Anna Karenina, 2. Band. Лев Толстой

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Anna Karenina, 2. Band - Лев Толстой

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und gutmütigen Art.

      „Da haben wir es ja,“ sagte Katawasoff mit seiner, auf dem Katheder angenommenen Art, die Worte zu dehnen, „welch ein tüchtiger Bursch unser Freund Konstantin Dmitritsch ist. Ich spreche von dem Abwesenden natürlich, denn er ist schon gar nicht mehr hier. Erst liebte er die Wissenschaft, und nach seinem Abschied von der Universität pflegte er menschliche Interessen; jetzt verwendet er die eine Hälfte seiner Fähigkeiten darauf, sich selbst zu betrügen, und die andere – um diesen Betrug zu rechtfertigen.“

      „Einen entschiedeneren Feind des Heiratens, als Euch, habe ich noch nicht gesehen,“ sagte Sergey Iwanowitsch.

      „O nein; ich bin kein Feind davon; ich bin vielmehr ein Freund der Arbeitsteilung. Die Menschen, welche selbst nichts fertig bringen können, müssen Menschen hervorbringen, und die übrigen – müssen zu deren Aufklärung und Beglückung wirken. So fasse ich die Sache auf. Für die Mischung dieser beiden Berufszweige giebt es ja eine Unmasse von Liebhabern, ich aber gehöre nicht unter die Zahl derselben.“

      „Wie glücklich würde ich sein, wenn ich einmal erführe, daß Ihr Euch verliebt hättet,“ sagte Lewin, „ladet mich nur ja zur Hochzeit ein!“

      „Ich bin schon verliebt.“

      „Ja, ja, vielleicht in einen Tintenfisch. Du weißt doch,“ wandte sich Lewin an seinen Bruder, „daß Michail Ssemionowitsch ein Werk über Ernährung schreibt und“ —

      „Nun; nur nichts durcheinanderbringen! Das ist doch ganz gleich. Es handelt sich jetzt nur darum, daß ich wirklich einen Tintenfisch lieben soll.“

      „Das hindert Euch aber nicht, auch ein Weib zu lieben.“

      „Er nicht, aber das Weib hindert.“

      „Inwiefern denn.“

      „Ihr werdet es schon noch sehen. Ihr liebt das Landleben, die Jagd – paßt nur auf!“

      „Archip war heute hier und meldete, daß eine Masse Elentiere in Prudno wären, und zwei Bären,“ sagte jetzt Tschirikoff.

      „Nun; die müßt Ihr schon ohne mich fangen.“

      „Ganz richtig,“ sagte Sergey Iwanowitsch, „empfehle dich nur gleich von vornherein der Bärenjagd – deine Frau wird dich nicht mehr fortlassen.“

      Lewin lächelte. Der Gedanke, daß seine Frau ihn nicht mehr zur Bärenjagd lassen würde, war ihm so angenehm, daß er bereit war, dem Vergnügen, Bären zu sehen, für immer zu entsagen.

      „Aber es ist doch schade, daß diese beiden Bären ohne Euch erlegt werden. Besinnt Ihr Euch noch, das letzte Mal in Chapilowo? Das war eine wunderbare Jagd,“ sagte Tschirikoff.

      Lewin wollte ihn nicht ernüchtern, indem er sagte, daß es auch ohne die Bärenjagd noch manches Schöne geben könne und antwortete daher nicht.

      „Nicht unnützerweise hat sich diese Sitte des Abschiednehmens vom Junggesellenleben eingebürgert,“ sagte Sergey Iwanowitsch, „wie glücklich du auch sein magst, schade ist es doch um die verlorene Freiheit. Gesteht nur, man hat dabei ein Gefühl wie der Gogolsche Bräutigam, daß man durch das Fenster hinausspringen möchte.“

      „Natürlich ist es so, aber er will es nur nicht zugeben,“ sagte Katawasoff und brach in lautes Gelächter aus.

      „Was denn! Das Fenster ist ja noch geöffnet! Fahren wir sogleich nach Twjerj! Dort ist eine Bärin, zu der können wir ins Lager. Fahren wir mit dem Fünfuhrzug. Dort macht man was man will,“ meinte Tschirikoff lächelnd.

      „Nun, bei Gott,“ antwortete Lewin lächelnd, „ich kann in meinem Innern dieses Gefühl des Bedauerns über meine verlorne Freiheit nicht finden.“

      „Ja, in Eurer Seele ist jetzt aber auch ein solches Chaos, daß Ihr überhaupt nichts darin finden könnt,“ sagte Katawasoff, „wartet nur, wenn Ihr erst ein klein wenig mit Euch ins klare gekommen sein werdet, dann werdet Ihr es schon finden.“

      „Nein, fühlte ich auch nur im geringsten, daß es außer meinem Gefühl,“ – von Liebe wollte er vor dem Freunde nicht reden, „noch ein Glück gäbe, dann wäre es schade, die Freiheit zu verlieren – aber im Gegenteil, ich freue mich sogar über diesen Verlust meiner Freiheit!“

      „Schlimm! Ein hoffnungslos Verlorener!“ sagte Katawasoff, „nun, trinken wir auf seine Genesung, oder wünschen wir ihm nur, daß wenigstens ein Hundertstel seiner Träume in Erfüllung gehe. Schon dies wird ein Glück werden, wie es nie auf der Erde existiert hat.“

      Bald nach dem Essen verabschiedeten sich die Gäste, um zur Hochzeitsfeier Toilette zu machen.

      Allein zurückgeblieben und sich die Gespräche dieser Hagestolze vergegenwärtigend, frug sich Lewin noch einmal, ob er denn wirklich dieses Gefühl des Bedauerns über den Verlust seiner Freiheit in der Seele habe, von dem sie gesprochen. Er lächelte bei dieser Frage. „Freiheit? Warum Freiheit? Das Glück besteht allein darin, daß man liebt, wünscht und denkt mit ihren Wünschen, ihren Gedanken, das heißt, ohne jede Freiheit – dies ist das Glück! – Aber kenne ich denn ihre Gedanken, ihre Wünsche, ihre Gefühle?“ flüsterte ihm plötzlich eine Stimme zu. Das Lächeln verschwand von seinem Gesicht und er versank in Nachdenken. Plötzlich hatte ihn eine seltsame Stimmung erfaßt, es überkam ihn Furcht und Zweifel – ein Zweifel an allem. – „Wie, wenn sie mich gar nicht liebte? Wie, wenn sie mich nur deswegen heiratete, um sich eben zu verheiraten? Oder, wenn sie gar selbst nicht wüßte, was sie thut?“ frug er sich. „Sie kann zur Erkenntnis kommen und, kaum verheiratet erkennen, daß sie gar nicht liebt, mich nicht lieben kann?“ Die seltsamsten und schlimmsten Ideen über sie begannen ihm aufzutauchen. Er war eifersüchtig auf sie gegen Wronskiy, wie ein Jahr zuvor; als ob jener Abend, an welchem er sie bei Wronskiy gesehen hatte, erst gestern gewesen wäre. Er argwöhnte, daß sie ihm nicht alles gesagt habe, und er sprang schnell auf. „Nein, so geht es nicht!“ sprach er voll Verzweiflung zu sich. „Ich werde zu ihr gehen, sie fragen, und ein letztes Mal ihr sagen: Wir sind noch frei, ist es nicht besser, es zu bleiben? Es wäre dies doch besser, als ein ewiges Unglück, als Schande und Untreue!“ Verzweiflung im Herzen und voll Zorn gegen die ganze Menschheit, auf sich und sie, verließ er das Hotel und fuhr zu ihr.

      Er traf sie in den Hinterzimmern. Sie saß auf einem Koffer und traf mit einer Dienerin Anordnungen, einen Haufen verschiedenartiger Kleider durchmusternd, welche auf den Rücklehnen der Stühle und auf dem Fußboden ausgebreitet lagen.

      „Ah!“ rief sie, ihn erblickend, und ihr Gesicht erstrahlte vor Freude. „Wie kommst du – wie kommt Ihr“ – bis zu diesem letzten Tage hatte sie bald „du“, bald „Ihr“ zu ihm gesagt – „das habe ich nicht erwartet. Ich mustere soeben meine Mädchenkleider, für wen das Eine oder Andere“ —

      „Ach, sehr gut!“ antwortete er düster, auf die Zofe blickend.

      „Geh hinaus, Dunjascha, ich werde dich dann rufen,“ sagte Kity. „Was ist dir?“ frug sie, ihn unbedenklich mit „du“ ansprechend, sobald das Mädchen gegangen war. Sie bemerkte sein seltsames Gesicht, welches aufgeregt und düster aussah, und ein Schrecken befiel sie.

      „Kity; ich leide. Ich kann aber nicht allein leiden,“ sprach er, Verzweiflung in der Stimme, blieb vor ihr stehen und schaute ihr beschwörend in die Augen. Er hatte schon an ihrem liebevollen, treuherzigen Gesicht gesehen, daß sich nichts aus dem ergeben werde, was er ihr zu sagen beabsichtigte, aber gleichwohl hatte er das Bedürfnis, von ihr selbst seine Zweifel zerstreut zu sehen. „Ich bin gekommen, dir zu sagen, daß es noch nicht zu spät ist, daß alles wieder aufgehoben und

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