Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten. Frank Rehfeld
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Читать онлайн книгу Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten - Frank Rehfeld страница 40
"Ich habe einem der ihren einst das Leben gerettet", erklärte Maziroc. "Es ist schon lange her, aber immerhin. Wie du weißt, bin ich früher außerdem weit gereist und habe viele Bekanntschaften geschlossen, sodass mein Name selbst in Ravenhorst einen guten Klang besitzt. Außerdem machen die Zwerge einen Unterschied zwischen uns Magiern und den normalen Menschen. Sie gestehen uns eine meist weitaus höhere Bildung zu und siedeln uns deshalb auf einer höheren Kulturstufe an, sodass sie uns eines Gesprächs für würdig erachten und einen Gedankenaustausch mit einigen von uns gelegentlich sogar als anregend betrachten, was sie bei einem normalen Menschen nie tun würden."
"Und ich?", hakte der Gardesoldat erwartungsvoll nach. "Glaubst du, dass sie auch mich nach Ravenhorst lassen werden?"
"Ich hoffe es, da du meine Eskorte darstellst. Allerdings wird man dich dort weitgehend ignorieren, dessen musst du dir bewusst sein, und du solltest gar nicht erst versuchen, einem der Zwerge ein Gespräch aufzuzwingen. Damit würdest du nur seinen Zorn heraufbeschwören."
"Und was ist mit den Legenden über die Drachen?", wollte Pollus wissen. "Stimmt es wirklich, dass die Zwerge einige Drachen gezähmt haben und auf ihnen fliegen?"
Abwehrend hob der Magier die Hände. "Für heute reicht es erst einmal", sagte er und gähnte. "Wir können morgen weiter darüber sprechen. Es ist bereits spät, und wir sollten endlich schlafen."
"Aber ..."
"Kein aber jetzt mehr", fiel Maziroc ihm ins Wort, weil er wusste, dass die Neugier des Soldaten unbegrenzt war, und jeder Frage eine weitere folgen würde, solange man ihn gewähren ließ. Er stand von dem Baumstamm auf, griff nach seinen Decken und legte sich dicht neben dem Feuer nieder. "Schlaf jetzt. Morgen ist auch noch ein Tag, und er wird bestimmt nicht weniger anstrengend als der heutige werden. Vielleicht erreichen wir morgen sogar schon Ravenhorst."
*
Mit beinahe jedem Meter, den sie weiter vordrangen, wurde der Boden unter den Hufen ihrer Pferde morastiger. Nicht mehr lange, dann würden sie absitzen und die Tiere am Zügel führen müssen, wollten sie nicht Gefahr laufen, in ein Sumpfloch zu geraten und darin zu versinken, das sie vom Sattel aus nicht hatten entdecken können. Kein Zweifel, sie hatten die berüchtigten Todessümpfe erreicht, die Heimat des Zwergenvolkes.
"Bist du ganz sicher, dass wir hier richtig sind?", erkundigte sich Pollus misstrauisch.
"So sicher, wie man sich nur sein kann", entgegnete Maziroc.
"Aber hier ist weit und breit keine Straße, nicht einmal ein Trampelpfad. Wie kannst du dich hier bloß zurechtfinden? Für mich sieht es so aus, als wäre hier schon seit Jahren niemand mehr vorbeigekommen, wenn es hier überhaupt jemals einen Weg gegeben hat."
"Was hast du erwartet?", fragte Maziroc belustigt. "Eine Prachtallee, die durch den Sumpf direkt nach Ravenhorst führt? Ich sagte ja schon, die Zwerge sind ein eigensinniges Volk, das die Abgeschiedenheit liebt. Gerade deshalb haben sie sich mitten in den Todessümpfen niedergelassen. Welchen besseren Schutz als diese unwirtliche und gefährliche Gegend kann es geben, um unwillkommene Besucher abzuschrecken? Nur Eingeweihte sollen den Weg zu ihnen finden."
"Hm", brummte der Soldat. Er wirkte nicht allzu überzeugt. Voller Misstrauen blickte er sich um und erschlug in einer fast schon zur Routine gewordenen Bewegung eine Mücke an seinem Hals. "Mir gefällt das alles hier nicht."
Gefallen, wiederholte Maziroc in Gedanken. Was diesen Punkt betraf, so konnte er Pollus durchaus zustimmen. Die Gegend war auch nach seinem Geschmack nicht gerade ein Paradies. Es gab zahlreiche Schlammtümpel, die zum Teil so trügerisch mit breithalmigem Schilfgras und schwimmenden Pflanzen bedeckt waren, dass sie kaum zu erkennen waren. Das Tageslicht schien nur gedämpft durch das dichte Blätterdach der dschungelartigen Bäume und hohen Farngewächse, sodass hier unten stets nur ein dämmeriges, irgendwie gespenstisch wirkendes Zwielicht herrschte. Moos und Schlingpflanzen hatten die meisten Bäume überwuchert und ließen sie stellenweise fast wie bizarre, fremdartige Gestalten aussehen; stumme Wächter, die sie durch ihre bloße Gegenwart zu ermahnen schienen, nicht weiterzugehen. Dazu passte auch der Bodennebel, der hier vielfach noch nistete und sich hartnäckig weigerte, sich aufzulösen. Die träge dahintreibenden Schwaden verstärkten den Eindruck des Unheimlichen noch.
Die Luft war feuchtwarm, so schwül und drückend, dass sie wie eine erstickende Decke über allem zu lasten schien und einem bei jeder Anstrengung den Schweiß auf die Stirn trieb. Auch die Fauna der Todessümpfe, die unter diesen klimatischen Bedingungen gedieh, war nicht unbedingt nach Mazirocs Geschmack. In erster Linie bestand sie aus Insekten. Ganze Schwärme blutsaugender Mücken tanzten umher, und immer wieder wurden die beiden Reiter gestochen. Aber auch die restliche Tierwelt war nicht gerade anheimelnd, sah man von einigen farbenfrohen Vögeln auf den Zweigen der Bäume ab. Es wimmelte nur so von Schlangen und verschiedenen echsenartigen Tieren, von denen Maziroc trotz seiner früheren Besuche hier die meisten Arten noch nie zuvor gesehen hatte und nicht einmal wusste, wie sie hießen. Es interessierte ihn auch nicht weiter.
Nein, dachte er. Auch ihm gefiel es hier nicht gerade. Aber schließlich waren sie ja auch nicht hier, um Urlaub zu machen.
"Ein bisschen Abgeschiedenheit mag ja ganz schön sein", sprach Pollus weiter. "Auch ich könnte nicht jeden Tag nur ausgelassenen Trubel um mich herum ertragen. Aber muss man deswegen denn gleich in die wahrscheinlich ungastlichste Gegend von ganz Arcana ziehen? Nein, nein, also für mich wäre das nichts. Diese Zwerge müssen ein ausgesprochen merkwürdiges Völkchen sein."
In dieser Art sprach er weiter, doch nach einiger Zeit hörte Maziroc gar nicht mehr zu. Die Worte waren auch nicht direkt an ihn gerichtet. Im Grunde führte Pollus nur Selbstgespräche, plapperte vor sich hin, um sich von seinem eigenen Unbehagen abzulenken. Da er darüber sogar vergaß, ihn mit weiteren Fragen zu bombardieren, war es dem Magier sogar ganz recht so.
Immer wieder glitten Mazirocs Gedanken zu Charalon, Eibon und seinen anderen ursprünglichen Begleitern. Er hatte gesehen, dass die Flucht vom Hof zahlreiche Opfer gekostet hatte, aber er hoffte auch, dass möglichst viele überlebt hatten, vor allem Charalon, mit dem ihn eine langjährige Freundschaft verband.
Hier, in den Todessümpfen, konnte man glauben, sich am Ende der Welt zu befinden, weit abgeschieden von allem anderen, als ob es einen nichts anginge, was in der übrigen Welt geschah. In Wahrheit jedoch interessierte es Maziroc brennend, auch wenn er zurzeit keine Möglichkeit besaß, etwas darüber zu erfahren.
Wahrscheinlich hatten bereits überall auf Arcana die Vorbereitungen für den Krieg begonnen. Es würde ein Krieg werden, der alles bisherige weit in den Schatten stellte, schlimmer, als ihn diese Welt je gesehen hatte. Arcana war in vielerlei Hinsicht eine gewalttätige Welt, auf der mancherorts allein das Recht des Stärkeren galt und ein Mann, der sein Schwert gut genug zu führen verstand, sich beinahe alle Freiheiten herausnehmen konnte. Eine Welt voller Wegelagerer und Räuberbanden, die sich zum Teil nun auch noch untereinander zu organisieren begannen, wie sich am Beispiel der Hornmänner zeigte. Eine Welt unterschiedlich bedeutender Reiche, an deren Spitze starke und schwache Herrscher standen, aber auch zahlloser kleiner Fürstentümer und Stadtstaaten, die von zum Teil tyrannischen Fürsten und Statthaltern regiert wurden, die voller Neid auf den Reichtum anderer blickten, sodass es immer wieder zu Kriegen kam.
Gemessen an dem, was nun bevorstand, waren dies jedoch alles nur kleine Scharmützel. Wirklich große Kriege hatte Arcana schon seit Jahrhunderten nicht mehr erlebt, vielleicht seit Jahrtausenden, denn Maziroc hatte selbst in den ältesten Büchern und Folianten keine entsprechenden Aufzeichnungen