KREATIV ARBEITEN. Uwe Hammer
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Vernunft ist aber auch die Entscheidung lieber eine Banklehre zu machen als ein Kunststudium zu beginnen. Oder die Entscheidung eine lang geplante Bergtour aufgrund der Wetterbedingungen abzubrechen. Vernunft ist meist der Verzicht auf eine vermeintliche risikoreicher Alternative und die Entscheidung für den langweiligen aber sicheren Weg.
Je länger wir auf Vernunft getrimmt werden, oder uns selbst darauf trimmen, umso mehr werden wir verlernen zu träumen.
Ein weiterer Aspekt der Vernunft ist, Entscheidungen und vor allem wichtige Entscheidungen rein rationell treffen zu wollen. Bei wichtigen Dingen wollen wir unsere Gefühle nicht mitreden lassen, das ist eine Aufgabe für unseren Verstand. An dieser Stelle muss allerdings erwähnt werden, dass wir unsere Gefühle genauso wenig wie unser Unbewusstes aus unseren Entscheidungen heraushalten können. All unsere Entscheidungen werden von unserem gesamten Ich, dass sich aus Verstand, Vernunft, Gefühl, Intuition, Instinkt und Unbewusstsein zusammensetzt, getroffen. Unser Bewusstsein kann nicht an unserem Unbewusstsein oder Gefühlen vorbei handeln. Umgekehrt kann unser Unbewusstsein unser Verhalten ohne das Mittun unsers Bewusstseins beeinflusst, und das tut es allzu gerne, denn ein Großteil des täglichen Verhaltens erfolgt nahezu automatisch und unbewusst.
Vernunft und das bewusste unterdrücken von Gefühlen aber hemmen unsere Kreativität, Kreativität brauch Freiheit, braucht Unvernunft und Gefühle. Kreativität bedeutet, den bekannten, sicheren Weg zu verlassen um einen dunkeln steinigen Weg einzuschlagen, von dem wir nicht wissen wo er uns hinführt.
Kreativität ist das Verlassen der sicheren und vernünftigen Wege.
Wissen kann eine Hürde für die Kreativität darstellen
Treffen wir Entscheidungen, ziehen wir zuerst unsere Erfahrungen heran (davon mehr im nächsten Kapitel) als nächstes durchforsten wir unser Wissen, und wir freuen uns sehr, wenn wir wirklich etwas finden, von dem wir glauben, dass es nützlich ist, die richtige Entscheidung zu treffen.
Dabei überprüfen wir in den meisten Fällen aber nicht die Quelle, aus der dieses Wissen kommt, und wir prüfen auch nicht, ob dieses Wissen für das vorliegende Problem überhaupt noch relevant ist. Und schon gar nicht gehen wir davon aus, dass uns nur ein gefährliches Halbwissen übermittelt wurde.
Aber auch tatsächliches Wissen kann unsere Fantasie stark beeinträchtigen, insbesondere wenn wir uns für Experten halten. Je mehr wir zu wissen glauben, desto weniger werden wir unser Wissen hinterfragen, und umso weniger fühlen wir uns genötigt, uns Gedanken zu machen, welche neuen Ansätze es geben könnte.
Dass wir uns nicht falsch verstehen, Fachwissen ist wichtig und meist unverzichtbar, aber es kann uns arrogant und ideenlos machen, es kann dazu führen, dass wir uns in unserem Fachwissen ausruhen und dass es uns schwer fällt an diesem Fachwissen vorbei unsere Kreativität auszuleben. Fachwissen kann zu Besserwisserei führen und je nachdem wie es präsentiert wird, kann es für andere Beteiligte eine sehr einschüchtern Wirkung haben und jede Diskussion im Keim ersticken. Wir werden uns im Kapitel „Teamarbeit“ noch damit beschäftigen
Wer kennt nicht den Satz: „Das haben wir immer so gemacht.“
Zugegeben mir ist dieser Satz auch schon über die Lippen gekommen (in diesem Fall war er natürlich absolut angebracht) und in manchen Fällen hat er auch seine Berechtigung. Kreativität sollte nicht Mittel zum Selbstzweck sein, nicht jede Idee ist sinnvoll nur weil sie neu ist. Manchmal hat das Alte, Erprobte seine Berechtigung. Aber es ist wichtig, diese immer wieder zu hinterfragen und nicht als gegebenes Naturgesetz zu interpretieren. Eventuell habe sich die Rahmenbedingungen geändert oder, es gibt neue verbesserte Verfahren oder Materialen und die alte, erprobte Lösung ist nicht mehr die Beste. Die Welt ändert sich und wir müssen uns mitändern. Flexibilität ist Voraussetzung zur Kreativität, und dazu gehört auch, Altes und Bekanntes zu hinterfragen.
Erfahrungen sind das Material, aus dem unser Ich gestaltet wird
Es gibt noch einen weiteren Grund warum wir mit dem Erwachsen werden viel unserer Kreativität verlieren, den man quasi als den natürlichen Grund ansehen kann, und der im direkten Zusammenhang mit unserer Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen steht. Es handelt sich um die Erfahrungen, die wir im Laufe unseres Lebens sammeln. Um das zu verstehen, müssen wir uns ansehen, wie unser Gehirn arbeitet.
Unsere Sinnesorgane senden ca. 11 Millionen Bits pro Sekunde an unser Gehirn. Allerdings gelangen nur etwa 0.1 % dieser Datenmenge in unser Bewusstsein, denn unser Bewusstsein schafft maximal 100bit/s und das nur wenn wir in guter Form sind. In der Regel müssen wir uns eher mit 50bis/s herumschlagen. 99.9% dieser Datenflut versickert somit in unserem Unbewusstsein.
Dieser Zahlenvergleich zeigt auf, dass unser Bewusstsein im Vergleich zu unserem Unbewusstsein doch recht schlecht dasteht. Wir werden später nochmal auf diesen Punkt zurückkommen.
Die Frage, die sich nun stellt, ist, wer oder was entscheidet, welche Informationen das Privileg haben in unser Bewusstsein vorzudringen. Hierfür ist ebenfalls unser Unbewusstsein verantwortlich.
Jede Information wird vom Unbewusstsein unseres Ich`s auf seine Wichtigkeit überprüft. Hierbei gibt es unterschiedliche Entscheidungsebenen.
Die erste Ebene stammt noch aus unserer grauen Vorzeit, und wird maßgeblich von unseren Instinkten beeinflusst. Es geht schlicht und einfach um unser Überleben. Unser Unbewusstsein beurteilt also zuerst, ob irgendwelche ankommenden Signale auf eine Gefahr für unser Leben hinweisen, und reagiert unmittelbar auf solche Signale indem es unsere Sinnesorgane und unsere Konzentration gezielt auf genau dieses Signal ausrichtet. Es beginnt mit der Ausschüttung von Hormonen wie Adrenalin und leitet eventuell sofort Gegenmaßnahmen wie beispielsweise einen Fluchtreflex ein.
Die Geschichte des Homo sapiens sapiens begann etwa vor
200 000 Jahre, das Leben hat sich in dieser Zeit gewaltig geändert, das Gehirn und seine Arbeitsweise aber sind weitgehend gleichgeblieben. Es war für das Überleben unserer Spezies von entscheidender Bedeutung, dass auf Gefahren schnell reagiert wurde. Beim Anblick eines Säbelzahntigers war es wenig ratsam, die auf diese Entdeckung resultierende Entscheidung lange zu überdenken, das Überleben hing von der Schnelligkeit der Reaktion entscheidend ab. Viele unserer vom unbewussten getroffenen Entscheidungen sind auch heute noch von unseren Urinstinkten geprägt. Hierzu zählen auch viele Verhaltensweise auf zwischenmenschlichem Gebiet.
Die nächste Ebene nach der unser Unbewusstes entscheidet, ist nicht mehr ganz so dramatisch, hier geht es nicht mehr um Leben und Tod. Es filtert Informationen auf Grundlagen von Erfahrungen, die wir im Laufe unseres Lebens gesammelt haben. Es geht davon aus, dass Informationen die sich in unserem bisherigen Leben als wichtig herausgestellt haben, auch in diesem Moment wichtig sein könnten und gibt sie an unser Bewusstsein weiter. Daraus folgt, dass wir nur von unserem Unbewussten zensierte Informationen erhalten, und dass all diese Informationen bereits von unserem Unbewussten, auf Basis unserer Erfahrungen eingefärbt wurden. Oder wie es Douglas Adam, der Autor von „per Anhalter durch die Galaxis“ ausdrückte:
„Alles was Du siehst oder hörst, egal auf welche Weise, hörst oder siehst Du auf deine spezielle Weise. Du erschaffst Deine Welt indem Du sie wahrnimmst.“
Unsere Augen beispielsweise geben ein zweidimensionales und noch dazu auf dem Kopf stehendes Bild an unser Gehirn weiter. Erst dieses wandelt diese Informationen so um, wie wir sie zu sehen glauben. Hierbei werden Detailinformationen,