Auf zwei Planeten. Kurd Laßwitz

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Auf zwei Planeten - Kurd Laßwitz

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betragen, worunter sich ungefähr fünfundzwanzig Frauen, aber keine Kinder befanden. Die Lebensweise dieser Kolonie entsprach nicht den Gewohnheiten der Martier auf ihrem eigenen Planeten; es waren nicht Familien, die sich hier angesiedelt hatten, sondern die Kolonisten bildeten eine ausgewählte Truppe mit militärischer Organisation, wie sie von den Martiern zur Vornahme wichtiger öffentlicher Arbeiten ausgerüstet wurde. Aber auch hier war dem Bedürfnis der Nume nach möglichst großer individueller Unabhängigkeit Rechnung getragen. Die einzelnen hatten sich je nach ihrer persönlichen Neigung zu Gruppen zusammengefunden und danach ihre Wohnung auf der Insel gewählt. Jede dieser Gruppen wurde durch einen der älteren Beamten geleitet, der die Ordnung der Arbeiten verteilte. Ihm stand eine der Damen zur Seite, welche gewissermaßen die häusliche Wirtschaft der Gruppe führte, die Verteilung der Nahrungsmittel beaufsichtigte und die regelmäßige Funktion der Automaten kontrollierte, während jedes Mitglied einer Gruppe eine bestimmte Zeit der Bedienung dieser Automaten widmete.

      Die Pflege der beiden Gäste hatten die Gruppen des Ingenieurs Fru und des Arztes Hil übernommen, denen als weibliche Assistenten La und Se angehörten. Es war natürlich, daß Saltner und Grunthe hauptsächlich mit den Mitgliedern dieser Gruppe verkehrten, wozu sich noch als täglicher Gast der Direktor der Kolonie, Ra, gesellte. Mit den übrigen Gruppen waren sie bisher nur gelegentlich in Berührung gekommen.

      Die Martier, welche im Begriff standen, ihren Besuch bei den Gästen zu machen, gehörten der Gruppe des Ingenieurs Jo an, dessen Tätigkeit Grunthe und Saltner hauptsächlich ihre Rettung verdankten. Selbstverständlich hatten sie nicht versäumt, ihm alsbald nach ihrer Wiederherstellung ihren herzlichsten Dank abzustatten.

      Mit ihnen zusammen erschien La. Sie trat zuerst Saltner entgegen und bot ihm mit einem reizenden Lächeln über den ›Strich‹ hinüber ihre Hand. Aber ehe noch Saltner in ein Gespräch mit ihr kam, wußte Se sie beiseite zu ziehen. Während Jo mit Saltner sprach, unterhielten sich die beiden Damen eifrig und leise, worauf Se das Zimmer verließ. Jo begrüßte Saltner in seiner offenen, nach martischen Begriffen etwas derben Weise und nannte die Namen seiner Begleiter. Jeder von ihnen grüßte nach martischer Sitte, indem er die linke Hand ein wenig erhob und die Finger derselben leicht öffnete und schloß. Saltner bewies die Fortschritte in seiner Bildung dadurch, daß er den Gruß in derselben Weise erwiderte. Die Martier wollten ihm jedoch an Höflichkeit nicht nachstehen und schüttelten ihm der Reihe nach auf deutsche Weise die rechte Hand, ohne sich merken zu lassen, wie sehr diese barbarische Zeremonie sie innerlich belustigte. Sie hüteten sich dabei sorglich, den Strich zu überschreiten, jenseits dessen die Erdschwere begann.

      Auf Saltners Einladung nahmen sie an der breiten Tafel in der Mitte des Zimmers Platz. Man hatte dieses Zimmer in Rücksicht auf zahlreiche Versammlungen so eingerichtet, daß ein großer Tisch die Länge desselben erfüllte und mit dem einen Ende über den ›Strich‹ hinüberragte. Hier befanden sich die Plätze für die beiden Deutschen. In den Besuchsstunden, besonders aber am Abend, wenn die Arbeiten des Tages beendet waren, pflegte sich hier stets eine größere Gesellschaft zusammenzufinden. Dann wurde auch bei gemeinschaftlichen Gesprächen eine leichte Erfrischung in Form von Getränken eingenommen. Die Einhaltung dieser Plauderstunden war eine feststehende Sitte der Martier. Die Mahlzeiten dagegen, welche wirklich zur Sättigung dienten, fanden niemals gemeinschaftlich statt; dies galt bei den Martiern als unpassend. Beim Essen schloß sich ein jeder ab, und schon daß Saltner und Grunthe gemeinschaftlich zu speisen pflegten, erschien den Martiern als ein Zeichen der stark tierischen Natur der Menschen. Nach ihrer Ansicht war die Sättigung eine physische Verrichtung, welche nicht in die Gesellschaft gehörte; in dieser wurden nur ästhetische Genüsse gestattet. Zu solchen ästhetischen Genüssen gehörten Essen und Trinken allerdings auch, insofern sie dem reinen Wohlgefallen am Geschmack entsprachen und sich der Empfindungen der Zunge und des Gaumens nur zum freien Spiel bedienten, nicht aber insofern sie den Zweck der Ernährung und die Stillung des körperlichen Bedürfnisses zu erfüllen bestimmt waren.

      Auf Las Aufforderung, welche jetzt die Stelle der Wirtin vertrat, öffneten die Martier die auf dem Tisch stehenden Kästchen und bedienten sich der darin befindlichen Piks.

      Der Gebrauch dieser Piks ersetzte den Martiern in vollkommener Weise den Genuß, welchen die Menschen durch das Rauchen erreichen, ein leichtes, die Sinne mäßig beschäftigendes und die Nerven beruhigendes, damit den ganzen Gemütszustand behaglich hebendes Spiel, das aber dem Rauchen gegenüber den Vorteil hatte, daß es die Luft nicht verdarb und die übrigen Anwesenden nicht belästigte. Die Piks bestanden in Kapseln, etwa in der Größe und Gestalt einer kleinen Taschenuhr, die an leichte Aluminiumstäbe gesteckt und dadurch bequem hin und her bewegt wurden. Brachte man diese Kapsel, während man den Stiel in der Hand hielt, an die Stirn, so ging ein schwacher, angenehm erregender Wechselstrom durch den Körper, wodurch man sich wohltuend erfrischt fühlte. Die Bewegung der Hand und das Streichen der Stirn und Schläfen war ein sehr anmutiger Zeitvertreib. Dabei zeigte sich auf der Kapsel ein zartes Farbenspiel je nach der Größe des Widerstandes, den der Strom fand, und die Art der Berührung, die Wendungen des Piks boten eine reiche Abwechslung der Beschäftigung. Der Kenner wußte diese leichten Reize des Gefühls aufs feinste zu variieren. Wegen der Grazie und Zierlichkeit der Bewegungen, mit denen Se und La die Piks zu handhaben pflegten, hatte Saltner diesen Instrumenten den Namen Nervenfächer beigelegt.

      »Freut mich sehr«, sagte Jo, mit seinem Pik an die Stirn klopfend, »den Herrn Bat wieder wohlzusehen. Hätt’s nicht gedacht, als wir Sie unter dem Ballon hervorholten. Habe leider wenig Zeit gehabt, mit Ihnen zu plaudern, hätte gern etwas über Ihre Luftfahrt gehört.«

      »Dazu ist hoffentlich noch Gelegenheit«, sagte Saltner.

      »Fürchte nein«, erwiderte Jo. »Kommen nämlich, uns zu verabschieden. Morgen geht’s heim.«

      »Wie?« fragte Saltner erstaunt.

      Jo deutete mit dem Pik nach einer Stelle des Fußbodens und sagte: »Nu.«

      Saltner mußte sich erst besinnen, daß Jo mit seiner Bewegung die Richtung nach dem Mars bezeichne, denn unwillkürlich stellte er sich die Fahrt nach dem Mars immer als einen Aufstieg gegen den Himmel vor. Aber der Mars befand sich gegenwärtig unter dem Horizont, und dahin deutete Jo.

      »Sie sollten mit uns kommen«, sagte Jo lächelnd. »Das ist doch noch ganz etwas anderes bei uns auf dem Mars wie hier auf der schweren Erde, wo man sich genieren muß, vor die Tür zu gehen.«

      »Ich danke«, erwiderte Saltner, »ich fürchte, auf dem Mars Sprünge zu machen, die mir nicht gut bekommen würden. Interessant wäre es ja freilich, Ihre wunderbare Heimat kennenzulernen, aber glauben Sie denn, daß ein Mensch bei Ihnen existieren kann?«

      »Gewiß könnte er das«, sagte einer der anwesenden Martier, »und zwar viel besser, als wir auf der Erde fortkommen. Ich bin überzeugt, daß Sie sich an die geringere Schwere bald gewöhnen würden und ebenso an die dünnere Luft. Beide Umstände kompensieren sich einigermaßen in der Wirkung auf den Organismus, und Sie müssen wissen, daß die Luft bei uns relativ reicher an Sauerstoff ist als hier. Wie wäre es auch sonst möglich, daß die Bewohner beider Planeten eine so große Ähnlichkeit besitzen?«

      »Ich bin Ihnen sehr verbunden für dieses Kompliment«, antwortete Saltner, »indessen ist unsere Expedition doch nicht auf einen so weiten Ausflug eingerichtet, und wir müssen zunächst daran denken, wieder nach Hause zu kommen.«

      »Es wird Ihnen wohl etwas einsam hier werden« mischte sich La in das Gespräch.

      »Wie«, fragte Saltner überrascht, »gehen Sie auch fort?«

      »Morgen noch nicht, aber im Verlauf der nächsten – ja, ich will es Ihnen lieber in Ihre Zeitrechnung nach Erdtagen übersetzen –, also in den nächsten vierzehn Tagen ungefähr werden wir fast alle die Erde verlassen haben.«

      »Aber

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