Von Bagdad nach Stambul. Karl May

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Von Bagdad nach Stambul - Karl May

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stimme bei,« sagte Mohammed.

      »Dieser Fluß hat für uns auch den Vorteil, daß er Persien von dem Ejalet scheidet, und wir können also die Ufer wechseln, je nachdem es unsere Sicherheit erfordert.«

      Wir ritten nun weiter gegen Süden. Die Gegend stieg aus der Ebene immer mehr zur Höhe; Berge und Täler wechselten in immer größerem Gegensatze. Am späten Nachmittag befanden wir uns mitten im Gebirge und kamen, kurz vor Sonnenuntergang, auf einer einsamen, dicht bewaldeten Höhe zu einer kleinen Hütte, aus deren Dachöffnung Rauch emporstieg.

      »Hier wohnt jemand, Sihdi,« meinte Halef.

      »Jedenfalls ein Mensch, der uns nichts schaden kann. Ich werde mir ihn ansehen; bleibt bis dahin hier halten!«

      Ich stieg ab und schritt auf das Häuschen zu. Es war aus Steinen erbaut, deren Ritzen man mit Moos verstopft hatte. Das Dach wurde von einer mehrfachen Lage dichter Zweige gebildet, und die Türöffnung war so niedrig, daß kaum ein Kind aufrecht eintreten konnte.

      Als meine Schritte im Innern des primitiven Bauwerkes zu hören waren, erschien an der Tür der Kopf eines Tieres, das ich für einen Bären hielt; bald aber überzeugte mich die Stimme dieses zottigen Geschöpfes, daß ich es mit einem Hund zu tun habe. Dann erklang von innen ein scharfer Pfiff, und an Stelle dieses Kopfes erschien ein zweiter, den ich beim ersten Anblick ebensowenig zu klassifizieren vermochte. Ich sah nämlich weiter nichts als Haare, die verworrener gar nicht gedacht werden konnten, und eine tiefschwarze, breite Nase und zwei funkelnde Aeuglein, die denen eines zornigen Schakals glichen.

      »Ivari ‚l ker – guten Abend,« grüßte ich.

      Ein tiefes Brummen antwortete.

      »Wohnst du allein hier?«

      Das Brummen stieg noch um einige Töne tiefer.

      »Gibt es noch andere Häuser hier in der Nähe?«

      Jetzt wurde das Brummen wahrhaft fürchterlich; ich glaube, die Stimme dieses Geschöpfes reichte wenigstens bis zum großen C herab. Dann kam die Spitze eines Spießes zum Vorschein – sie ward immer weiter hervorgeschoben, bis sie sich grad vor meiner Brust befand.

      »Komm heraus!« bat ich im höflichsten Tone.

      Wahrhaftig, das Brummen stieg noch eine kleine Terz tiefer, also Contra-A, und die Spitze der Waffe zielte grad auf meine Kehle. Das war mir denn doch zu ordnungswidrig. Ich faßte also den Spieß und zog. Der rätselhafte Bewohner der Hütte hielt seine Waffe fest, und da er mir nicht gewachsen war, so zog ich ihn aus der Türe: erst das Haargestrüpp mit der schwarz glänzenden Nase, dann zwei Hände von ganz derselben Farbe und mit breiten Krallen; hierauf folgte ein zerlöcherter Sack, ähnlich denen, worin unsere Kohlenhändler ihre Ware aufzubewahren pflegen, dann zwei schmierige Lederfutterale, parallel miteinander, und endlich zwei Gegenstände, über die ein anderer sicher im unklaren geblieben wäre, die ich als Scharfsinnigster der Scharfsinnigen infolge ihrer Umrisse sofort als die Stiefel erkannte, die der Koloß von Rhodus einmal getragen haben mußte.

      Sobald diese Stiefel die Tür passiert hatten, richtete sich das Wesen vor mir empor, und nun hatte auch der Hund Platz genug, sich in ganzer Figur zu zeigen. Auch bei ihm sah man nur einen jedem Gleichnis spottenden Haarfilz, eine schwarze Nase und zwei Augen, und beide Kreaturen schienen sich mehr vor mir zu fürchten, als ich vor ihnen.

      »Wer bist du?« fragte ich jetzt im barschesten Tone.

      »Allo[17]!« brummte es, aber es waren doch menschliche Laute.

      »Was bist du?«

      »Kümürdar[18]

      Ah, das war also die einfache Erklärung der schwarzen Nase und der dito Hände; aber diese Nägel brauchte er sich doch nicht wachsen zu lassen. Ich merkte, daß ihm meine Barschheit imponierte. Er war ganz zusammengeknickt, und auch sein Hund zog den Schwanz ein.

      »Gibt es hier noch Leute?« erkundigte ich mich weiter.

      »Nein.«

      »Wie lange muß man gehen, um zu Menschen zu kommen?«

      »Mehr als einen Tag.«

      »Für wen brennst du die Kohlen?«

      »Für den Herrn, der Eisen macht.«

      »Wo wohnt er?«

      »In Banna.«

      »Du bist ein Kurde?«

      »Ja.«

      »Bist du ein Dschiaf?«

      »Nein.«

      »Ein Bebbeh?«

      »Nein.«

      Aber bei diesem Worte spuckte er mit einem sehr feindseligen Räuspern aus. Diese ästhetische Anstrengung erregte, wie ich leider gestehen muß, unter den gegenwärtigen Umständen meine innerste Sympathie.

      »Zu welchem Stamme gehörst du denn?«

      »Ich bin ein Bannah.«

      »Blick einmal da hinüber, Allo! Siehst du die vier Reiter?«

      Er kratzte sich die langen Haarzotteln aus dem Gesicht, um seinen Augen einen größeren Spielraum zu geben, und richtete den Blick nach der von mir angedeuteten Richtung. Trotz des Kohlenüberzuges, hinter dem sich seine eigentliche kurdische Oberhaut verbarg, sah ich doch, daß ein tiefer Schreck über seine Physiognomie zuckte.

      »Sind es Kurden?« fragte er besorgt.

      Ah, jetzt hatte ich ihn doch so weit, daß er freiwillig redete. Als ich seine Frage verneinte, fuhr er fort:

      »Was sind sie denn?«

      »Wir sind drei Araber und zwei Christen.«

      Er blickte mich groß an.

      »Christen! Was ist das?«

      »Das werde ich dir später erklären, denn wir werden diese Nacht bei dir bleiben.«

      Jetzt erschrak er noch viel mehr als vorher.

      »Herr, tut dies nicht!«

      »Warum nicht?«

      »Es wohnen böse Geister im Gebirge!«

      »Das ist uns lieb, denn wir wollen gerne einmal Geister sehen.«

      »Es regnet auch zuweilen!«

      »Das Wasser wird dir gar nichts schaden.«

      »Dabei donnert es manchmal!«

      »Das gehört dazu.«

      »Es sind Bären hier.«

      »Wir essen gerne den Schinken derselben.«

      »Es kommen oft Räuber in die Berge!«

      »Die schießen wir tot.«

      Endlich, als er bemerkte, daß keine

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<p>17</p>

Kurdische Zusammenziehung des Namens Allahverdi.

<p>18</p>

Köhler.