Prävention gegen Einsamkeit. Günther Staszewski
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Im Grunde genommen sind solche Typen zu beneiden, aber Vorsicht: Die Gratwanderung ist wie ein Ritt auf der Rasierklinge. Man kann auch schnell in die Einsamkeit abrutschen. Passt man nicht auf, ist man flugs übers Nachdenken ins Bemitleiden getapst. Und dann fängt bekanntlich Einsamkeit schon an. Es ist so ähnlich wie bei einem Alkoholiker oder Drogensüchtigen, zwar nicht das Verlangen nach der Pulle oder dem Joint, aber die Leichtigkeit, mit der man (wieder) hinein fällt.
Erkennen Sie erst mal, dass Sie einsam sind!
Viele Menschen verleugnen doch, dass sie längst einsam sind. Sie wollen es sich nicht anmerken lassen und kehren den Kraftprotz raus – „Ich und einsam? Aber ich doch nicht. Macht euch keine Sorgen!“
Da fällt mir gerade die Geschichte über einen Hartz 4-Empfänger ein, die seine Tochter im Internet veröffentlicht hat: „Schlafen, essen, fernsehen, schlafen!“ Sie beschreibt den Tagesablauf ihres Vaters, der sich kaum noch bewegt, immer mehr in sich hineinstopf – Essen als Beschäftigung! – nur noch auf den Fernseher starrt – zwischendurch seine Frau anbrüllt: „Wann gibt´s Essen“ oder: „Bring mir mal ´ne Pulle Bier. Das Essen besteht fast nur noch aus panierten Schnitzeln oder Frikadellen, morgens Brot, abends ins Bett, ohne die Zähne zu putzen. Man könnte auch sagen, Schlafen als Beschäftigung.
Nun ist der Mann ja eigentlich oberflächlich betrachtet gar nicht mal einsam. Er hat eine Frau und eine Tochter. Aber in seinem Dasein als langjähriger Sozialhilfe-Empfänger, weil die Firma dichtgemacht hat, eben doch sehr einsam in seinem ganzen Tagesablauf. Hier erwähnen wir deshalb ein weiteres wichtiges Stichwort in der Einsamkeits-Falle: Langeweile. Sie ist genau der Start in die Einsamkeit. Das bringt uns auf die nächste Frage.
Was ist eigentlich Einsamkeit genau?
Wenn ein Mensch keine abwechselnden Kontakte mehr hat, seine sozialen Netzwerke eingebrochen sind oder er sie vernachlässigt hat, sein Tagesablauf stupide und eintönig ist, er keinen Drang mehr verspürt, andere Menschen zu treffen, er sich mit Gott und der Welt verfeindet, unzufrieden ist und im Grunde genommen auch keiner mehr etwas mit ihm zu tun haben will – ja dann ist er sehr einsam. Es startet hier nämlich ein so genanntes metabolisches Syndrom, um es mal mit einem Begriff aus der Medizin zu erklären. Eine Krankheit bedingt die andere – ein todbringender Kreislauf.
Denn der Einsame vernachlässigt sich selbst, seine Hygiene, Bewegung, und Gesundheit. Es folgen Übergewicht, Stoffwechsel-Störungen wie zu viel Fett im Blut oder Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck, Bewegungsmangel, Rückenschmerzen, Gelenk-Probleme, ungesunde einseitige Ernährung und am schlimmsten Depressionen. Wenn ein solcher Mensch dann noch wenigstens zum Arzt geht, wird er mit Medikamenten vollgestopft. Leber und Nieren werden hart auf die Probe gestellt, die Augen durch den Diabetes geschädigt, die Nerven in den Extremitäten wie Füßen und Händen ebenso – im schlimmsten Fall müssen Beine amputiert werden und der Patient erblindet, kann zudem am Ende frühzeitig durch ein multiples Organversagen dahingerafft werden. Solche Typen schränken selbst ihren Aktionsradius immer mehr ein – der Frust steigt, man kommt nicht mehr raus, weil die Füße schmerzen und weil man sowieso nicht mehr weit kommt und nicht mehr weit reisen kann.
Wissen Sie, was am Ende mit solchen Typen passiert? Sie wollen sterben und sind des Lebens, das für sie keine Qualität mehr hat, völlig überdrüssig. Sie ertragen die Schmerzen nicht mehr und werden wahnsinnig. Die Depressionen schaffen dauernd schlechte Stimmung. Und dann verfallen sie in Selbstmitleid, jammern: „Meine eigenen Kinder wollen von mir nichts mehr wissen!“ Warum sollten Sie auch? Jetzt zu sagen: „Ach komm´ doch Fritz, wir helfen dir wieder auf die Beine!“ wäre grundverkehrt. Denn der Kerl muss endlich seinen Hintern selber bewegen. Wenn er das nicht in seiner Birne erkennt und er es von sich aus nicht selber will, hilft es ihm gar nicht, in ans Händchen zu nehmen und aus seiner Vereinsamung hinaus zu führen – sozusagen begleitetes Rausholen. Das ist wie in dem berühmten Hollywood-Streifen, in dem eine Mutter ihren drogensüchtigen Sohn, der um ein wenig Geld für den nächsten Schuss an der Tür winselt, abweist und die Polizei ruft. Damit hat sie ihn gerettet – aber wie schwer muss es einer Mutter fallen? So aber hat der Sohn seinen Weg zurück ins Leben gefunden und ist dann clean von Schule zu Schule gereist, hat den Kindern und Jugendlichen eindringlich und empathisch mit Begeisterung und aus eigener Erfahrung von Drogen abgeraten.
Wichtig ist es also, dass Sie erkennen, wann Sie einsam sind. Gehen Sie selbstkritisch mit sich um, reden Sie nichts schön. Wer länger als vier Wochen allein und einsam in der eigenen Bude hockt und nicht mehr rauskommt, sich quälend langweilt und dessen Tagesablauf immer eintöniger wird, sollte aufwachen. Laufen Ihnen die letzten Freunde davon? Ruft Sie kaum noch jemand an? Da klingeln aber gewaltig die Alarmglocken. So ein Zustand manifestiert sich schnell.
Einsam? Na und!
Es gibt sogar einige berühmte Schlager, die die Einsamkeit gar besingen: „Living on my own, so lonely …“ – oder „She leads a lonely life …“. Man kann jetzt nur vermuten, welche Beweggründe dahinter stecken – der Schrei nach Zuwendung und Kontakt oder der Stolz darauf, auch so glücklich zu sein? Sich den Frust von der Seele singen? Man weiß es nicht genau. Auf jeden Fall: Wer darüber reden oder sogar prominent singen kann, hat´s begriffen und kennt seine Situation sehr genau. Dem muss man nicht erst noch sagen, dass mit ihm etwas nicht stimmt. Er/sie gibt ein Zeichen für andere, die sich ebenfalls einsam fühlen, ihre Situation nicht als niederschmetternd und depressiv zu betrachten, sondern auch den Vorteil darin zu sehen, nämlich auch Gedichte und Lieder darüber zu schreiben, glücklich mit seinem Dasein umzugehen.
Dabei kann man den Song von Freddie Mercury „I get lonely, so lonely, living on my own“ (Ich bin einsam, so einsam, lebe für mich allein) durchaus als Hilfsschrei und Tragik verstehen. Denn er ließ keine Gelegenheit aus, gefährlichen Sex mit anderen Männern zu praktizieren und nahm, was ihm vor die Flinte kam. Der geniale Musiker starb früh an Aids und hinterließ uns so geniale Songs wie „We are the Champions“ oder zusammen mit der spanischen Operndiva Montserrat Caballé „Barcelona“. Mercury war immer schon ein nachdenklicher, schwermütiger Mensch, der nach außen den taffen Rocker gab, was ja auch oft ein typisches Zeichen für sich einsam fühlende Menschen ist. Man steckt introvertiert seine Probleme in die Tasche und zeigt der Welt nicht, dass man Schwächen hat, einsam ist, sich allein gelassen fühlt. Mutig also für einen Sänger von Weltklasse, so offen seine Schwierigkeiten rauszuhauen. Die wenigsten jedoch werden es so erkannt haben, sondern sie haben darin einfach nur einen weiteren guten Schlager gesehen.
In vielen anderen berühmten Liedern mit eindrucksvoller einprägender Musik wird das Thema Einsamkeit besungen, so von der schwedischen Band Ace of Base in „The Sign/Happy Nation”: She leads a lonely life, … it´s not a day for work … just lying on the beach and having fun … all that she wants is another baby, she is gone tomorrow boy: Es sind Sehnsüchte, die hier ausgesprochen werden. „Sie führt ein einsames Leben, kein Tag zum Arbeiten, eben am Strand liegen und Spaß haben, alles, was sie wünscht, ist ein anderes Kind zu sein, sie wird morgen eben ein Junge.“
Oder Fools Garden mit seinem Song Lemon Tree: … „Isolation is not good for me …” („Isolation ist nicht gut für mich“) oder andere Schlager wie „Scared to be lonely“ (Angst allein zu sein), „Let us still be friends …“ („Lass uns wenigstens Freunde bleiben“), „Cant sleep … Wake up alone“ („Kann nicht schlafen, wache allein auf“) und so weiter. Das Thema ist auch in den Charts präsent und zeigt damit auch