Auf zwei Planeten. Kurd Laßwitz

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Auf zwei Planeten - Kurd Laßwitz

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soweit zu mindern, daß die Muskeln des Nackens entlastet wurden und die Martier ihren Kopf fast ebenso frei wie auf dem Mars zu bewegen vermochten, wenn sie auch sonst von dem ihnen ungewohnten Körpergewicht bedrückt wurden. Eben deshalb trugen sie Taucheranzüge, um schwere Arbeiten möglichst in das Wasser zu verlegen. Denn hier nahm ihnen natürlich der Auftrieb des Wassers die Last ihres Körpergewichts ab.

      Schnell näherte sich das Jagdboot dem Ballon, der von den Spuren des in ihm noch enthaltenen Wasserstoffes und der Luft, die sich unter ihm verfangen hatte, auf dem Wasser schwimmend erhalten wurde. Um zu dem von der Seide des Ballons bedeckten Korb zu gelangen, tauchten die Martier unter und drangen vom Wasser aus unter den Ballon. Sie fanden sogleich die beiden verunglückten Menschen und schafften sie eiligst in ihr Boot. Sodann lösten sie die Gondel von ihren Verbindungen und bargen ihren gesamten Inhalt ebenfalls an Bord. Alles übrige ließen sie vorläufig treiben, da es ihnen zunächst darauf ankam, die aufgefundenen Menschen in ihre Behausung zu bringen.

      Saltner und Grunthe hatten außer der Verletzung, die sich letzterer bereits vor dem Absturz am Fuß zugezogen hatte, weiter keine Beschädigungen durch den Fall erlitten. Aber sie hatten sich nicht aus dem Wasser herausarbeiten können. Keiner gab ein Lebenszeichen von sich. Indessen begannen die Martier unter Leitung des Arztes sofort die eifrigsten Wiederbelebungsversuche, wie es schien ohne Erfolg.

      »Da hätten wir nun«, sagte Jo, »endlich einmal ein paar wirkliche Bate, die keine Kalalek sind, ein paar zivilisierte Erdbewohner, und nun müssen die armen Kerle tot sein.«

      »Wir wollen noch hoffen«, erwiderte einer der Martier. »Der Körper ist noch warm. Vielleicht haben die Bate ein zähes Leben.«

      »Es wäre ein großes Glück«, begann Jo wieder, »wenn wir sie retten könnten. Es sind nicht bloß kühne Leute, es sind offenbar besonders hervorragende Männer ihres Volkes, sonst würden sie nicht zu diesem wunderbaren Unternehmen ausgewählt sein.«

      »Ich wußte gar nicht«, sagte ein andrer, »daß die Bate Luftschiffe haben.«

      »Derartige Ballons sind schon mehrfach beobachtet worden«, erwiderte Jo, »aber man wußte nicht sicher, wozu sie dienen, wenigstens nicht, daß sich die Bate damit selbst in die Luft erheben. Ich habe immer geglaubt, sie ließen dadurch nur irgendwelche Lasten über die Erde heben oder ziehen. Gleichviel, für uns kommt alles darauf an, daß wir durch die Leute nähere Nachrichten von den kultivierten Gegenden der Erde erhalten. Alle unsere Pläne würden alsdann wesentlich gefördert werden. Hil, versuchen Sie Ihre ganze Kunst.«

      Der Arzt antwortete nicht. Seine Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf die Bemühungen, die Atmung der Ertrunkenen wieder in Tätigkeit zu setzen.

      Endlich richtete er sich auf.

      »Geben Sie vollen Strom!« rief er Jo zu. »Es ist eine leise Hoffnung da, aber hier im Freien bringen wir sie nicht durch. Wir müssen in einer Minute im Laboratorium sein.«

      Das Boot sauste durch die Flut. In zehn Sekunden war die Insel erreicht. Es schoß durch die Einfahrt bis in den inneren Hafen. Im Augenblick darauf waren die Verunglückten aufgehoben und in die Krankenabteilung gebracht. Es war keine leichte Arbeit, denn jeder der beiden Männer hatte für die Martier, in Rücksicht auf ihre Fähigkeit, Lasten zu heben, ein Gewicht, das für uns einem solchen von fünf Zentnern entspricht. Sie hätten zwar ihre Kräne benutzen können, aber dies hätte zu lange gedauert. Und es kam auch nur darauf an, die Verunglückten bis über die Schwelle der Tür zu heben. Dann trat die Wirkung des abarischen Feldes in Kraft, und der Transport hatte keine Schwierigkeiten mehr.

      Hil begann sofort die Behandlung mit allen Hilfsmitteln der martischen Heilkunst. Er hatte bereits einige Erfahrung aus dem Studium der Eskimos gewonnen und daraus die Unterschiede in der Funktion der Organe bei Menschen und bei Marsbewohnern kennengelernt, die übrigens keineswegs so bedeutend sind, wie man meinen mochte. Dem durchdringenden Scharfblick des Martiers genügten die Schlüsse, die er aus der gewonnenen Erfahrung ziehen konnte, um das Richtige zu treffen.

      Die Bewohner der Insel, soweit sie nicht gerade mit einer dringenden Arbeit beschäftigt waren, hatten sich inzwischen aufs Lebhafteste für die aufgefundenen Menschen interessiert. Im Vorraum des Krankenzimmers war ein fortwährendes Kommen, Gehen und Fragen, die Klappen der Fernsprechverbindungen hoben und senkten sich, aber noch immer konnte man nichts Bestimmtes erfahren.

      Endlich, nach einer halben Stunde angestrengter Tätigkeit, brach Hil sein Schweigen. Er wandte sich zu dem Direktor der Station, Ra, der neben ihm stehend aufmerksam die merkwürdigen, wie tot daliegenden Wesen betrachtete, und sagte:

      »Sie werden leben.«

      »Ah!«

      »Aber es ist fraglich, ob wir sie hier zum Bewußtsein bringen. Wir müssen sie in Verhältnisse schaffen, die ihren Lebensgewohnheiten entsprechen. Vor allem dürfen wir ihnen die Schwere nicht entziehen, und ich glaube, auch die Temperatur des Zimmers muß höher sein.«

      »Gut«, antwortete Ra, »wir haben ja Gastzimmer genug, wir können sie an der Außenseite, bei unseren Wohnungen unterbringen. Ich werde sofort das Nötige anordnen.«

      Sobald Ra in den Vorraum trat und den hoffnungsvollen Ausspruch des Arztes mitteilte, pflanzte sich die Nachricht durch die ganze Insel hin fort. Die Bate, die keine Eskimos sind, waren der Mittelpunkt aller Gespräche, obgleich erst die wenigsten Martier sie überhaupt gesehen hatten. Daß übrigens jemand, der bei der Pflege nichts zu tun hatte, neugierig hätte eindringen wollen, konnte bei dem feinen Taktgefühl der Martier selbstverständlich nicht vorkommen.

      Die beiden Geretteten wurden getrennt in geeigneten Räumen untergebracht und vollständiger Ruhe überlassen.

      Stundenlang lagen sie in tiefem Schlaf.

      6 - In der Pflege der Fee

      Saltner schlug die Augen auf.

      Was er da über sich sah, war es das Netzwerk des Ballons? Diese regelmäßigen, goldglänzenden Arabesken auf dem lichtblauen Grund? Nein, der Ballon war es nicht – der Himmel sieht auch nicht so aus – doch – was war denn geschehen? Er war ja ins Wasser gestürzt. Sieht es unten auf dem Meer so aus? Aber im Wasser ist man tot oder – er wendete den Kopf, doch die Augen fielen ihm wieder zu. Er wollte nachdenken, doch die Fragen waren ihm zu schwer, er fühlte sich so matt – jetzt bemerkte er, daß er einen Gegenstand zwischen den Lippen hielt, ein Röhrchen. – War es noch immer das Mundstück des Sauerstoffapparats? Nein. – Ein seltsamer Duft umwehte ihn – instinktiv sog er an dem Rohr, denn er empfand einen brennenden Durst. Ach, wie das wohltat! Ein kühler erquickender Trank! Wein war es nicht – Milch auch nicht –, gleichviel, es mundete – war es vielleicht Nektar? Seine Sinne verwirrten sich wieder. Aber der Trank wirkte wunderbar. Neues Leben rann durch seine Adern. Er konnte die Augen wieder öffnen. Aber was erblickte er? Also war er doch im Wasser?

      Über ihm, höher als sein Kopf, rauschten die Wogen des Meeres. Aber sie drangen nicht bis zu ihm heran. Eine durchsichtige Wand trennte sie von ihm, hielt sie zurück. Der Schaum spritzte an ihr empor, das Licht brach sich in den Wellen. Dennoch konnte er den Himmel nicht sehen, ein Sonnendach mochte ihn abblenden. Hin und wieder stieß ein Fisch dumpf gegen die Scheiben. Vergeblich versuchte sich Saltner seine Lage zu erklären. Er glaubte zunächst, sich auf einem Schiff zu befinden, obwohl es ihn wunderte, daß sich im Zimmer nicht die geringste Bewegung spüren ließ. Aber nun blickte er etwas mehr zur Seite. War es denn nicht mehr Tag? Das Zimmer war doch von Tageslicht erhellt, aber dort links sah er direkt in dunkle Nacht. Ein ihm unbekanntes Bauwerk in einem nie gesehenen Stil lag im Mondschein vor ihm. Er blickte auf das Dach desselben, das von den Wipfeln seltsamer Bäume begrenzt wurde. Und wie merkwürdig

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