Strafrecht Besonderer Teil. Группа авторов

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besonders erschwerende persönliche Umstände (vgl. § 28 Abs. 2 StGB) [hinzukämen]; ein solches Verhältnis [entspräche] nach der üblichen Systematik demjenigen zwischen Grunddelikt und Qualifikation.«[25] Ob der BGH mit diesem obiter dictum tatsächlich eine grundlegende Änderung seiner Rechtsprechung zum Verhältnis von Mord und Totschlag eingeleitet hat, bleibt indes abzuwarten.[26] Bis zu einer neuen Grundsatzentscheidung ist die alte Rechtsprechung jedenfalls nicht als überholt zu betrachten.

      |7|bb) Auffassung der Literatur

      13Das Schrifttum geht nahezu einhellig davon aus, dass § 212 StGB den Grundtatbestand der vorsätzlichen Tötung darstellt, zu dem § 211 StGB im Verhältnis eines Qualifikationstatbestandes steht, während § 216 StGB einen privilegierten Fall des Totschlags enthält. Zwischen §§ 216, 212 und 211 StGB besteht nach dieser Auffassung ein Stufenverhältnis.[27]

      14Für die Auffassung der Literatur spricht zunächst, dass der dogmatische Ansatz des BGH maßgeblich an die vermeintliche Existenz unterschiedlicher Tätertypen (»Mörder« – »Totschläger«) anknüpft und damit auf der längst überholten Tätertypenlehre beruht.[28] Die negative Formulierung in § 212 StGB (»ohne Mörder zu sein«) stellt kein eigenes Tatbestandsmerkmal dar, sondern dient nur der Klarstellung und Abgrenzung zu § 211 StGB und dessen im Vergleich zum Totschlag zusätzlichen Tatbestandsmerkmalen.[29] Zudem beinhaltet § 211 StGB den gesamten Unrechtsgehalt von § 212 StGB und schützt das identische Rechtsgut.[30] Die zusätzlichen Merkmale des § 211 StGB fügen lediglich weitere unrechtssteigernde Merkmale zum Tatbestand des Totschlags hinzu, sodass die §§ 211, 212 StGB vom typischen Verhältnis zwischen Grund- und Qualifikationstatbestand nicht abweichen.[31] Dafür, dass zwischen den verschiedenen Stufen keine qualitative Differenz im (Tötungs-)Unrecht besteht, spricht auch die Abstufung der Rechtsfolgen zwischen den §§ 211, 212, 216 StGB.[32] Die ungewöhnliche Stellung der Qualifikation (§ 211 StGB) vor dem Grundtatbestand (§ 212 StGB) hat keine dogmatischen, sondern historische Gründe.[33]

      cc) Konsequenzen für die Fallbearbeitung

      15Die Frage, ob der Mord im Verhältnis zum Totschlag ein eigenständiges Delikt darstellt, hat maßgebliche Auswirkungen für den Aufbau des Gutachtens. Folgt man der vorzugswürdigen Literaturauffassung, sollte mit der Prüfung des Grundtatbestandes in § 212 StGB begonnen und im Falle dessen Verwirklichung anschließend der Frage nachgegangen werden, ob der Täter eines der in § 211 StGB bezeichneten Mordmerkmale erfüllt hat. Ist bereits § 212 StGB nicht verwirklicht, entfällt demgegenüber die Prüfung von § 211 StGB.[34] Ist |8|§ 212 StGB unproblematisch gegeben und liegen die Schwerpunkte des Sachverhaltes eindeutig auf der Prüfung einzelner Mordmerkmale, kann auch eine gemeinsame Prüfung der §§ 212, 211 StGB angezeigt sein, wobei sich der Aufbau in diesem Fall danach richtet, ob täter- oder tatbezogene Mordmerkmale zu prüfen sind. Wer der Auffassung der Rechtsprechung folgt, muss wegen der höheren Strafandrohung des § 211 StGB konsequenterweise mit der Prüfung des (dann als eigenständig zu betrachtenden) Mordtatbestandes beginnen.

      16Die sich im Übrigen aus der Auseinandersetzung ergebenden Fragestellungen im Zusammenhang mit der Anwendung von § 28 StGB werden detailliert in Rn. 85ff. dargestellt.

      2. Totschlag (§§ 212f. StGB)

      17§ 212 StGB sanktioniert die vorsätzlich begangene Tötung eines Menschen. Die Tatbestandsmäßigkeit beschränkt sich auf die vom Vorsatz des Täters umfasste Herbeiführung des tatbestandlichen Erfolges; die im Gesetz genannten Merkmale »Totschläger« und »ohne Mörder zu sein« sind ohne Bedeutung und bedürfen keiner eigenständigen Prüfung.[35] § 212 Abs. 1 StGB stellt ein Verbrechen dar und kann daher auch in Form des strafbaren Versuchs begegnen. Abs. 2 der Vorschrift enthält einen unbenannten besonders schweren Fall, bei dessen Vorliegen auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen ist. Demgegenüber sieht § 213 StGB eine obligatorische Strafmilderung bei Vorliegen des darin ausdrücklich benannten oder eines sonstigen minder schweren Falles vor.

      18Tab. 1: Prüfungsaufbau §§ 212f. StGB

      |9|a) Grundtatbestand der vorsätzlichen Tötung

      aa) Objektiver Tatbestand

      19Die Prüfung des objektiven Tatbestandes ist auf die Feststellung beschränkt, dass der Täter den Tod einen anderen Menschen in objektiv zurechenbarer Weise verursacht hat. Hierbei reichen kurzfristige Lebensverkürzungen aus, so dass auch die Tötung eines bereits im Sterben Liegenden grundsätzlich von § 212 StGB erfasst wird, soweit durch die Tathandlung dessen Leben weiter verkürzt wird.[36] Im Übrigen sind Probleme im Bereich des objektiven Tatbestandes von § 212 StGB in der Regel im Bereich der Kausalität und objektiven Zurechnung und damit im Allgemeinen Teil des Strafrechts angesiedelt.[37] In diesem Zusammenhang kann auch eine Tatbestandsverwirklichung durch Unterlassen zu prüfen sein, wenn ein Garant unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 StGB den Eintritt des Todeserfolges nicht verhindert.

      bb) Subjektiver Tatbestand

      20(1) Einführung in die Problemstellung: In subjektiver Hinsicht setzt § 212 StGB vorsätzliches Handeln voraus. Die Feststellung des zumindest erforderlichen dolus eventualis und die damit einhergehende Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit bereiten häufig erhebliche Schwierigkeiten. In der gerichtlichen Praxis wird die Problematik insbesondere dann virulent, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Täter eines der in § 211 StGB normierten Mordmerkmale erfüllt hat. Da in diesem Fall bei Bejahung des Tötungsvorsatzes allein die Verhängung der in § 211 StGB angeordneten lebenslangen Freiheitsstrafe in Betracht kommt, ist vor dem Hintergrund der hieran geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken (hierzu noch Rn. 30ff.) eine besonders sorgfältige Prüfung der subjektiven Strafbarkeitsvoraussetzungen angezeigt.

      21(2) Zur »Hemmschwellentheorie«: Im Ausgangspunkt ist die Abgrenzung zwischen dolus eventualis und bewusster Fahrlässigkeit auch an dieser Stelle auf der Grundlage der vorherrschenden Ernstnahme- oder Billigungstheorie vorzunehmen. Hiernach handelt der Täter grundsätzlich dann vorsätzlich, wenn er den für möglich gehaltenen Erfolgseintritt billigend in Kauf nimmt, wobei auch ein an sich unerwünschter Erfolg im Rechtssinn gebilligt werden kann.[38] Als wesentliches Indiz für die Billigung eines für möglich gehaltenen Todeseintritts dient den Gerichten häufig eine gesteigerte Gefährlichkeit der Tathandlung. So liegt es nach »der ständigen Rechtsprechung des BGH […] bei äußert gefährlichen Gewalthandlungen nahe, dass der Täter mit der Möglichkeit, das Opfer könne durch diese zu Tode kommen, rechnet und, weil er |10|gleichwohl sein gefährliches Handeln fortsetzt, auch einen solchen Erfolg billigend in Kauf nimmt.«[39] Als besonders gefährliche Gewalthandlungen in diesem Sinne sind beispielsweise kräftig ausgeführte Messerstiche in die Herzgegend bzw. aus nächster Nähe abgegebene Schüsse auf den Kopf des Tatopfers einzustufen.[40] Der Rückschluss von der Gefährlichkeit der Tathandlung auf das Vorliegen des Tötungsvorsatzes soll jedoch nicht uneingeschränkt zulässig sein. Denn es ist stets »in Betracht zu ziehen, dass der Täter im Einzelfall die Gefahr der Tötung nicht erkannt hat oder jedenfalls darauf vertraut haben könnte, ein solcher Erfolg werde nicht eintreten. Insbesondere bei spontanen, unüberlegten, in affektiver Erregung ausgeführten Handlungen kann aus dem Wissen um den möglichen Erfolgseintritt nicht stets geschlossen werden, das auch das – selbständig neben dem Wissenselement stehende – voluntative Vorsatzelement gegeben ist.«[41] Den hierin zum Ausdruck gebrachten Standpunkt, die besondere Gefährlichkeit einer Tathandlung reiche für sich genommen nicht aus, um den Tötungsvorsatz ohne Weiteres zu bejahen, hat der BGH in anderem Zusammenhang

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