erstere ist, selbst in Lumpen gehüllt, stets von einem ritterlichen Benehmen. Der letztere aber hat so viele Ecken und Schroffheiten in allen seinen Bewegungen, daß man in ihm, selbst wenn er Generalsuniform trüge, doch den gewöhnlichen Arbeiter unfehlbar erkennen würde.
Sein bärtiges Gesicht war interessant zu nennen. Die Wimpern waren meist bescheiden gesenkt, aber wenn sie sich erhoben, so entschleierten sie ein klares, scharfes, durchdringendes Auge, dessen Blick auf Selbstbewußtsein und Charakterstärke schließen ließ. Der Mann schien zwei ganz verschiedene Naturen in sich zu vereinigen, den unterdrückten, demütigen Arbeiter und den mutigen, besonnenen Pampas- und Urwaldläufer, welcher, wenn es nötig war, auch einen hohen Grad von Schlauheit entwickeln konnte.
Er wählte sich unter den vorhandenen Süßigkeiten das ihm Beliebende mit einer Miene aus, als ob er seit frühester Jugend in so angenehmen Lokalen verkehrt habe. Er genoß es mit der Eleganz einer Dame, der so etwas geläufig ist, und verriet durch keine Miene, daß ich derjenige sei, welcher schließlich bezahlen werde. Dabei sagte er in der ihm eigen scheinenden Weise, in wohlgesetzten Worten zu sprechen:
»Sennor haben mir einen Wink gegeben, auf Sie zu warten. Ich habe gehorcht und bin nun bereit, Ihre Befehle zu vernehmen.«
»Ich beabsichtige nicht, Ihnen Befehle zu erteilen«, antwortete ich. »Es ist vielmehr eine Bitte, welche ich Ihnen vorlegen möchte. Ich war Zeuge des Schlusses Ihrer Unterredung mit Sennor Tupido. Ich entnehme aus dem Gehörten, daß Sie sich in einer abhängigen Lage von diesem Herrn befinden?«
»Hm! Vielleicht!« antwortete er mit der lächelnden Miene eines Mannes, welcher, ohne