Die blaue Reiterin im Murnauer Moos. C.-A. Rebaf
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Impressum
Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig. Alle namentlich genannten Personen sind frei erfunden.
Enthält Beschreibungen sexueller Handlungen und ist nur für Erwachsene.
Buchumschlag: Collage von C.-A. Rebaf auf Basis eines unsignierten Ölgemäldes von Reinhard Bienhaus († 2012) in Anlehnung an das Gemälde von Franz Marc: Blaues Pferd I.
Text und Buchumschlag: Alle Rechte bei C.-A. Rebaf 2019
Verlag: [email protected]
Meinem lieben Freund Ralf gewidmet
Die blaue Reiterin im Murnauer Moos
Sie jagte mit ihrem Schimmel über die Wiesen, die jetzt im Frühling - Ende Mai - wunderbar blühten: Blaue, weiße und zart gelbe Farben kontrastierten zu dem saftigen Grün der Gräser. Das Rot des Klatschmohns und das penetrante Gelb des Löwenzahns fehlten noch in der Malpalette des Frühlings, sie werden sich später dazu gesellen. Das Murnauer Moos zeigte ihr seine schönste Seite. Wenn ein Weidezaun in die Quere kam, nahm sie Anlauf und für Ajax, ihren Schimmelhengst war kein Hindernis zu hoch. Kommt es mir nur so vor oder mischt sich wirklich im Weiß seines Fells eine Spur von Blau? Der Hauch an Farbe, den ihr Malerfreund 'Marcsi‘', wie sie ihn scherzhaft nannte, auch so deutlich gesehen hatte, als er Ajax malte.
Das Leben wurde in dem Maße wieder lebenswerter, als die Radioaktivität der Umgebung mit den Jahren immer stärker zurück ging. Die Katastrophe, bei der über ganz Europa ein Hagel von Atombomben niederging, lag nun schon Jahrzehnte zurück. Der Regen brachte immer weniger Kontamination, auch aus Süden.
Anitra in einem blauen langen Leinenkleid, das im Gegenwind des flotten Ritts schmeichelnd über ihre Haut flatterte, fügte sich farblich sehr harmonisch in die Landschaft ein. Sie war glücklich an diesem wunderschönen Morgen. Hatte sie nicht allen Grund dazu? Sie, eine junge hübsche Frau mit brünetten Haaren, zum Rötlichen tendierend, die jetzt gerade in nassen Strähnen vom Kopf hingen. Sie hatte ein kurzes Bad im Kochelsee genommen. Hätte man nicht vom anderen Seeufer denken können, da schwimmt ein Füchslein? Es badete, obwohl das wegen der hohen Radioaktivität der Oberflächen-Gewässer nicht gerade angeraten war. Aber das war ihr egal, zumal sie sich einer blendenden Gesundheit erfreute. Kein Wunder alle jungen Menschen hatten ja spezielle Gene mit höchster Strahlenresistenz.
Das Blau ihres Kleides brachte ihr Gesicht zum Leuchten. War es nur ihr Kleid? Die Nacht hatte sie bei ihm in seinem Atelier verbracht und jetzt spürte sie ihre völlige Befriedigung zwischen ihren Beinen. Die Bewegung ihrer Beckens im Sattel, jetzt beim Trab oder später beim Galopp, war ein wunderbares Nachspiel. Frauen sind unendlich lange Genießerinnen. Das Spiel ihrer gespreizten Schenkel mit dem Sattel erregte sie schon wieder.
Gleichzeitig freute sie sich auf das Frühstück mit ihm. Sicherlich hatte er schon wieder aus dem Dorf frische Brötchen für sie besorgt, während sie aus lauter Lebensfreude ihre morgendliche Runde ritt. Ihr lief das Wasser im Munde zusammen. Vielleicht hatte er über Nacht auch wieder gearbeitet und überraschte sie mit einem neuen Werk auf der Staffelei. Sicher würde er sie von hinten in die Arme und mit seinen festen Händen ihre Brüste nehmen. Wie liebte sie diese Umarmungen, in die sie sich wie ein Kind fallen lassen konnte. Zuerst würde noch ein schmeichelnder Stoff zwischen ihm und ihr sein, dann würde er sie ausziehen und seine Haut würde die ihre berühren.
Die junge Malerin genoss nicht nur den intellektuellen Austausch mit diesem witzigen Kopf, dessen Fantasie geradezu überbordete. Anitra hatte im Gegenzug überschüssige Lebensenergie in Hülle und Fülle, um das auszugleichen, wo er schwach war.
Sie war aus München nach Süden in die Natur gezogen, als sie ihre beide Eltern verloren hatte. Es war ein sauberer Schnitt für sie: Kindheit und Jugend in München waren mit der Doppelbeerdigung vorbei. Die Eltern hatten sich auch nach vielen Ehejahren so geliebt, dass nach dem Tode der Mutter, ihr Vater nicht alleine weiterleben wollte. Er, der sich immer eine Doppelurne für sich und seine geliebte Frau gewünscht hatte, machte seinem Leben dann ganz schnell ein Ende. Danach erfüllte Anitra ihrer Eltern letzter Wille und durchmischte sowohl seine Asche als auch ihre Asche gründlich, bevor die gemeinsame Doppel-Urne in einer Friedhofswand zur letzten Ruhe fest eingemauert wurde. Die Tochter hatte kein inniges Verhältnis zu ihren Eltern. War das immer so in dieser Zeit, wo Kinder im Bunker geboren werden mussten?
Anitras eigentliches Leben startete dann in Murnau. Wieso ausgerechnet Murnau? Irgendetwas zog sie genau dorthin. Eine innere Stimme gebot ihr das.
Lakencourt der Warlord von Wolfratshausen
Er war ein grauer Panter und hatte bestimmt das 60ste Lebensjahr schon überschritten. Ein Mann wie ein Schrank. An seinen Fingern schwere Goldringe, an seinem einen Ohr hing ein roter Rubin so groß wie eine Eichel. Die übliche Anrede für ihn war 'My Lord'. Seine Aura entsprach der von 'Darth Vader'. Wenn ihn jemand zu sehen bekam, verbreitete sich Gänsehaut und der Himmel verdunkelte sich.
Ein speziell aufgemotzter 'Leopard II' war sein 'Dienstfahrzeug', mit dem er sich herum chauffieren ließ. An dem Geschützturm auf der gegenüber liegenden Seite des Kanonenrohrs war eine kleine Plattform angebracht auf der ein breiter Plüschsessel mit einem Baldachin darüber befestigt war. Das war sein Thron, der mit speziellen Stoßdämpfern bequem gefedert war.
Die militärische Insignien aller Armeen der Welt und aus allen Zeiten hatte er sich zu seinem Eigen gemacht: Ein weißer langer Seidenschal war um sein Hals gewunden und flatterte im Fahrtwind, wie bei den japanischen Admirälen des zweiten Weltkrieges. Seine dunkelbraune Lederuniform könnte direkt aus der russischen Oktoberrevolution entsprungen sein. Sicher wollte er dem berühmt-berüchtigten Panzerzugführer der Roten Armee mit dem Decknamen 'Strelnikow' ebenbürtig sein, wie er von Boris Pasternak in 'Doktor Schiwago' geschildert wird und in dem wunderbaren Film mit Geraldine Chaplin und Omar Sharif zu sehen ist. Sein Gefährt war blutrot angestrichen, auf der rechten Seite prangte der 'White Star' der US-Army auf der linken ein 'Eisernes Kreuz' der Wehrmacht.
Da die Versorgung mit Treibstoff immer noch nicht flächendeckend funktionierte, war am Heck des Panzers eine Stahlplattform angeschweißt, auf der drei Holzvergaser mit hohen Schornsteinen angebracht, verbunden mit dem Motor, um ausreichend Holzgas für den 1500 PS starken 12-Zylinder-PORSCHE-Dieselmotor zu erzeugen. Die drei Heizer, die die Öfen bedienen mussten, waren die ärmsten Schweine, quasi seine Sklaven. Lange hielten die nie durch, denn wenn einer nur ein wenig nachließ, traf ihn seine Pistolenkugel.
Manchmal hing ein Aufleger mit einem riesigen Stahltank hinter dem Panzer und versorgte den Motor dann direkt mit Biogas und die Schornsteine blieben kalt.