Nachhaltigkeit, CO2-Neutralität und andere bilanzielle Fehler. Marc Lindner

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Nachhaltigkeit, CO2-Neutralität und andere bilanzielle Fehler - Marc Lindner

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style="font-size:15px;">      Wenn wir uns das erwähnte Beispiel in Darstellung 3-1 ansehen, wird deutlich, dass die Qualität der Energie verändert worden ist. Nicht jede Energieform lässt sich beliebig in andere Energieformen umwandeln.

      Mit dem elektrischen Strom (1 kWh) wäre es ohne weiteres möglich, einen Fernseher zu betreiben. Mit der gleichen Menge an Wärmeenergie des Raumes gestaltet sich dies weitaus schwieriger – theoretisch ist Wärmeenergie solange „nutzbar“, solange sie auf einem höheren Temperaturniveau ist, wie eine andere nutzbare Kältequelle. Die Energiemenge, die umwandelbar und nutzbar ist, resultiert aus der Differenz von Potenzialen8.

      Dabei weist elektrische Energie einen Exergieanteil von nahezu 100 % auf. Der Exergieanteil von Umgebungswärme ist dagegen bei nahezu 0 %. Somit lässt sich Exergie im Vergleich zur Energie durchaus „verbrauchen“. Durch den zweiten Satz der Thermodynamik wird das Verbot des Perpetuum mobile 2. Art ausgedrückt, das besagt, dass Prozesse nicht beliebig umkehrbar sind und es kann keine Maschine geben, die eine Energieform in eine andere umwandelt und diese Energiemenge wieder verlustfrei zurückwandelt. Wir können Energie somit in zwei Anteile aufteilen, nämlich in

       Exergie (Energieanteil, der „nutzbar“ ist, beziehungsweise die Fähigkeit besitzt, Arbeit zu verrichten)

       Anergie (Energieanteil, der nicht in Arbeit umgewandelt werden kann)

       Energie = Exergie + Anergie = konstant

      Zusammengefasst kann gesagt werden, dass die Energiemenge immer konstant bleibt. Wenn wir aber Energie umwandeln beziehungsweise Arbeit verrichten, dann wird immer ein Teil der Exergie in Anergie umgewandelt, ohne dass die Menge an Energie variiert. Während Anergie ständig produziert wird, ist es unmöglich, Exergie herzustellen.

      Wenn wir davon sprechen „Energie zu verbrauchen“, dann meinen wir eigentlich „Exergie zu verbrauchen“. Diese Differenzierung ist im späteren Verlauf wichtig, da sie uns hilft die Qualität einzelner Energieformen zu bewerten, wobei eine Energieform mit einem hohen Anteil an Exergie eine hohe Qualität darstellt und Energie mit einem geringen Exergiegehalt als niedrige Energiequalität bezeichnet wird.

       Darstellung 3-1: Wandlung von Exergie in Anergie durch Energiekonsum

      3.2. Externe Effekte

      Externe Effekte bezeichnen die Nutzen oder Kosten, die monetär oder nicht monetär anfallen, aber nicht in das Entscheidungskalkül des Entscheidungsträgers einfließen. Die Person oder die Gruppe muss die Kosten nicht tragen und erhält nicht den Nutzen, wodurch beides für ihn oder sie irrelevant ist.

      Die externen und nicht berücksichtigten Kosten und Nutzen sind in vielen Fällen einer der Hauptgründe für ineffiziente Gesamtlösungen. Sind externe Kosten oder aber externe Nutzen vorhanden, dann führt eine egoistische Handlung einer Partei nicht zur Nutzenmaximierung aller betroffenen Personen.

      Gelingt es die externen Effekte (ob positiv oder negativ) entsprechend in das Entscheidungskalkül der aktiv handelnden Personen zu integrieren, dann führt das egoistische Verhalten jeder einzelnen Person zur Nutzenmaximierung der Gesellschaft, weil durch die Internalisierung das egoistische Verhalten einer altruistisch handelnden Person gleich kommt.

      Mit der zuvor hergeleiteten Erkenntnis, dass eine egoistisch handelnde Gesellschaft Nachhaltigkeit auf einem hohen Lebensniveau ermöglicht, lässt sich hier der besondere Stellenwert von externen Kosten sowie von externen Nutzen erkennen.

      Folglich sollte versucht werden, externe Größen zu identifizieren und zu internalisieren, das heißt in das Entscheidungskalkül des Handelnden zu integrieren.

       egoistisches Verhalten

       + internalisierte externe Effekte

       = altruistisches Handeln

      Externe Kosten fallen meist dort an, wo Güter genutzt werden, die scheinbar grenzenlos – in Bezug zu den Bedürfnissen einer Person – zur Verfügung stehen. Es mag für viele selbstverständlich erscheinen, dass für solche Güter kein Preis gezahlt werden muss. Schließlich nutzen wir solche Güter jeden Tag und sehen es als selbstverständlich an, dass diese vorhanden und gleichzeitig kostenlos sind.

      Ein solches Beispiel ist unsere Atemluft. Es würde vermutlich befremdlich klingen, darüber zu diskutieren, ob wir für Luft bezahlen müssten. Wer hätte das Recht Luft zu verkaufen und welcher Preis wäre gerechtfertigt, weil doch keine Kosten für Produktion oder Transport anfallen? Es gibt zwei Gründe, warum es hier schwerfällt, eine Rechtfertigung zu finden. Erstens habe ich ein provokantes Beispiel gewählt, schließlich stellt Luft ein Grundbedürfnis dar und ist überlebenswichtig. Zweitens wurde die Frage falsch gestellt.

      Drehen wir die Frage um.

      Wir haben gesagt, dass Luft keinem gehört und somit von jedem genutzt werden darf.

      Das gilt dann auch für jeden Kraftwerksbesitzer. Folglich darf jeder die Luft so viel mit Giftstoffen, Ruß, Feinstaub und radioaktiven Stoffen belasten, wie es für ihn kosteneffizient ist. Wenn Luft kostenlos ist, dann werden sich weder Filter noch eine andere Abluftreinigung lohnen. Immer noch entstehen keine direkten Kosten für die Luft. Aber es ist nicht schwer sich vorzustellen, dass eine solche Denk- und Handlungsweise dazu führt, dass die Luft so sehr verschmutzt wird, dass die allgemeine Lebensqualität sehr stark reduziert wird. Und genau diese Reduktion der Lebensqualität stellt in diesem Fall die externen Kosten dar. Diese Kosten sind hier nicht monetär und können auch nicht genau erfasst werden. Und es ist auch nicht so, dass sie an jemanden gezahlt werden müssen.

      Wir würden uns weniger wohlfühlen, wären weniger leistungsstark und würden nicht so lange leben. Somit sind die Kosten nicht das, was wir üblicherweise unter Kosten verstehen. In diesem Fall sind die Kosten der schmutzigen Luft der entgangene Nutzen der sauberen Luft durch die verringerte Gesundheit und das verkürzte Leben.

      Externe Kosten bezeichnen somit unter anderem den entgangenen Nutzen aller Personen, wenn sich eine Person dafür entscheidet, ein Gut zu nutzen (selbst wenn dieses kostenlos ist).

      Auf welche Art sich das Vorhandensein von externen Kosten oder aber externen Nutzen auf die Gesamtnutzen einer jeden Person ausüben kann, wenn diese nicht durch den Entscheidungsträger berücksichtigt werden, soll folgendes Beispiel veranschaulichen.

      Nehmen wir an, jeder Autofahrer kann sich frei entscheiden, ob er einen Katalysator in seinem Auto installieren möchte oder nicht. Der Katalysator soll in diesem Beispiel 500 € kosten.

      Nehmen wir ferner an, dass wenn alle Autos über einen Katalysator verfügen, jeder Mensch einen höheren Nutzen (höhere Lebensqualität, bessere Gesundheit, längeres Leben) aufweist, als wenn kein Auto einen Katalysator aufweist und er wäre bereit für diesen Mehrnutzen 1 000 € zu zahlen.

      Welches wäre unter diesen Umständen die optimale Entscheidung eines jeden Autobesitzers? Und welcher Zustand wäre stabil? Dabei muss bedacht werden, dass jeder Autobesitzer nur für sich entscheiden kann und die Entscheidungen der anderen nicht beeinflussen kann.

      Wenn keine externen Kosten internalisiert sind, dann sieht die Gewinnfunktion des Autobesitzers folgendermaßen aus:

      Gewinn = - Kosten des Katalysators

       + Nutzen, wenn er einen Katalysator einbaut

      

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