Faust. Johann Wolfgang von Goethe

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Faust - Johann Wolfgang von Goethe

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ihr solltet Schlüssel seyn;

      Zwar euer Bart ist kraus, doch hebt ihr nicht die Riegel.

      Geheimnißvoll am lichten Tag

      Läßt sich Natur des Schleyers nicht berauben,

      Und was sie deinem Geist nicht offenbaren mag,

      Das zwingst du ihr nicht ab mit Hebeln und mit Schrauben.

      Du alt Geräthe das ich nicht gebraucht,

      Du stehst nur hier, weil dich mein Vater brauchte.

      Du alte Rolle, du wirst angeraucht,

      So lang an diesem Pult die trübe Lampe schmauchte.

      Weit besser hätt’ ich doch mein weniges verpraßt,

      Als mit dem wenigen belastet hier zu schwitzen!

      Was du ererbt von deinen Vätern hast

      Erwirb es, um es zu besitzen.

      Was man nicht nützt ist eine schwere Last,

      Nur was der Augenblick erschafft, das kann er nützen.

      Doch warum heftet sich mein Blick auf jene Stelle?

      Ist jenes Fläschchen dort den Augen ein Magnet?

      Warum wird mir auf einmal lieblich helle?

      Als wenn im nächt’gen Wald uns Mondenglanz umweht.

      Ich grüße dich, du einzige Phiole!

      Die ich mit Andacht nun herunterhole,

      In dir verehr’ ich Menschenwitz und Kunst.

      Du Inbegriff der holden Schlummersäfte,

      Du Auszug aller tödlich feinen Kräfte,

      Erweise deinem Meister deine Gunst!

      Ich sehe dich, es wird der Schmerz gelindert,

      Ich fasse dich, das Streben wird gemindert,

      Des Geistes Fluthstrom ebbet nach und nach.

      Ins hohe Meer werd’ ich hinausgewiesen,

      Die Spiegelfluth erglänzt zu meinen Füßen,

      Zu neuen Ufern lockt ein neuer Tag.

      Ein Feuerwagen schwebt, auf leichten Schwingen,

      An mich heran! Ich fühle mich bereit

      Auf neuer Bahn den Aether zu durchdringen,

      Zu neuen Sphären reiner Thätigkeit.

      Dieß hohe Leben, diese Götterwonne!

      Du, erst noch Wurm, und die verdienest du?

      Ja, kehre nur der holden Erdensonne

      Entschlossen deinen Rücken zu!

      Vermesse dich die Pforten aufzureißen,

      Vor denen jeder gern vorüber schleicht.

      Hier ist es Zeit durch Thaten zu beweisen,

      Daß Mannes-Würde nicht der Götterhöhe weicht,

      Vor jener dunkeln Höhle nicht zu beben,

      In der sich Phantasie zu eigner Quaal verdammt,

      Nach jenem Durchgang hinzustreben,

      Um dessen engen Mund die ganze Hölle flammt;

      Zu diesem Schritt sich heiter zu entschließen

      Und, wär’ es mit Gefahr, ins Nichts dahin zu fließen.

      Nun komm herab, krystallne reine Schaale!

      Hervor aus deinem alten Futterale,

      An die ich viele Jahre nicht gedacht.

      Du glänztest bey der Väter Freudenfeste,

      Erheitertest die ernsten Gäste,

      Wenn einer dich dem andern zugebracht.

      Der vielen Bilder künstlich reiche Pracht,

      Des Trinkers Pflicht, sie reimweis zu erklären,

      Auf Einen Zug die Höhlung auszuleeren,

      Erinnert mich an manche Jugend-Nacht,

      Ich werde jetzt dich keinem Nachbar reichen,

      Ich werde meinen Witz an deiner Kunst nicht zeigen,

      Hier ist ein Saft, der eilig trunken macht.

      Mit brauner Flut erfüllt er deine Höhle.

      Den ich bereitet, den ich wähle,

      Der letzte Trunk sey nun, mit ganzer Seele,

      Als festlich hoher Gruß, dem Morgen zugebracht!

      Er setzt die Schaale an den Mund.

      Glockenklang und Chorgesang.

      Chor der Engel.

      Christ ist erstanden!

      Freude dem Sterblichen,

      Den die verderblichen,

      Schleichenden, erblichen

      Mängel umwanden.

      Faust.

      Welch tiefes Summen, welch ein heller Ton,

      Zieht mit Gewalt das Glas von meinem Munde?

      Verkündiget ihr dumpfen Glocken schon

      Des Osterfestes erste Feyerstunde?

      Ihr Chöre singt ihr schon den tröstlichen Gesang?

      Der einst, um Grabes Nacht, von Engelslippen klang,

      Gewißheit einem neuen Bunde.

      Chor der Weiber.

      Mit Spezereyen

      Hatten wir ihn gepflegt,

      Wir seine Treuen

      Hatten ihn hingelegt;

      Tücher und Binden

      Reinlich umwanden wir,

      Ach! und wir finden

      Christ nicht mehr hier.

      Chor der Engel.

      Christ ist erstanden!

      Selig der Liebende,

      Der die Betrübende,

      Heilsam’ und übende

      Prüfung bestanden.

      Faust.

      Was sucht ihr, mächtig und gelind,

      Ihr Himmelstöne mich am Staube?

      Klingt dort umher, wo weiche Menschen sind.

      Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube

      Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind.

      Zu jenen Sphären wag’ ich nicht zu streben,

      Woher die holde Nachricht tönt;

      Und doch, an diesen Klang von Jugend auf gewöhnt,

      Ruft er auch jetzt zurück mich in das Leben.

      Sonst stürzte sich der Himmels-Liebe Kuß

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