Rudyard Kipling - Gesammelte Werke. Rudyard Kipling

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Rudyard Kipling - Gesammelte Werke - Rudyard Kipling

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zurück. Gerade, als er unter dem Fenster war, fühlte er eine Berührung am Fuß.

      »Mutter«, sagte er, denn er kannte diese Zunge gut, »was hast du hier zu schaffen?«

      »Meine Kinder hörte ich durch den Wald singen; und ich folgte ihm, den ich am meisten liebe. Kleiner Frosch, ich habe das Verlangen, die Frau zu sehen, die dir Milch gab«, sagte Mutter Wolf, die ganz durchnäßt war vom Tau.

      »Man hat sie gefesselt und wollte sie töten. Die Stricke habe ich durchschnitten, und jetzt wird sie mit ihrem Mann durch die Dschungel gehen.«

      »Ich will ihr folgen. Alt bin ich, aber noch nicht zahnlos.« Mutter Wolf stellte sich auf die Hinterläufe und äugte durch das Fenster in die dunkle Hütte.

      Kurz darauf ließ sie sich wieder geräuschlos nieder und sagte nur: »Die erste Milch gab ich dir; aber Baghira spricht die Wahrheit: Mensch geht zuletzt immer zu Menschen.«

      »Mag sein«, sagte Mogli mit düsterem Gesicht; »aber heute nacht bin ich dieser Fährte noch sehr fern. Warte hier, aber laß dich nicht sehen.«

      »Angst hattest du niemals vor mir, kleiner Frosch«, sagte Mutter Wolf und verschwand rückwärts tretend im hohen Grase. Mogli schwang sich wieder durchs Fenster in die Hütte. »Jetzt«, sagte er heiter, »sitzen sie alle um Buldeo versammelt, der ihnen erzählt, was nicht geschah. Wenn aber sein Gerede zu Ende ist, so werden sie, wie sie sagen, hierherkommen mit der roten – mit Feuer, um euch beide zu verbrennen. Und ihr?«

      »Ich habe mit meinem Mann gesprochen«, sagte Messua. »Kanhiwara ist dreißig Meilen von hier entfernt, aber dort in Kanhiwara werden wir die Engländer finden – –«

      »Was sind die für ein Rudel?« sagte Mogli.

      »Ich weiß nicht. Weiß sollen sie sein, und man sagt, daß sie das ganze Land regieren und nicht dulden, daß die Menschen totgeschlagen und verbrannt werden ohne ihre Erlaubnis. Wenn wir heute nacht dorthin gelangen, werden wir leben. Sonst aber müssen wir sterben.«

      »Lebt denn. Heute nacht wird keiner im Dorf aus dem Tor gelassen. Aber was schafft er dort?« Messuas Mann lag in einem Winkel der Hütte auf den Knien und wühlte in der Erde.

      »Sein weniges Geld ist es«, erklärte Messua; »nichts anderes können wir mitnehmen.«

      »Ach ja. Das Zeug, das von Hand zu Hand geht und niemals wärmer wird. Braucht man das auch anderswo als in diesem Dorf?« sagte Mogli.

      Der Mann schaute ärgerlich hoch. »Ein Narr ist er und kein Teufel«, murmelte er. »Mit dem Geld kann ich mir ein Pferd kaufen. Wir sind zu zerschunden, um weit gehen zu können, und in einer Stunde wird das ganze Dorf hinter uns her sein.«

      »Ich sage, sie werden euch nicht folgen, bis ich es will. Aber das Pferd ist ein guter Gedanke, denn Messua ist müde.« Der Mann stand auf und knotete die letzten Rupien in sein Hüfttuch. Mogli half Messua durch das Fenster steigen; und die kühle Nachtluft belebte sie; aber im Glanz der Sterne ragte dunkel und furchtbar die Dschungel.

      »Kennt ihr die Fährte nach Kanhiwara?« flüsterte Mogli.

      Sie nickten.

      »Gut. Und nun fürchtet euch nicht. Auch braucht ihr nicht rasch zu wandern. Nur – nur mag da etwas Gesang sein in der Dschungel, hinter euch her und vor euch.«

      »Glaubst du, wir hätten gewagt, eine Nacht in der Dschungel zu sein, wenn wir nicht fürchteten, verbrannt zu werden? Besser ist es, von wilden Tieren getötet zu werden als von Menschen«, sagte Messuas Mann; aber Messua sah Mogli an und lächelte.

      »Ich sage«, fuhr Mogli fort, fast so wie Balu, wenn er ein altes Dschungelgesetz dem unaufmerksamen Jungen zum hundertsten Male wiederholte, »ich sage, daß nicht ein Zahn in der Dschungel gegen euch gefletscht, nicht eine Tatze in der Dschungel erhoben sein wird. Weder Mensch noch Tier soll euch aufhalten, bis ihr in Sehweite von Kanhiwara gelangt sein werdet. Eine Wache werdet ihr um euch haben.« Er wandte sich rasch zu Messua: »Er glaubt nicht, aber du wirst glauben?«

      »Ja, wahrlich, mein Sohn. Mann, Geist oder Wolf der Dschungel – ich glaube dir.«

      »Er wird sich fürchten, wenn er mein Volk singen hört. Du aber wirst wissen und verstehen. Geh' jetzt, und langsam, denn zu hasten braucht ihr nicht. Die Tore sind geschlossen.«

      Messua warf sich aufschluchzend zu Moglis Füßen, aber rasch, sehr rasch hob er sie wieder auf und erschauerte leicht. Dann umschlang sie seinen Hals und segnete ihn mit den zärtlichsten Worten, die sie finden konnte. Aber ihr Mann sah neidvoll über seine Felder hin und sagte: »Erreichen wir Kanhiwara und gewinnen das Ohr der Engländer, werde ich die Gerichte anrufen gegen den Brahmanen, den alten Buldeo und alle übrigen; der Prozeß soll das Dorf bis auf die Knochen kahlfressen. Zwiefach sollen sie mir bezahlen für mein Korn, das ich nicht ernten, und meine Büffel, die ich nicht füttern durfte. Ja, ein großer Richterspruch wird mir werden.«

      Mogli lachte: »Ich weiß nicht, was Richterspruch ist, aber – kehre du zurück vor dem nächsten Regen und sieh zu, was von allem übriggeblieben ist.«

      Sie wanderten gegen die Dschungel zu davon, und Mutter Wolf sprang hervor aus ihrem Versteck.

      »Folge ihnen!« sagte Mogli. »Melde allen in der Dschungel, daß diese zwei sicher sind. Gib etwas Laut, ich möchte Baghira herbeirufen.«

      Das lange, tiefe Geheul stieg auf und verebbte. Mogli sah Messuas Mann zusammenfahren und sich umwenden, halb entschlossen, zur Hütte zurückzuflüchten.

      »Geht weiter!« rief Mogli heiter. »Ich sagte euch ja, es könnte etwas Gesang geben; der wird euch folgen bis Kanhiwara. Es ist die Gunst der Dschungel.«

      Messua drängte ihren Mann vorwärts, und alsbald verschlang die Dunkelheit sie und Mutter Wolf. Im gleichen Augenblick tauchte Baghira fast unmittelbar vor Moglis Füßen auf, zitternd vor Lust an der Nacht, die das Dschungelvolk toll macht.

      »Ich schäme mich deiner Brüder«, sagte er schnurrend.

      »Wie? Haben sie Buldeo nicht hübsch vorgesungen?« sagte Mogli.

      »Zu schön! Zu schön! Sie ließen selbst mich meinen Stolz vergessen; und, beim gesprengten Schloß, das mich befreite, ich spazierte singend durch die Dschungel, als wäre ich auf Freite im Lenz. Hast du uns nicht gehört?«

      »Anderes Spiel hatte ich im Gange. Buldeo frage, ob ihm der Sang gefallen hat. Aber wo sind die vier? Ich will nicht, daß einer vom Menschenpack heute nacht die Tore verläßt.«

      »Was brauchst du die viere dazu?« sagte Baghira mit lodernden Augen, von einem Bein aufs andere tänzelnd und lauter schnurrend denn je. »Ich allein kann sie halten, kleiner Bruder. Kommt es zum Töten am Ende? Das Singen und der Anblick der Männer, wie sie an den Bäumen hochkletterten, machten mir Lust dazu. Was ist der Mensch, daß wir ihn schonen sollten – den nackten, braunen Gräber, den Haarlosen und Zahnlosen, den Erdfresser? Gefolgt bin ich ihm durch den ganzen Tag – im weißen Sonnenglast. Ich trieb ihn in Herden, wie die Wölfe den Bock. Baghira bin ich! Baghira! Baghira! Wie ich mit meinem Schatten tanze, so tanzte ich mit jenen Männern. Sieh!«

      Der mächtige Panther sprang, wie ein Kätzchen einem trockenen Blatt nachspringt, das über ihm im Winde wirbelt, schlug links und rechts in die leere Luft, daß sie unter den Streichen pfiff, fiel lautlos nieder, sprang wieder und wieder, halb schnurrend, halb knurrend, lauter und stärker, wie Dampf

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