Zinsen sind verlorenes Geld. Otfried Müller

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Zinsen sind verlorenes Geld - Otfried Müller

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Streiks verstärken inflationäre Tendenzen. Viele Gewerkschafter, die bei Arbeitskämpfen schnell mit Streiks bei der Hand sind, berücksichtigen diesen Zusammenhang vielleicht nicht immer ausreichend. Bei Streiks wird nicht gearbeitet, - das ist ja auch der Zweck eines Streiks. Dadurch wird die Warenproduktion vermindert, ohne dass gleichzeitig auch die Nachfrage nach diesen Waren vermindert würde. Nach dem Streik steht also der ungebrochenen Nachfrage nach diesen Waren ein vermindertes Angebot davon gegenüber. Dieses durch den Streik geschaffene Ungleichgewicht erhöht tendenziell die Preise dieser Waren. Es ist die Frage, ob das immer im Interesse der Streikenden liegt.

      Das Gegenstück zur Inflation, die Deflation, ist noch schlimmer. Die Deflation entsteht, wenn ständig weniger Geld im Umlauf ist, als es das angebotene Sozialprodukt erfordert. Ist zu wenig Geld vorhanden, dann ist die Kaufkraft gering, das dämpft die Nachfrage nach Sozialprodukt, und ungenügende Nachfrage drückt die Preise nach unten. Die Gewinne brechen ein, so dass die Unternehmen ihre Investitionen kürzen oder ganz einstellen. Dies führt zusätzlich zu einer geringeren Produktion. Die Unternehmen schränken ihre Produktion ein, um sie der gefallenen Nachfrage anzupassen. Eine gedrosselte Produktion benötigt aber auch weniger Arbeitskräfte, daher wird zunächst Kurzarbeit eingeführt, später werden Arbeitskräfte entlassen. Mit der steigenden Arbeitslosigkeit nimmt die Kaufkraft noch weiter ab, und daher wird noch weniger gekauft.

      Teilweise halten sich die Haushalte mit ihrem Kauf zurück, weil sie auf weiter fallende Preise warten, teilweise fehlt wegen der Massenarbeitslosigkeit schlicht die erforderliche Kaufkraft, um den Konsum hochzuhalten. Der Teufelskreis aus fallender Nachfrage und fallender Produktion mit einer weiter um sich greifenden Arbeitslosigkeit schließt sich.

      Ziel einer sinnvollen Wirtschaftspolitik muss es daher sein, so viel Geld im Wirtschaftskreislauf zu halten, wie Sozialprodukt hergestellt wird. Dann bleibt das Preisniveau stabil, es drohen weder Inflation noch Deflation, und die Gefahr für eine Arbeitslosigkeit ist dann am geringsten.

      Ganz so reibungslos und gleichmäßig, wie man sich es wünscht, läuft die Wirtschaft leider nicht, sie verläuft in Zyklen. Das Ausmaß der Wirtschaftstätigkeit verändert sich ständig, mal ist die Wirtschaft stark, mal ist sie schwach. In einer Art Wellenbewegung durchläuft die Wirtschaft Phasen verschieden starker Aktivität, man spricht in diesem Zusammenhang von den Konjunkturphasen.

      Wenn in einer Wirtschaft, die gerade eine Phase geringer Aktivität durchgemacht hat, die Preise leicht nachgeben, belebt sich dadurch die Nachfrage. Mit dieser Belebung der Nachfrage beginnt die Phase des Konjunkturaufschwungs. Es wird wieder mehr gekauft. Die Wirtschaft verzeichnet ein Ansteigen der Auftragseingänge, und dies veranlasst sie, vermehrt zu investieren und mehr Beschäftigte einzustellen. Die Arbeitslosigkeit geht zurück, und mit der steigenden Beschäftigung steigt auch die Kaufkraft. Die Wirtschaft wächst, und das Sozialprodukt steigt.

      Die gute Nachfrage hält an, und die Unternehmen können sich nun höhere Gewinne leisten, und damit steigen die Preise weiter. Angesichts der guten Produktions- und Beschäftigungslage in dieser Phase der Hochkonjunktur (früher war das die Zeit der Vollbeschäftigung) können die Gewerkschaften mit Macht auftreten und kräftige Lohnerhöhungen durchsetzen. Nicht nur die Konsumpreise, sondern auch die Preise der Investitionsgüter und Halbfertigwaren steigen an, und dies erhöht allgemein die Produktionskosten der Industrie. Die Folge davon sind weitere Preissteigerungen. Insgesamt gerät die Wirtschaft in die Inflation.

      Die ersten Anzeichen dafür, dass die Nachfrager die Preiserhöhungen nicht länger tragen wollen oder können, leitet die Phase des Abschwungs oder der Rezession ein. Der Handel und die Industrie können ihre Produkte nicht mehr vollständig absetzen. Jetzt ist es für die Unternehmen besonders wichtig, ihre Produktionskosten zu senken, und es folgen die ersten Entlassungen. Gelegentlich lassen sich Entlassungen noch durch Kurzarbeit vermeiden. Aber je länger die Rezession dauert, desto stärker wird Kurzarbeit durch Entlassungen ersetzt. Firmen brechen zusammen, und die Arbeitslosigkeit steigt. Mit der verstärkten Arbeitslosigkeit sinkt die Kaufkraft, und deshalb auch die Nachfrage nach Sozialprodukt. Es wird noch weniger gekauft, und die Produktion wird noch weiter heruntergefahren.

      Die Folge davon ist Massenarbeitslosigkeit und ein noch weiteres Absinken der Nachfrage. Noch mehr Firmen brechen zusammen und produzieren noch mehr Arbeitslosigkeit. Die noch produzierenden Unternehmen halten sich gerade noch mit wenigen Aufträgen über Wasser. Die krisenhafte Spirale von Nachlassen des Konsums, Nachlassen der Produktion, Verstärkung der Arbeitslosigkeit, weiteres Absinken der Kaufkraft und weiteres Nachlassen des Konsums ... kann nur angehalten werden, wenn das allgemeine Preisniveau gesenkt wird. Wenn die Unternehmen ihre Produkte zu den gegebenen Preisen nicht mehr absetzen können, dann werden sie die Preise senken. Wenn die Menschen zu den gegebenen Löhnen keine Arbeit mehr finden, werden sie sich mit Lohnkürzungen abfinden, und die Unternehmen müssen dann auch mit geringeren Preisen überleben. Dieser Rückgang des allgemeinen Preisniveaus auf breiter Front ist eine Deflation. Die sinkenden Preise und Löhne bieten aber die Voraussetzung dafür, dass die Wirtschaft wieder Tritt fassen und in die Phase des Aufschwungs übergehen kann.

      Eine nicht geringe Einflussmöglichkeit auf die Wirtschaftstätigkeit hat die Zentralbank. Wenn eine Wirtschaft in der Hochkonjunktur droht, sich zu überhitzen, wenn die Preise steigen, wenn sich eine inflationäre Entwicklung abzeichnet, dann ist das ein Anzeichen dafür, dass zu viel Geld in der Volkswirtschaft umläuft. Dann sollte die Zentralbank den Leitzinssatz erhöhen oder die Geschäftsbanken zu einer höheren Reservehaltung verpflichten. Aufgrund eines erhöhten Leitzinssatzes müssen die Geschäftsbanken höhere Zinsen an die Zentralbank bezahlen, wenn sie sich selber bei der Zentralbank frisches Geld beschaffen wollen. Daraufhin erhöhen die Geschäftsbanken die Kreditzinsen für Kredite an die Wirtschaft. Die erhöhte Reservehaltung der Geschäftsbanken vermindert das frei verfügbare Geld, das die Banken als Kredite vergeben können. Beide Maßnahmen, die Erhöhung des Leitzinssatzes und die erhöhte Reservehaltung, sollen die Kreditvergabe der Geschäftsbanken an die Wirtschaft drosseln und beruhigend auf eine allgemeine Preissteigerung wirken, das heißt, dadurch soll eine Inflation bekämpft oder verhindert werden.

      Wenn die Wirtschaft dagegen nur dahindümpelt und Fahrt aufnehmen soll, dann ist die Zentralbank aufgerufen, den Leitzinssatz zu senken, damit sich die Geschäftsbanken leichter frisches Geld bei der Zentralbank beschaffen können. Oder aber die Geschäftsbanken dürfen die Reservehaltung vermindern. Beide Maßnahmen sollen die Kreditvergabe der Geschäftsbanken an die Wirtschaft beflügeln. Denn damit die Wirtschaft wieder in Schwung kommt und mehr Sozialprodukt konsumiert wird, müssen sowohl die Unternehmen mehr investieren als auch die Haushalte mehr konsumieren. Dazu müssen beide Seiten der Wirtschaft mehr Geld zur Verfügung haben.

      Über die Steuerpolitik haben Regierung und Parlament die Möglichkeit, in die Wirtschaft einzugreifen. Wenn der Staat Steuern einzieht, schöpft er auf diese Weise Geld bei Unternehmen und Haushalten ab und erniedrigt dadurch deren Nachfrage, denn ein Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Dagegen verschafft eine Steuersenkung den Unternehmen und den Haushalten mehr verfügbares Geld für mehr Nachfrage, das belebt die Wirtschaftstätigkeit. Je mehr der Staat auf diese Weise die Wirtschaftstätigkeit fördert, schränkt er seine eigene ein. Außerdem kann der Staat gezielt bestimmte Wirtschaftszweige in ihrer Wirtschaftstätigkeit fördern, indem er ihre Steuerpflicht herabsetzt, oder er kann bestimmte Wirtschaftszweige in ihrer Wirtschaftstätigkeit dämpfen, indem er ihre Steuern erhöht.

      Mit den zusätzlich eingezogenen Steuern hat der Staat nun seinerseits die Möglichkeit, zusätzliche Nachfrage auf der Staatsseite zu erzeugen. Insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, wenn die Arbeitslosigkeit groß ist und die Wirtschaft von sich heraus nicht in Schwung kommt, kann der Staat für mehr Nachfrage und damit für einen Impuls zur höheren Wirtschaftstätigkeit sorgen. Im Allgemeinen verschuldet der Staat sich dabei, und er muss Sorge dafür tragen, dass er die Schulden in möglichst kurzer Frist auch wieder tilgt. Andernfalls belasten ihn die Zinsen der Staatsschulden über Gebühr. Wenn der Staatshaushalt Schulden aufweist, und das ist so gut wie bei allen Staaten der Fall, kann und sollte der Staat mit den zusätzlich

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