Prayer – Die hohe Kunst der Selbstüberzeugung. Neville Goddard
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Wenn eine physische Tatsache einen psychologischen Zustand bewirken kann, dann kann ein psychologischer Zustand auch eine physische Tatsache verursachen. Wenn die Wirkung A also von einer Ursache B hervorgerufen werden kann, kann im Umkehrschluss auch die Wirkung B von der Ursache A hervorgerufen werden. Deshalb möchte ich dir sagen, “Was auch immer du verlangst, glaube in deinem Gebet, dass du es erhalten hast und du wirst es erhalten“ (Markus 11:24).
Kommentar (inkl. Übung)
Neville Goddard hat im Laufe seiner Lehre verschiedene Perspektiven und Metaphern verwendet, um die Gesetzmäßigkeiten des Bewusstseins zu veranschaulichen und zu erklären. Wenn er in diesem Buch also vom Gesetz der Umkehrbarkeit schreibt, dann ist damit kein neues Gesetz gemeint, sondern es ist einfach eine andere Bezeichnung für das Gesetz der Annahme. Und egal, welche Bezeichnung Neville genau verwendet, der Inhalt des Gesetzes bleibt immer gleich:
Eine Annahme, die wir für wahr halten, objektiviert sich zur physischen Tatsache.
Sehr ähnlich verhält es sich mit den Begriffen, die Neville für die bewusste Anwendung dieses Gesetzes verwendet. Auch hier darf man sich nicht verwirren lassen, wenn Neville mal von Beten spricht, an anderer Stelle aber wieder von Meditation, Kontemplation oder Imaginieren. Gemeint ist damit immer die gleiche Praxis und zwar das Von-der-Annahme-Ausgehen des erfüllten Verlangens. Im Gebet oder der Meditation stellen wir uns ganz einfach vor, dass unser Verlangen bereits erfüllt ist. Das tun wir solange, bis wir das Gefühl bekommen, dass es tatsächlich so ist oder zweifelsohne so kommen wird. Dieses Gefühl des Wissens, dass es schon so ist bzw. das Gefühl der Gewissheit, dass es so kommen wird, nennt Neville das Gefühl des erfüllten Verlangens. Dieses Gefühl ist der Dreh-und Angelpunkt jeder Anwendung des Gesetzes der Annahme und die Wirkungsweise hinter allen sichtbaren und unsichtbaren Manifestationen.
Dadurch wird klar, dass Neville mit Beten etwas ganz Anderes meint, als wir normalerweise mit diesem Wort in Verbindung bringen. Es ist nicht das Anbeten einer “höheren Macht“, die getrennt von uns existiert, und die wir mit dem Gebet besänftigen oder uns wohlgesonnen machen wollen. Ebenso wenig ist das Gebet nach Neville ein Bitten oder Hoffen auf bessere Zeiten. Obwohl Hoffnung im Allgemeinen als eine positive Geisteshaltung gilt, ist sie auf den zweiten Blick durchaus problematisch. Denn die Botschaft der Hoffnung ist letztlich nichts Anderes als Zweifel. Der Zweifel daran, dass die Dinge so kommen, wie wir sie uns wünschen. Was der Hoffnung also fehlt, sind die ermächtigenden Qualitäten der Zuversicht, des Vertrauens und der Überzeugung. Auf diese Qualitäten wird im Verlauf dieses Buchs noch ausgiebig eingegangen werden.
Beten nach Neville
Was Neville Beten nennt, ist der aktive Gebrauch unserer göttlichen Vorstellungskraft. Egal, was gerade unsere Lebensumstände sind, welches Selbstbild wir haben oder welche düsteren Überzeugungen wir über uns und die Menschen hegen, in unserer Imagination können wir jederzeit von einer komplett anderen Realität ausgehen, diese als wahr fühlen und damit nachhaltig unsere Geisteshaltung ändern. Und eine veränderte Geisteshaltung objektiviert sich in anderen Umständen und Tatsachen.
Das Gebet ist der Meisterschlüssel zur Veränderung unseres Lebens und unserer Welt. Im Gegensatz zum überwiegenden Großteil aller Selbsthilfetechniken setzt das Gebet nämlich immer an der wahren Ursache unserer Probleme und Herausforderungen im Leben an: Bei den Annahmen, die wir für wahr halten. Denn diese Annahmen sind es, die unsere Realität entstehen lassen, da wir von ihnen aus leben, denken und fühlen. Aus diesem Grund lässt sich eine Annahme auch mit einem Raster vergleichen, dass sich auf unser Dasein legt und uns nur noch solche Erfahrungen machen lässt, die im Einklang mit dieser Annahme sind.
Ein weiterer zentraler Begriff, den Neville im ersten Kapitel erwähnt, ist derjenige des Glaubens. Der Glaube ist die Überzeugung von Tatsachen, die noch nicht objektiv wahrnehmbar oder physisch manifestiert sind. Dementsprechend leben wir im Glauben, wenn wir davon ausgehen, dass unser Verlangen bereits erfüllt ist, selbst wenn für diese Annahme noch kein objektiver Beweis in Form einer Manifestation vorliegt. Was Neville unter Glauben versteht, ist also wesentlich mehr als unser herkömmliches Verständnis von Glauben, das sich in Sätzen wie “Ich glaube an eine höhere Macht“ oder “Ich glaube an das Gute im Menschen“ ausdrückt. Im herkömmlichen Sprachgebrauch verwenden wir den Begriff des Glaubens als ein “für möglich halten“, das klar vom Begriff des Wissens abgegrenzt ist. Neville hingegen sieht im Glauben eine spezifische Form des Wissens. Das Wissen um Tatsachen, die (noch nicht) sichtbar sind. Das ist wichtig, zu wissen, denn dadurch wird klar, dass die Praxis des Betens auf nichts Anderes hinausläuft, als auf komplette Selbstüberzeugung.
Beten ist die hohe Kunst der Selbstüberzeugung.
Übung: Erkenne deine natürliche Schöpferkraft
Unsere Annahmen erschaffen unsere Umstände. Das ist nicht erst so, seit du die ersten Seiten dieses Buches gelesen hast, sondern es ist die fundamentale Gesetzmäßigkeit, die dein ganzes Leben bestimmt. Durch die hohe Kunst des Betens lernst du einfach, dieses Gesetz absichtlich anzuwenden und dein Leben bewusst zu gestalten. Doch damit du diese These nicht einfach als bare Münze nehmen musst, ist es wichtig, sie durch eigene Beobachtung selbst zu testen. Denn die verlässlichste Art des Wissens ist und bleibt die eigene Erfahrung.
Aus diesem Grund folgen nun ein paar Fragen zur eigenen Reflexion. Die Fragen zielen darauf ab, dass du anhand deiner eigenen Erfahrungen und deines eigenen direkten Erlebens die Wirkungsweise des Gesetzes der Annahme erkennst. Dabei wirst du wahrscheinlich auch entdecken, wie das Beten bzw. die Imagination bereits ein elementarer Alltag deines Lebens sind. Ich möchte dich also jetzt dazu einladen, über die folgenden Fragen zu reflektieren:
• Bevor du irgendetwas tust – dir z.B. eine Tasse Kaffee machst, duschen gehst oder einen Film schaust –, stellst du dir nicht für einen kurzen Moment die Freude vor, die du dabei haben wirst? Stellst du dir nicht vorher bereits den köstlichen Kaffeegeschmack im Mund, das Gefühl der Sauberkeit nach dem Duschen oder die emotionale Ergriffenheit des Films vor? Und lässt dich diese Vorstellung anschließend nicht ganz natürlich alle Schritte ausführen, die zur Verwirklichung davon führen?
• Wie oft bestätigen sich deine Annahmen und Vorstellungen, die du über andere Menschen hast? Hast du öfters einen Gedanken wie “ich habe es ja gewusst!“, wenn du z.B. von jemandem enttäuscht wirst oder jemand so handelt, wie du es von ihm erwartet hast?
• Vergegenwärtige dir für einen Moment ein paar herausstehende Ereignisse deines Erwachsenenlebens. Es spielt dabei keine Rolle, ob sie für dich eine positive oder negative Bedeutung haben. Und jetzt frage dich hinsichtlich jeder dieser Erfahrungen, ob es nicht irgendwann eine Vorstellung deinerseits gab, die ein Ereignis dieser Art gewissermaßen prophezeit hat? Das kann ein Moment der Sorge oder Angst gewesen sein, ein Augenblick der Freude oder ein Tagtraum. Oder vielleicht war es einfach ein wissendes Gefühl, dass “das ein Nachspiel haben wird“ oder “die Dinge sicher gut kommen werden“.
• Wie deckt sich dein allgemeines Lebensgefühl und dein Alltag mit den Annahmen, die du über dein Leben hast? Hast du z.B. das Gefühl, ständig kämpfen zu müssen, weil das “Leben kein Zuckerschlecken“ ist oder man “nichts umsonst kriegt“? Gibt es Bereiche, wo dein Leben problemlos fließt und du dir das damit begründest, dass “du das halt einfach kannst“?
• Kannst du dich an Ereignisse erinnern, die du gemeinsam mit anderen Menschen gemacht hast, bei denen alle Beteiligten völlig unterschiedlich reagiert haben? Und obwohl es objektiv das gleiche