Handbuch der Partnerschaftsarbeit. Marijke Mulder
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Nach Jean Bareth, Mitbegründer des Rates der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE), ist eine „Städtepartnerschaft (…) die Begegnung von zwei Gemeinden, die sich bereit erklären, gemeinsam mit einer europäischen Zielsetzung zu wirken, um ihre Probleme zu erörtern und immer engere Freundschaftsbande zu entwickeln." Im Gegensatz zur Städtepartnerschaft basiert eine Städtefreundschaft auf einer Vereinbarung, die sich auf spezifische Projekte bezieht und oft zeitlich begrenzt ist. So ist sie als eine abgeschwächte Form der Städtepartnerschaft anzusehen; stellt aber auch oft deren Vorstufe dar.
Eine weitere Möglichkeit der kommunalen Zusammenarbeit ist der Städtekontakt, der nur eine Verbindung ohne förmliche Festigung ist. Außerdem werden internationale kommunale Partnerschaften genutzt, um Demokratisierungsprozesse in Staaten zu unterstützen und so zu Rechtsstaatlichkeit und Freiheit beizutragen. Als größte Friedensbewegung sind Städtepartnerschaften immer politisch, wenn auch in einem allgemeineren Sinne als die nationale Außenpolitik. Als Vorreiter, Unterstützer oder auch als Ergänzung der offiziellen Politik kann die kommunale Außenpolitik der Städte auf eine lange Tradition zurückblicken.
Die Anfänge
Städte wie Rottweil in Baden-Württemberg und Brugg im schweizerischen Kanton Aargau pflegen bereits seit 1913 eine Städtefreundschaft in Anknüpfung an die Zugehörigkeit Rottweils zur Alten Eidgenossenschaft als Zugewandter Ort. Im Jahr 1921 erhielt die Zusammenarbeit zwischen dem französischen Poix-du-Nord und dem britischen Keighley eine offizielle Form, indem Keighley Poix-du-Nord ‚adoptierte‘. Eine eigentliche Partnerschaftserklärung folgte 1986. Die erste verbriefte Städtepartnerschaft wurde bereits 1925 zwischen Kiel und dem dänischen Sonderburg geschlossen; schon 1930 folgten Wiesbaden und Klagenfurt.
Ihren wirklichen Ursprung hat die Städtepartnerschaftsbewegung in ihrer heutigen Form jedoch in den Gräueln des Zweiten Weltkriegs und dem freiwilligen Engagement von Kommunen und Bürgern, die sich schworen, dass Europa nie wieder durch einen Krieg auseinander gerissen werden dürfe. Ausgehend von den britischen Besatzern wurden ab dem Jahre 1947 freundschaftliche Beziehungen zwischen deutschen und britischen Städten ins Leben gerufen, um „von unten“ Völkerverständigung zu ermöglichen. Diese freundschaftlichen Beziehungen förderten die Integration Deutschlands in die neue europäische Gemeinschaft, wobei die Partnerschaften Bonns, Düsseldorfs und Hannovers mit den britischen Städten Oxford, Reading und Bristol erste Beispiele offizieller Partnerschaften sind. Insbesondere Baden-Württemberg übernahm eine Vorreiterrolle bei der Entstehung partnerschaftlicher Beziehungen zwischen Kommunen. So unterzeichnete beispielsweise Crailsheim schon 1947 eine Städtepartnerschaft mit Worthington (USA) und gründete damit die erste deutsch-amerikanische Städtepartnerschaft überhaupt.
Die erste deutsch-französische Städtepartnerschaft besiegelte die Stadt Ludwigsburg in Baden-Württemberg mit der französischen Stadt Montbéliard im Jahr 1950. Ab diesem Zeitpunkt nahmen immer mehr Städte freundschaftliche Beziehungen zu ausländischen Städten auf. So unterzeichnete beispielsweise Wuppertal 1977 als erste deutsche Großstadt eine Freundschaftsvereinbarung mit Be'er Scheva in Israel.
In vielen Fällen entstehen Städtepartnerschaften aufgrund gemeinsamer Eigenschaften, einer ähnlichen Struktur oder auch Vereinsleben der Städte. Ein Kriterium kann die Namensgleichheit sein wie beispielsweise bei:
Altdorf bei Nürnberg und Altdorf UR in der Schweiz
Bocholt in Deutschland und Bocholt in Belgien
Dresden („Elbflorenz“) und Florenz
Wirtschaftliche und geographische Ähnlichkeit:
Hafenstädte Rostock und Rijeka oder Hamburg und Marseille
Chemiestandorte Leverkusen und Schwedt/Oder
Universitätsstädte Heidelberg und Cambridge
Ähnliche Geschichte:
Pforzheim und Gernika, die beide durch Luftangriffe völlig zerstört wurden
Vierecks-Partnerschaft Bochum – Sheffield – Oviedo – Donezk, da alle Städte von der Montanindustrie geprägt sind und heute entsprechende strukturelle und städtebauliche Problemen haben
Krönungsstädte wie Aachen, Reims und die ehemalige Residenzstadt Toledo
Austragungsorte der Olympischen Spiele wie München und Sapporo
Ähnliche kulturelle Feste:
Köln und Rio de Janeiro (Brasilien), da beide Städte als Karnevalshochburg bekannt sind
Vergangenheitsbewältigung/Versöhnung:
Hof (Saale) und Plauen: Städte, die 20 km voneinander entfernt liegen und die vor dem Zweiten Weltkrieg eine enge Freundschaft pflegten, aber während des Kalten Krieges voneinander abgeschnitten waren
Religiöse Beziehungen: