Gesellschaftsrecht II. Recht der Kapitalgesellschaften. Ulrich Wackerbarth
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b) Haftung nach § 31 Abs. 6 GmbHG
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Zu beachten ist noch § 31 Abs. 6 GmbHG. Die Vorschrift ordnet die Haftung des Geschäftsführers zugunsten der mithaftenden Mitgesellschafter an. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass in erster Linie der Geschäftsführer Kassenwalter der Gesellschaft ist. Wenn um der Seriosität der GmbH willen der Gesetzgeber eine Ausfallhaftung der Mitgesellschafter anordnet (Rn. 212), dann sollen diese den handelnden Geschäftsführer wenigstens in Regress nehmen oder sich von ihm freistellen lassen können. Denn unter Umständen wussten sie ja nichts von der verbotenen Auszahlung an den nun nicht mehr zu belangenden Empfänger der verbotenen Zuwendung, der Geschäftsführer ist hingegen stets „näher dran“.
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Daraus ergibt sich: Wenn dem Geschäftsführer ein Verschuldensvorwurf bezüglich der Auszahlung zu machen ist (und das wird in aller Regel der Fall sein), so haftet er im Ergebnis neben dem empfangenden Gesellschafter allein (d.h. noch vor den unbeteiligten Mitgesellschaftern, die von ihm ja nach § 31 Abs. 6 GmbHG Freistellung von ihrer Haftung verlangen können) für die Rückzahlung der verbotenen Auszahlung. Ist aber bei dem Geschäftsführer nichts zu holen, so haften die Mitgesellschafter.
Im Fall 12 hülfe § 31 Abs. 6 GmbHG dem T in seiner Rolle als Gesellschafter (vgl. Rn. 212) nichts, weil er ja nur bei sich selbst als Geschäftsführer Regress nehmen könnte. Wenn aber etwa ein weiterer mithaftender Gesellschafter (z.B. Y) vorhanden gewesen wäre, so könnte dieser Gesellschafter unter Umständen bei T nach § 31 Abs. 6 GmbHG Regress nehmen.
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Lösung zu Fall 12:
1. S-GmbH gegen S aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB?
Da kein Vertrag zwischen der S-GmbH und S geschlossen wurde, scheiden vertragliche Ansprüche aus.
2. S-GmbH gegen S aus § 31 Abs. 1 GmbHG
a) Voraussetzung: Verstoß gegen § 30 GmbHG durch S
Es müsste zunächst eine Zuwendung an S vorliegen. Hier hat jedoch E das Darlehen erhalten. E ist weder unmittelbare oder mittelbare Gesellschafterin, sie soll im Übrigen das Geld auch tatsächlich selbst erhalten und nicht etwa an S weiterleiten. § 30 GmbHG kann also nicht unter Umgehungsgesichtspunkten angewendet werden, da E nicht Strohfrau des S ist.
Dem S könnte aber die Zuwendung an seine Ehefrau gem. §§ 89, 115 AktG analog als Zuwendung an sich selbst zuzurechnen sein. Der Rechtsgedanke dieser Vorschriften ist eigentlich nur dann einschlägig, wenn E die Ehefrau des Geschäftsführers T wäre. Andererseits erklärt § 89 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 2 AktG die Kreditbeschränkungen für Vorstandsmitglieder auch dann für anwendbar, wenn der Ehefrau des Vorstands eines beherrschenden Unternehmens (und dieses ist in aller Regel ein Gesellschafter) Kredit gewährt wird. Insoweit kann man in § 89 Abs. 3 AktG einen auch hier maßgebenden Umgehungsgedanken erkennen. Denn S kann ja mit 75 % die GmbH beherrschen. Danach muss sich S so behandeln lassen, als sei der Kredit an ihn erfolgt.[34]
b) Zuwendung in der Unterbilanz?
aa) Zuwendung oder bloßer Aktiventausch?
Es müsste ferner überhaupt eine Zuwendung erfolgt sein. Hier wurde lediglich ein Darlehen ausgereicht. Eine Kreditgewährung ist bilanziell ganz allgemein problematisch. Grundsätzlich handelt es sich nämlich nur um einen Aktiventausch: Die Gesellschaft verliert Bargeld, gewinnt aber eine Forderung gegen den Darlehensnehmer in gleicher Höhe (sowie zusätzlich eine Forderung auf die Zinsen).
In unserem Fall aber ist die Situation anders: E war mittellos, die Gesellschaft hat keine Sicherheiten erhalten, der Rückzahlungsanspruch gegen E aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB ist weitgehend wertlos, von einem Aktiventausch kann daher nicht gesprochen werden.
Daher liegt im Sachverhalt eine verdeckte Zuwendung an S vor (+).
Anm.: Der Sachverhalt wirft noch ein weiteres Problem auf: Auf wen kommt es an, auf die Mittellosigkeit der E oder auf die Kreditwürdigkeit des S? Man denke darüber nach, bevor man weiterliest … Antwort: Wenn man schon eine Haftung des S wegen der Zuwendung an die E in Betracht zieht, dann hat es keinen Sinn, auf seine Kreditwürdigkeit abzustellen – er ist ja selbst aus § 488 Abs. 1 S. 2 BGB gerade nicht zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet, sondern soll über die Regeln der Kapitalerhaltung erst haftbar werden.
Die für die Frage der Kapitalerhaltung heranzuziehende, sozusagen „richtige“ Bilanz nachher sieht also hier wie folgt aus:
Bilanz nachher | Aktiva | Passiva | |
450.000 (Geld) | 100.000 (SK) | ||
-50.000 (Fehlbetrag) | |||
400.000 |
bb) in der Unterbilanz
Die Zuwendung muss zu einer Unterbilanz der GmbH geführt haben oder „in der Unterbilanz“ der Gesellschaft vorgenommen worden sein. Wenn man nach dem unter aa) Gesagten von einer Zuwendung (an S) in Höhe von 50.000 € ausgeht, dann ergibt die Betrachtung des bilanziellen Vermögens der GmbH, dass diese Zuwendung zu einer Unterbilanz führte, da nach der Auszahlung das Aktivvermögen der GmbH 450.000 € war, die Verbindlichkeiten hingegen 400.000 € betrugen, und damit nicht mehr ein zur Erhaltung des Stammkapitals (100.000 €) erforderlicher Vermögensüberschuss vorhanden war.
c) Ergebnis:
Da eine gegen § 30 GmbHG verstoßende Zuwendung an S vorlag, besteht ein Anspruch der S-GmbH gegen S aus § 31 Abs. 1 GmbHG in Höhe von 50.000 €.
3. S-GmbH gegen T aus § 31 Abs. 3 S. 1 GmbHG
Voraussetzung des Anspruchs ist zunächst ein Verstoß gegen § 30 GmbH. Dieser liegt vor, siehe soeben 2. Ferner muss T Gesellschafter der S-GmbH sein. Schließlich ist erforderlich, dass von S keine Befriedigung zu erwarten ist. Dafür bestehen hier keine Anhaltspunkte, ein Anspruch gegen T in seiner Eigenschaft als Gesellschafter scheidet daher hier aus (siehe zu seiner Haftung im Falle mangelnder Solvenz des S Rn. 213 f.).
4. S-GmbH gegen T aus § 43 Abs. 3 GmbHG
Voraussetzung ist zunächst ein Verstoß gegen § 30 GmbH durch T, dieser ist in der Auszahlung des Darlehens an E zu sehen. Erforderlich ist ferner, dass dem T in seiner Rolle als Geschäftsführer ein Verschuldensvorwurf zu machen ist, § 43 Abs. 2 GmbHG.