Ein Kampf um Rom. Felix Dahn

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Ein Kampf um Rom - Felix  Dahn

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ich opfern, was ich bin und habe, wollt ihr das, könnt ihr das!«

      »Ja, das will ich, ja, das kann ich!« sprachen die vier Männer.

      »Wohl«, fuhr der Alte fort, »das ist gut. Aber Teja hat recht: nicht alle Goten fühlen das jetzt, heute schon, wie wir, und doch müssen es alle fühlen, wenn es helfen soll. Darum gelobet mir, von heut an unablässig euch selbst und alle unsres Volkes, mit denen ihr lebt und handelt, zu erfüllen mit dem Hauch dieser Stunde. Vielen, vielen hat der fremde Glanz die Augen geblendet: viele haben griechische Kleider angetan und römische Gedanken: sie schämen sich, Barbaren zu heißen: sie wollen vergessen und vergessen machen, daß sie Goten sind — wehe über die Toren!

      Sie haben das Herz aus ihrer Brust gerissen und wollen leben, sie sind wie Blätter, die sich stolz vom Stamme gelöst, und der Wind wird kommen und wird sie verwehen in Schlamm und Pfützen, daß sie verfaulen: aber der Stamm wird stehen mitten im Sturm und wird lebendig erhalten, was treu an ihm haftet. Darum sollt ihr euer Volk wecken und mahnen überall und immer. Den Knaben erzählt die Sagen der Väter, von den Hunnenschlachten, von den Römersiegen: den Männern zeigt die drohende Gefahr und wie nur das Volkstum unser Schild: eure Schwestern ermahnt, daß sie keinen Römer umarmen und keinen Römling: eure Bräute, eure Weiber lehrt, daß sie alles, sich selbst und euch opfern dem Glück der guten Goten, auf daß, wenn die Feinde kommen, sie finden ein starkes Volk, stolz, einig, fest, daran sie zerschellen sollen wie die Wogen am Fels. Wollt ihr mir dazu helfen?«

      »Ja«, sprachen sie, »das wollen wir.«

      »Ich glaube euch«, fuhr der Alte fort, »glaube eurem bloßen Wort. Nicht um euch fester zu binden — denn was bände den Falschen? —, sondern weil ich treu hänge an altem Brauch und weil besser gedeiht, was geschieht nach Sitte der Väter — folget mir.«

      ZWEITES KAPITEL

      Mit diesen Worten nahm er die Fackel von der Säule und schritt quer durch den Innenraum, die Cella des Tempels, vorüber an dem zerfallenen Hauptaltar, vorbei an den Postamenten der lang herabgestürzten Götterbilder nach der Hinterseite des Gebäudes, dem Posticum. Schweigend folgten die Geladenen dem Alten, der sie über die Stufen hinunter ins Freie führte.

      Nach einigen Schritten standen sie unter einer uralten Steineiche, deren mächtiges Geäst wie ein Dach Sturm und Regen abhielt. Unter diesem Baum bot sich ihnen ein seltsamer Anblick, der aber die gotischen Männer sofort an eine alte Sitte aus dem grauen Heidentum, aus der fernen nordischen Heimat gemahnte. Unter der Eiche war ein Streifen des dichten Rasens aufgeschlitzt, nur einen Fuß breit, aber mehrere Ellen lang, die beiden Enden des Streifens hafteten noch locker am Grunde: in der Mitte war der Rasengürtel auf drei ungleich in die Erde gerammte hohe Speere emporgespreizt, in der Mitte von dem längsten Speer gestützt, so daß die Vorrichtung ein Dreieck bildete, unter dessen Dach zwischen den Speersäulen mehrere Männer bequem stehen konnten. In der so gewonnenen Erdritze stand ein eherner Kessel, mit Wasser gefüllt, daneben lag ein spitzes und scharfes Schlachtmesser, uralt: das Heft vom Horn des Auerstiers, die Klinge von Feuerstein. Der Greis trat nun heran, stieß die Fackel dicht neben dem Kessel in die Erde, stieg dann, mit dem rechten Fuß voraus, in die Grube, wandte sich gegen Osten und neigte das Haupt: dann winkte er die Freunde zu sich, mit dem Finger am Mund ihnen Schweigen bedeutend. Lautlos traten die Männer in die Rinne und stellten sich, Witichis und Teja zu seiner Linken, die beiden Brüder zu seiner Rechten, und alle fünf reichten sich die Hände zu einer feierlichen Kette. Dann ließ der Alte Witichis und Hildebad, die ihm zunächst standen, los und kniete nieder. Zuerst raffte er eine Handvoll der schwarzen Walderde auf und warf sie über die linke Schulter. Dann griff er mit der andern Hand in den Kessel und sprengte das Wasser rechts hinter sich. Darauf blies er in die wehende Nachtluft, die sausend in seinen langen Bart wehte. Endlich schwang er die Fackel von der Rechten zur Linken über sein Haupt. Dann steckte er sie wieder in die Erde und sprach murmelnd vor sich hin:

      »Höre mich an, alte Erde, wallendes Wasser, leichte Luft, flackernde Flamme! Höret mich wohl und bewahret mein Wort: Hier stehen fünf Männer vom Geschlechte des Gaut, Teja und Totila, Hildebad und Hildebrand und Witichis, Waltaris Sohn.

      Wir stehen hier in stiller Stunde,

      Zu binden einen Bund von Blutsbrüdern,

      Für immer und ewig und alle Tage.

      Wir sollen uns sein wie Sippegesellen

      In Frieden und Fehde, in Rache und Recht.

      Ein Hoffen, ein Hassen, ein Lieben, ein Leiden,

      Wie wir träufen zu einem Tropfen

      Unser Blut als Blutsbrüder.«

      Bei diesen Worten entblößte er den linken Arm, die andern taten desgleichen, eng aneinander streckten sich die fünf Arme über den Kessel, der Alte hob das scharfe Steinmesser und ritzte mit einem Schnitt sich und den vier anderen die Haut des Vorderarmes, daß das Blut aller in roten Tropfen in den ehernen Kessel floß.

      Dann nahmen sie wieder die frühere Stellung ein, und murmelnd fuhr der Alte fort:

      »Und wir schwören den schweren Schwur,

      Zu opfern all unser Eigen,

      Haus, Hof und Habe,

      Roß, Rüstung und Rind,

      Sohn, Sippe und Gesinde,

      Weib und Waffen und Leib und Leben

      Dem Glanz und Glück des Geschlechtes von Gaut,

      Den guten Goten.

      Und wer von uns sich wollte weigern,

      Den Eid zu ehren mit allen Opfern« —

      Hier traten er, und auf seinen Wink auch die andern, aus der Grube und unter dem Rasenstreifen hervor:

      »Des rotes Blut soll rinnen ungerächet

      Wie dies Wasser unterm Waldrasen« —

      Er erhob den Kessel, goß sein blutiges Wasser in die Grube und nahm ihn wie das andere Gerät heraus:

      »Auf des Haupt sollen des Himmels Hallen

      Dumpf niederdonnern und ihn erdrücken,

      Wuchtig so wie dieser Rasen.«

      Er schlug mit einem Streich die drei spannenden Lanzenschäfte nieder, und dumpf fiel die schwere Rasendecke nieder in die Rinne. Die fünf Männer stellten sich nun mit verschlungenen Händen auf die wieder vom Rasen gedeckte Stelle, und in rascherem Ton fuhr der Alte fort: »Und wer von uns nicht achtet dieses Eides und dieses Bundes und wer nicht die Blutsbrüder als echte Brüder schützt im Leben und rächt im Tode, und wer sich weigert, sein Alles zu opfern dem Volk der Goten, wann die Not es begehrt und ein Bruder ihn mahnt, der soll verfallen sein auf immer den untern, den ewigen, den wüsten Gewalten, die da hausen unter dem grünen Gras des Erdgrundes: gute Menschen sollen mit Füßen schreiten über des Neidings Haupt, und sein Name soll ehrlos sein soweit Christenleute Glocken läuten und Heidenleute Opfer schlachten, soweit Mutter Kind koset und der Wind weht über die weite Welt. Sagt an, ihr Gesellen, soll’s ihm also geschehen, dem niedrigen Neiding?«

      »So soll ihm geschehen«, sprachen die vier Männer ihm nach.

      Nach einer ernsten Pause löste Hildebrand die Kette der Hände und sprach: »Und auf daß ihr’s wißt, welche Weihe diese Stätte hat für mich — jetzt auch für euch —, warum ich euch zu solchem Tun gerade hierher beschieden und zu dieser Nacht — kommt und sehet.« Und also sprechend erhob er die Fackel und schritt voran hinter den mächtigen Stamm der Eiche, vor

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