Die zweite Frau. Eugenie Marlitt
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»Ich habe jene Frau bereits als eine Verlorene bezeichnet – sie war treulos wie alle Hindus – der Knabe hat nicht mehr Anspruch an das Haus Mainau, als jeder andere Bettler auch, der an das Schönwerther Schloßthor anklopft.«
Liane sagte kein Wort mehr. Sie schritt rascher nach dem Ende des Laubganges – es war erstickend heiß unter den engverschränkten Aesten. Die unheimliche Vorstellung drängte sich ihr auf, dieser Glutstrom gehe von dem Manne aus, der sie begleitetet. Eine ihrer Flechten blieb, wie sie meinte, am Gesträuche hängen – sie griff danach und berührte eine jäh aufzuckende Hand. Fast hätte sie aufgeschrieen; wäre in Wahrheit der schlüpfrige Leib der Cobra über ihre Hand geglitten, sie hätte nicht erschrockener in sich zusammenschauern können, als bei dieser Berührung.
Draußen suchte ihr Blick scheu und unwillkürlich die mondbeleuchteten Züge des Priesters – sie waren sehr ruhig, fast steinern. Die kurze Strecke bis zum Ausgange schritten sie schweigend nebeneinander; als die Gitterthür hinter ihnen zuschlug, blieb der Hofprediger stehen – fast schien es, als ringe er nach dem Ausdrucke dessen, was er noch zu sagen habe ... »Dieses Schönwerth ist ein heißer Boden für zarte Frauenfüße, gleichviel ob sie aus Indien oder aus – einem deutschen Grafenhause kommen,« hob er mit gedämpfter Stimme an. »Gnädige Frau, durch die Welt geht jetzt ein Sturm, und das Feldgeschrei heißt: ›Nieder mit den Ultramontanen, mit den Jesuiten!‹ ... Man wird Ihnen sagen, ich sei der schlimmsten einer, ein fanatischer Römling – man wird Ihnen sagen, daß ich im vollsten Maße die verderbliche Macht über Hochgestellte errungen habe, welche der Jesuitenorden auf dem ganzen Erdenrund erstrebe – denken Sie darüber, wie Sie wollen ... Aber wenn Sie je in schlimmen Augenblicken – und die werden nicht ausbleiben – einer eingreifenden, stützenden Hand bedürfen, so rufen Sie nach mir – und ich werde da sein.«
Er verbeugte sich und schritt rasch und elastisch nach dem nördliche Schloßflügel. Liane eilte in den Salon zurück. Sie verschloß mit bebenden Händen die ins Freie führende Doppelthür und untersuchte mißtrauisch jeden Spalt zwischen den Vorhängen, damit kein unberufener Blick hier wieder eindringe ... Nie war ihn im Hinblick auf das, was die Zukunft bringen sollte, unheimlicher zu Mute gewesen, als in dieser Stunde – nie! Selbst nicht in jenen schrecklichen Tagen, wo der Hammer des Auktionators durch das Rudisdorfer Schloß scholl, wo ihre Mutter händeringend durch die kahlen, hallenden Säle und Zimmer lief, sich in wildester Verzweiflung auf den Boden warf, und Gott anklagte, daß er die letzten Trachenberger Hungers sterben lasse ... Damals hatte die geistesstarke Ulrike das Steuer ergriffen und in ein verhältnismäßig erträgliches Leben eingelenkt, und der Retter für sie und ihre Geschwister war – die Arbeit gewesen. Die Arbeit – eine ehrlichere Stütze, als die »eingreifende Hand« jenes katholischen Priesters! Nein, lieber sterben im Ringen mit den »schlimmen Augenblicken«, als nach ihr rufen! ...
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