Satan und Ischariot III. Karl May

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Satan und Ischariot III - Karl May

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dann nicht, wenn Jonathan Melton auf sie wartet?«

      »Auch dann nicht. Er wartet doch nur so lange, bis sie kommt, und geht dann sofort mit ihr weiter.«

      »Uff! Vielleicht giebt er ihr Zeit, auszuruhen!«

      »Gewiß nicht, denn er wird ja von ihr erfahren, daß wir hinter ihr her sind.«

      Da senkte er den Kopf und sagte kleinlaut:

      »Mein Bruder hat recht. Wir hätten seiner Stimme und nicht der meinigen folgen sollen. Winnetou ist ein Thor gewesen.«

      Es that mir innerlich förmlich wehe, daß dieser Mann sich einen Thor nannte; es sollte ihm später allerdings auch die Rechtfertigung werden, daß wir trotz meiner Behauptung die Kutsche doch noch einholten, leider aber unter ganz andern Umständen, als der Apatsche vorausgesetzt hatte.

      Also bis zum Canadian-River hatten wir noch volle zwei Tagereisen, und die waren sehr schlimm. Wir befanden uns auf der schon erwähnten Hochebene; unsere Pferde wateten im tiefen Sande, und die Sonne brannte so heiß auf uns, daß wir uns in einem Backofen denken konnten. Dennoch brachten wir den ersten Tag glücklich zu Ende und wären dann nach kurzer Rast gern weiter geritten, um die Kühle des Abends und der Nacht zu benutzen, aber das konnten wir nicht, da wir in der Dunkelheit die Spur verloren hätten.

      Glücklicherweise kamen wir am andern Morgen wieder an eine Lache, welche wir von den Pferden austrinken ließen, und gegen Mittag erreichten wir eine Stelle, welche von stacheligen Kakteen bestanden war. Die runden Früchte derselben enthalten einen wässerigen Saft, welcher zwar nicht sehr wohlschmeckend ist, aber dem Dürstenden doch das Wasser zu ersetzen vermag. Das wissen auch die Tiere.

      Wir tranken also so viel solchen Saft, bis unser Durst gelöscht war, und entstachelten auch für die Pferde einen ganzen Haufen von Früchten, welche von ihnen mit Begierde verzehrt wurden. Dann ging es weiter.

      Wir rechneten, daß es möglich sei, bis zum Abend irgend ein Nebenflüßchen des Canadian zu erreichen. Da gab es gewiß so viel Wasser und Gras, daß dann alle Entbehrung zu Ende war.

      Bald nach Mittag wurde die Luft so schwül, daß man sie kaum zu atmen vermochte, und der Horizont im Süden nahm einen rötlichen Schimmer an. Winnetou blickte sich einigemale nach dieser Richtung um.

      »Das sieht fast genau so aus, wie wenn in der Wüste ein Samum zu erwarten ist,« bemerkte Emery.

      »Wird auch wohl einer werden!« antwortete ich. »Es ist ein Glück, daß wir uns nicht allzu weit vom Flusse befinden. Mit den Stürmen des Llano estacado ist nicht zu scherzen.«

      »Mein Bruder Shatterhand hat recht,« stimmte Winnetou bei. »Wenn der Geist des Llano aus der Tiefe steigt, so stürmt er ergrimmt über die Wüste hin, wirft den Sand bis zum Himmel empor und stürzt, wenn er fruchtbare Gegenden erreicht, ganze Wälder um.«

      »Alle Wetter! Und Ihr denkt, daß wir es wirklich mit diesem bösen Geiste zu thun haben?«

      »Er kommt. Winnetou weiß es ganz genau. Meine Brüder mögen ihren Pferden die Sporen geben. Wenn wir nicht unter den Wolken und Wogen des Sandes begraben werden wollen, müssen wir uns beeilen, einen Ort zu finden, in welchem uns die Gewalt des Sturmes nicht voll zu treffen vermag.«

      Wir ließen also die Pferde laufen, was sie nur laufen konnten. Sie merkten infolge ihres Instinktes selbst, welch eine große Gefahr sich hinter ihnen erhob, und strengten alle ihre Kräfte an, ohne daß wir sie sehr anzutreiben brauchten.

      Der rötliche Schein am südlichen Horizonte wurde breiter und breiter; er wuchs am Himmel empor. Oben hell und nach unten immer dunkler werdend, stieg er jetzt bis zum Zenith auf und lief zugleich zu beiden Seiten im Osten und Westen zusehends dem Norden zu. Das sah höchst gefährlich aus und war in Wirklichkeit gefährlich; ich wußte das, denn ich hatte schon einigemale einen solchen Sturm in dem Llano estacado erlebt.

      Es waren, seit wir die Gefahr erkannt hatten, nun fast zwei Stunden vergangen; der Sturm mußte sich nach höchstens einer Viertelstunde erheben, und doch konnten die Pferde kaum mehr vorwärts. Sporen und Schläge hätten nichts gefruchtet, da die armen Tiere sich freiwillig so sehr anstrengten, wie sie konnten; wir verschonten sie also mit diesen Qualen und sahen nur sehnsüchtig nach einem Rettungsorte aus.

      Da trat uns weit rechts, im Osten, eine kleine aber sehr lang gestreckte Höhe entgegen; der Sand war nicht mehr so tief wie vorher und ließ zuweilen Stellen durchscheinen, welche aus Erde bestanden und Grashalme trugen.

      »Das Ende der Wüste!« rief Winnetou. »Siehst du den langen Hügel im Osten und den einzelnen dürren Baum da gerade vor uns, Bruder Shatterhand?«

      »Ja,« antwortete ich.

      Wirklich, da vorn am äußersten Horizonte, gerade in unserer Richtung, stand ein hoher, dürrer, beinahe astloser Baum.

      »Kennst du den Hügel und den Baum?«

      »Ich kenne sie beide. Wir sind gerettet. Das Gras beginnt, und eine Viertel-Reitstunde hinter dem Baume fließt der kleine Bach, welcher da drüben an dem Hügel entspringt. Haut die Pferde, damit wir den Bach noch zur rechten Zeit erreichen!«

      Das mag grausam klingen, war es aber nicht. Wir trieben die Pferde mit Schlägen an, ihre letzten Kräfte anzustrengen; es handelte sich nicht allein um unser, sondern auch um ihr Leben. Sie rannten mit weit heraushängenden Zungen weiter; hätten wir angehalten, so wären sie vor Erschöpfung augenblicklich zusammengebrochen. Wir aber schlugen auf sie ein, pfiffen, schrieen, brüllten, um sie im Laufe zu erhalten —flogen an dem dürren Baum vorüber – über grünes Gras dahin – vor uns zeigte sich jetzt ein Gebüsch, zwischen dessen Sträuchern uns Wasser entgegenblickte – weiter, weiter – in die Büsche hinein – über das Wasser hinüber – noch eine Strecke zwischen Büschen hin, und dann hielten wir an!

      Wir brauchten gar nicht abzusteigen, denn unsere Pferde fielen augenblicklich nieder. Ihre Flanken schlugen; ihre Mäuler geiferten; ihre Zungen hingen weit heraus, und ihre Augen hatten sich geschlossen.

      »Die Decken herunter!« rief ich. »Reibt die Pferde; schlagt sie mit Ruten, damit sie nicht erfrieren! Wir müssen sie erhalten; wir können ohne sie nicht weiter.«

      Bei diesen Worten riß ich meine Decke auseinander und schnitt einige belaubte Zweige vom nächsten Busche. Winnetou folgte ohne Zögern meinem Beispiele.

      »Die armen Tiere mit Ruten peitschen?« fragte Emery, indem er uns erstaunt anblickte.

      »Jawohl! Nimm schnell die Decke, und reib dein Pferd, besonders die Brust!«

      »Damit es nicht erfriert?«

      »Ja, ja doch!«

      »Unsinn! In dieser Glut und Hitze!«

      »Warte es ab! Hier hast du Ruten von mir.«

      Er nahm sie, indem er mich ganz verwundert anblickte, und sagte dann:

      »Warum reitet Ihr so weit ins Gebüsch hinein? Konntet ihr nicht dort am Bache halten? Wasser ist doch das, was wir am notwendigsten brauchen!«

      »Das wirst du bald sehen. Thue jetzt nur schnell das, was wir thun!«

      Ich rieb mein Pferd aus Leibeskräften, der Apatsche das seinige auch. Obgleich der Englishman uns nicht begreifen konnte, folgte er unserm Beispiele.

      Und da – da brach es los! Es klang wie ein Posaunen- oder Tabaton

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