Eine wählerische junge Lady. Catherine St.John
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Читать онлайн книгу Eine wählerische junge Lady - Catherine St.John страница 4
Cecilia favorisierte dagegen ein Modell mit feinen weißen und violetten Streifen auf lavendelfarbenem Grund und so sah sich Melinda in ein Dilemma gestürzt. Beide gefielen ihr ausgezeichnet – und passten nicht nur zu weißen, sondern auch zu blassblauen und grauen Gewändern! – und beide sollten auch das gleiche kosten, nämlich neun Guineas. Viel Geld, fand sie in Erinnerung an ihre karge Jugend, aber sie wusste, dass Cecilia darüber nur lachen würde. Wahrscheinlich lachte ihre kleine Schwester Jane mittlerweile auch darüber, nachdem auf Lynet nun ein neuer, großzügigerer Wind wehte…
Sie entschloss sich zu einer noblen, einer Lady Hertwood angemessenen Geste und verkündete: „Ich werde sie beide nehmen!“
„Eine ausgezeichnete Idee, Mylady!“ Das kam zweistimmig – von Hazel und dem Verkäufer, der sofort eine Hilfskraft herbeiwinkte, damit sie ein hübsches Päckchen aus den beiden Schals verfertigte.
Cecilia lachte zufrieden: Melinda fügte sich wirklich von Tag zu Tag besser in ihre neue Position als Lady Hertwood!
Zugleich spürte sie in diesem Moment, dass ein forschender Blick auf sie gerichtet war. Sie sah sich um und entdeckte schräg gegenüber, an einem Verkaufstisch für Pelzwaren, eine Dame in mittleren Jahren, die sie durch ein Lorgnon betrachtete und sich dann naserümpfend abwandte.
Was fiel dieser Person denn nur ein? Sie betrachtete die Dame, eine eher kleine und recht rundliche Person in nichtssagendem Grau, etwas diskreter als diese es soeben getan hatte, und überlegte, wer sie sein konnte. Erneut hob die Dame ihr Lorgnon, ein schweres goldenes Gerät mit Rubinen rund um das Glas… das kannte sie doch noch von ihrer Saison damals? Lady Ruby, hatte sie jemand getauft, sie hörte das spöttische Geflüster noch, das in irgendeinem Ballsaal an ihr Ohr gedrungen war… Lady Ruby… Lady Sasson, genau! Die Gemahlin von Sir Ambrose Sasson, einem steinreichen Wollhändler, den König George wegen seiner Verdienste um die britische Wirtschaft in den Adelstand erhoben hatte. Sasson war den Gerüchten zufolge reich wie Krösus. So reich, dass zum Beispiel Sebastian, aber auch Benedict de Lys sich daneben nur verstecken konnten.
Ben… er wusste bestimmt Einzelheiten! Schade, dass er wohl auf Lynet nach dem Rechten sah. Nach dem, was Sebastian erzählte, schien der Besitz es auch noch immer bitter nötig zu haben.
Lady Sasson seufzte weithin hörbar, ließ das Lorgnon an Cecilias Gruppe entlang wandern und schnaubte schließlich naserümpfend. Was hatte diese dahergelaufene Person denn bitte? Cecilia spürte, wie die Wut in ihr hochstieg. Die Frau eines gerade erst geadelten Wollhändlers – eines Wollhändlers! – schwang sich zur Richterin über Gemahlin und Schwester des elften Barons Hertwood auf? Wobei obendrein die Damen sehr viel dezenter und geschmackvoller gekleidet waren als diese dubiose Lady Sasson: War diese düstere Kleidung etwa noch mit Jettperlen bestickt? Nun, vielleicht war sie in Trauer? Aber dann so viel Schmuck? Und bei der Pelzauswahl im Pantheon Bazaar anzutreffen statt in der Abgeschiedenheit ihres eigenen Heims?
Sehr, sehr seltsam… Sie gönnte der Dame ein kühles Nicken und drehte sich dann wieder zu Melinda und ihrer Zofe, die über einen zartgelben Schal mit langen Fransen diskutierten und schließlich davon abkamen. „Recht hast du: Gelb passt nicht zu blonden Haaren – aber mir könnte er gut stehen!“
Hazel drapierte ihn ihr eilfertig, der Verkäufer brach in Begeisterungsrufe aus, wie nicht anders zu erwarten, und Melinda nickte nach kurzer Musterung. „Ja, für dich ist er das Richtige. Wen hast du vorhin so lange beobachtet?“
„Später.“ Cecilia nickte dem Verkäufer zu, der sofort auch diesen Schal hübsch verpacken ließ.
Auf dem Weg zu weiteren Verkaufstischen teilte Cecilia Melinda kurz mit, wie sich Lady Sasson benommen hatte – und prompt ließ Melinda wieder einmal den Kopf hängen: „Wahrscheinlich ist es wegen des Skandals um Lynet.“
„Ja, mag sein. Aber der ist nicht deine Schuld – und was die Frau eines erst kürzlich geadelten Wollhändlers von uns hält, kann uns wirklich egal sein. Krittelsüchtige alte Weiber gibt es in London reichlich und wenn es nichts zu klatschen gibt, erfinden sie eben etwas. Du machst alles richtig – und ich habe die alte Fregatte nur sehr kühl gegrüßt.“
„Und wenn wir auf einen Ball gehen und man schneidet uns?“
„Großer Gott, keinesfalls! Ich bitte dich, Lady Hertwood und Miss Herrion? Vornehm, wohlhabend und gut aussehend – auch wenn ich das von mir selbst wohl nicht sagen sollte? Die alte Sasson hat zu solchen Bällen auch bestimmt keinen Zutritt.“
„Ein schwacher Trost… oh, sieh nur: Schmucknadeln!“
Die nächste Viertelstunde verging wie im Fluge, denn die Nadeln – teils für die Frisur, teils, um sie ans Kleid zu stecken – waren ausgesprochen reizend, mit Steinen oder mit kleinen Seidenblumen besetzt, zum Teil auch mit einem Stoff bezogen, der wiederum mit funkelnden Perlchen bestickt war. Und es gab sie in allen nur erdenklichen Farben!
Von Hazel kundig beraten, erwarben beide Damen eine beträchtliche Anzahl dieser Nadeln und schenkten auch Hazel einige als Honorar für ihre Beratung.
Als sie weitergehen wollten, schwankte Melinda und musste sich auf einer der Sitzgelegenheiten niederlassen. „Was ist dir?“ Cecilia setzte sich sofort neben sie.
„Ich weiß es nicht, plötzlich wurde mir schwindelig. Wärst du sehr böse, wenn ich für heute genug hätte?“
„Nicht doch, wir können doch jederzeit wieder hierher kommen – und wir haben doch schon recht hübsche Beute gemacht, nicht wahr? Aber wir könnten auf dem Rückweg noch bei Gunter´s vorbeifahren…“
„Noch mehr Putz?“, fragte Melinda schwächlich.
„Nein, ich hätte eher an etwas Eis gedacht“, war Cecilias heitere Antwort. „Das könnte dich wieder munter machen, meinst du nicht?“
„Ja, das gefällt mir.“
„Und heute Nachmittag wird Seb mit uns in den Park fahren, damit alle wissen, dass wir wieder da sind.“
„Ach ja!“, machte Melinda beklommen, ließ sich von Hazel aufhelfen und zum Ausgang führen.
Bei Gunter´s gefiel es ihr sichtlich gut, und das Eis mit dem Geschmack nach italienischen Zitronen mundete ihr so gut, dass sie schon mit dem Gedanken an eine zweite Portion spielte. Cecilia lobte diesen Plan, aber dann wollte Melinda doch lieber nach Hause und ein wenig ruhen.
Sobald Melinda in ihrem Schlafzimmer untergebracht war, zog sich Cecilia, die ihre Einkäufe ihrer eigenen Zofe Florette übergeben hatte, in den Salon zurück und sah noch einmal die Einladungen durch, die sie bereits erhalten hatten. Da Melinda in London ohnehin niemanden kannte und Sebastian keine Vorlieben geäußert hatte, konnte sie wohl selbst entscheiden, wohin sie gehen sollten.
Zuerst tatsächlich zu Mrs. Ramsworth, die einfach eine reizende Person war. Ein kleiner Ball, nur sehr ausgewählte Gäste, das wäre auch genau das Richtige für Melinda, die doch wohl noch nie einen echten Ball mitgemacht hatte.
Und als nächstes… die Prestons? Sir Michael und Lady Preston, die immer vergnügte Laura, waren entzückende Gastgeber, daran erinnerte sie sich noch von ihrer Saison her. Und ihr Bekanntenkreis war erstklassig, man konnte alles bei ihnen antreffen, was Rang und Namen hatte.
Oder