Sexual Magie. T. Rovema
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ja auch eigentlich selbstverständlich sein sollte, völlig gleichberechtigt und gleichwertig berücksichtigen. Gewiss, männliche und weibliche Energien sind
oft grundverschieden voneinander, dies zu leugnen wäre töricht; doch sind es erfahrungsgemäß gerade die weiblichen Magier, die die Sexualmagie ganz
besonders erfolgreich anwenden und weiterentwickeln. Von daher richtet sich
dieses Buch also an männliche wie weibliche Leser zugleich.
Jeder Mensch hat ein Becken von Triebenergie. Heute gibt es privat wie
beruflich zu viele Faktoren die diese Energie abziehen. Beruflicher Stress, Angst
vor Arbeitslosigkeit, falsche Lebensgewohnheiten sowie der Druck der Medien machen den Männern zu schaffen. Bei Frauen ist alles, wie so oft, noch viel
komplizierter.
Ein anderer Punkt ist in diesem Zusammenhang das Tabu, welches in den
vergangenen Jahrhunderten die Sexualität im Allgemeinen und die Sexualmagie
im Besonderen unterdrückt hat. Es ist noch nicht allzu lange her, da war es verboten, beispielsweise Themen wie die Homosexualität in der Öffentlichkeit
zu behandeln. Damals wäre ein Buch wie dieses wohl noch vor Erscheinen auf
den Index verbotener Werke gekommen. Selbst relativ "freizügige" Werke sexualmagischen Inhalts beschränken sich in der Regel auf die rein zweigeschlechtliche Sexualität. Zwar wird gelegentlich auch die gerade für die Sexualmagie so wichtige Autorerotik erwähnt, doch geschieht dies meist nur am Rande. Andere Praktiken wie etwa die Homosexualität oder der Fetischismus fallen dagegen völlig unter den Tisch, von weiteren so genannten "Devianzen", also von der allgemeinen Norm abweichenden Formen der Sexualität (etwa der Verkehr mit Sukkubi und Inkubi), ganz zu schweigen. Es lohnt sich wohl kaum, sich länger mit einer Untersuchung darüber aufzuhalten, welchen
Verklemmungen, Sexualängsten und obrigkeitshörigen Grundeinstellungen wir diese Unterlassungen zu verdanken haben.
Wichtig ist in unserem Zusammenhang dagegen, uns stets vor Augen zu halten, dass die Vielfalt menschlicher Sexualität so groß und so großartig ist wie das menschliche Denken und Fühlen selbst. Mit anderen Worten: Der echte Sexualmagier wird sich nicht von klein karierten Tabus und Verboten in seiner Praxis einengen lassen. Ihm ist die Sexualmagie, gleich welcher Form und Stufe, eine willkommene Disziplin, ein Zugang zu einer Kraft, mit der er seine
magischen Ziele optimal erreichen kann. Ohne Unterschiede zu machen, löst er sich von den herkömmlichen Verhaftungen und Moralvorschriften, um den Satz "Tue was du willst" in die Wirklichkeit umzusetzen. Und dem Sexualmystiker wiederum ist die Sexualität ohnehin stets heiliger Ausdruck seiner höchsten Bestimmung. Sexualmagie will nicht zuletzt auch Grenzen sprengen, worauf in diesem Buch immer wieder hingearbeitet werden soll. Mit dem landläufigen,
meist sehr unwissenden und angsterfüllten Umgang, mit Sexualität hat sie nichts gemein. Und so strebt der Sexualmagier danach, die Grenzen seiner Ausdrucksfähigkeit immer weiter auszudehnen, bis er jene Freiheit erlangt, die
sich als "Optimum an Wahl und Entscheidungsmöglichkeiten" definiert.
Deshalb sollen hier auch vorurteilsfrei Praktiken und Formen der Sexualmagie
zur Sprache kommen, wie man sie sonst in der Literatur vergeblich sucht. Es bleibt dem Leser selbst überlassen, in welchem Umfang er diese Anregungen wahrnehmen und umsetzen will.
Schließlich sollte noch mit einem Missverständnis aufgeräumt
werden, dem man gerade in Laienkreisen des Öfteren begegnet. Es wurde
bereits erwähnt, dass der hinduistische Tantra und die Innere Alchemie des Taoismus in letzter Zeit immer mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnten. Dagegen ist im Prinzip auch nichts einzuwenden, im Gegenteil: Nachdem die
viel beschworene "sexuelle Revolution" der sechziger Jahre mehr oder unspektakulär ausgeklungen ist, hat die Tantra - und Tao Literatur insofern wertvolle Pionierarbeit geleistet, als sie das allgemeine Bewusstsein um die transzendenten Möglichkeiten der Sexualität unter Esoterikern ebenso wie in der breiteren Öffentlichkeit geschärft und entwickelt hat. In dem sich zurzeit entwickelndem "neuen" Weltbild erhält die Sexualität im Allgemeinen einen anderen, konstruktiveren Stellenwert, als er ihr in der nachheidnischen, von Christentum und Kirchendogma geprägten und im Allgemeinen
lebensfeindlichen Kultur des Abendlandes zugestanden wurde.
Auf der Suche nach einer neuen "Kunst des Liebens" (ars amatoria nannte dies
die Antike) blicken wir zunehmend über die Grenzen unserer allzu sehr auf Materialismus und Naturwissenschaften eingeschworenen Zivilisation hinweg
und entdecken aufs Neue das Weistum der östlichen Kulturen. Diese haben sich jahrtausendelang mit der Entwicklung einer solchen Liebeskunst beschäftigt,
man denke nur an ihre herausragenden Zeugnisse, etwa an das Kama Sutram Indiens oder an den Duftenden Garten des Scheich Nefzaui im islamischen
Raum, um zwei weltbekannte Beispiele herauszugreifen. Es wäre töricht, wollte man behaupten, die westliche Sexualmagie habe diesen Kulturen nichts zu verdanken. Sie zehrt im Gegenteil, wie übrigens alle abendländischen Geheimdisziplinen, sehr stark von der Begegnung mit diesen Lehren, und dem Sexualmagier kann nur dringend empfohlen werden, sich ausführlich mit ihnen
zu beschäftigen.
Dennoch wäre es falsch, Sexualmagie und Tantra miteinander zu verwechseln. Beide verfolgen im Grunde recht andersartige Ziele. Während der Tantra stets sakral geprägt, also "Gottesdienst", mithin Sexualmystik ist und darauf abzielt,
die polaren Kräfte von Männlich und Weiblich (Shiva und Shakti, oder, in der Inneren Alchemie Chinas, Yang und Yin) miteinander zu vereinen, um sie zu transzendieren, ist die Sexualmagie zumindest auf den meisten Stufen eher "irdisch" ausgerichtet. Dem Sexualmagier ist die Sexualkraft zunächst einmal
eine neutrale Energie, die er magisch nutzen kann, zu welchem Ziel auch immer. Sie eignet sich erfahrungsgemäß vorzüglich gerade im Bereich der so genannten "Erfolgsmagie", also etwa zum Aufladen von Talismanen, Amuletten und
Sigillen, für Liebes, Schadens ,und Abwehrzauber, zur Verschaffung
beruflicher, materieller und psychologischer Vorteile usw.
Nun ist all dies dem Tantrika oder dem Ching Chi Meister keineswegs
unbekannt, doch findet es nur selten Niederschlag in der diesbezüglichen Literatur, gilt es als "höchstes Geheimnis" innerster Kreise und Bünde, die sich um wenige "erleuchtete" Meister der Kunst scharen.
Vielleicht ist es dagegen gerade der Vorteil des westlichen Materialismus und
der naturwissenschaftlichen Ausrichtung des Abendländer, dass er, wenigstens seit einigen Jahren, endlich dazu bereit ist, "das Kind beim Namen zu nennen"
und dass er sich zunehmend auch auf die praktischen, materiellen Grundlagen
der hohen Kunst der Sexualmagie besinnt. Vergessen wir nie, dass die Kulturen des Ostens, allen beliebten Idealisierungen zum Trotz, die unsere an Prüderie