Der Oelprinz. Karl May
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der Oelprinz - Karl May страница 23
»Ich auch nicht; Frau Rosalie ist die erste. Sie hat sich manchen schönen Thaler damit verdient.«
»Ah, etwa bei einer herumziehenden Damenkapelle gewesen?«
»Nein, zum Tanze aufgespielt.«
»Oeffentlich?«
»Ja.«
»Bravo! Ich denke, Sie halten den Tanz für etwas Ordinäres?«
»Das thue ich auch; hier aber lagen die Verhältnisse anders. Frau Rosalie ist nämlich eine geborene Morgenstern —«
»Das weiß ich; sie hat es mir gesagt.«
»Und heiratete in die Leiermühle bei Heimberg —«
»Verwitwete Leiermüllerin,« nickte Sam Hawkens lächelnd.
»Zur Mühle gehörte eine Schankgerechtigkeit mit kleinem Tanzsaale. Das Geschäft war vorher schlecht gegangen, bis sie sich desselben annahm. Das war wieder einmal ein in die Augen fallender Beweis, welchen Wert die edle Musika hat; sie verläßt keinen Musensohn und auch keine Musentochter. Frau Rosalie kaufte sich eine Ziehharmonika, lernte sie spielen und zog mit derselben die tanzlustige Jugend der ganzen Umgegend an sich. Da sie selbst zum Tanze aufspielte, brauchte sie keine Musikanten zu bezahlen und nahm ein schönes Geld für sich ein, da die Tour pro Person zwei Pfennige kostete; billiger machte sie es nicht, denn wen die Musen geadelt haben, der hat die Pflicht, seinen Wert aufrecht zu erhalten. Also es wurde nicht nur getanzt, sondern auch gegessen und getrunken; das Geschäft hob sich außerordentlich, und als der alte Leiermüller starb, hinterließ er sie als eine Witwe, welche auf einem vollen Geldsacke saß und sagen konnte: Kommt her und habt Respekt vor mir!«
»Und den hatte man auch?«
»Natürlich! Sie war die reichste Frau im Dorfe, verkaufte dann später die Mühle zu einem hohen Preise und wurde hierauf die Frau unsres Schmiedemeisters —«
»Welcher auch Respekt vor ihr hat!«
»Warum sollte er nicht?«
»Wie aber und aus welchem Grunde kommt sie jetzt nach Amerika?«
»Diesen vortrefflichen Gedanken habe ich ihr eingegeben.«
»Sie? Hm! Die Frau konnte in der Heimat bleiben; sie hatte ja doch keine Not daheim.«
»So meinen Sie, daß man nur aus Not auswandern soll?«
»Das nicht; aber ein Zwang, ein innerer oder äußerer Zwang, ist doch meist die Ursache.«
»War es auch hier, nämlich ein Drang, ein Stringendo nach der neuen Welt. Ich hatte ihr Bücher geborgt, und die Schmiederei ging schlecht; es gefiel ihr nicht mehr daheim. Als sie nun hörte, was der Hobble-Frank mir alles gesagt und erzählt hatte, und daß ich meine Helden hier in Amerika suchen wollte, da war sie ganz Feuer und Flamme und wollte mit.«
»Wie kamen Sie denn zu ihr, die in Heimberg wohnt, während Sie aus Klotzsche sind? Liegen diese beiden Orte nahe beisammen?«
»Nein, Heimberg liegt oben im Gebirge, Klotzsche aber nahe bei Dresden. Aber ich war doch in Heimberg Kantor, meine letzte Anstellung, und zog des besseren Klimas wegen, sobald ich emeritiert worden war, nach Klotzsche, blieb aber mit Heimberg in stetem Briefwechsel und war auch öfters dort. Trotz alledem wäre ihr der Gedanke, nach Amerika zu gehen, nicht mit solcher Gewalt gekommen, wenn die Wolfsche Angelegenheit nicht gewesen wäre.«
»Welche Angelegenheit?«
»Das wissen Sie noch nicht?«
»Nein.«
»Wolf, der Heimberger Förster, hat einen kinderlosen Bruder in Amerika, welcher vielen, vielen Wald, große Herden und ich glaube gar auch Silbergruben besitzt. Dieser Bruder hat ihn gebeten, ihm seinen Sohn hinüberzuschicken, den er zu seinem Nachfolger und Universalerben machen will, wenn er ihm gefällt. Der Förster fragte seinen Sohn, welcher sich auf der Tharandter Forstakademie befand, und dieser hatte sogleich Lust, dem Rufe zu folgen, nachdem er sein Examen bestanden haben würde.«
»War das nicht Leichtsinn oder Lieblosigkeit gegen seine Eltern?«
»Gott bewahre! Nicht im geringsten, sondern gerade das Gegenteil. Der Förster hat eine zahlreiche Familie und ein geringes Gehalt. Da ist Schmalhans Küchenmeister, und die Opfer, welche das Studium des Aeltesten gekostet hat, sind ihm außerordentlich schwer geworden; es war unmöglich, die andern Söhne auch eine bessere Carriere betreten zu lassen, obwohl sie sehr begabt dazu waren. Da hat denn Adolf den Ruf des Oheims mit Freuden vernommen. Er mußte zwar die Heimat und die Eltern verlassen, sagte sich aber, daß er als Nachfolger des reichen Pflanzers seinen Geschwistern schnell emporhelfen könne.«
»Diese Gesinnung ist freilich ehrenwert. Und hat er dem Rufe gefolgt?«
»Ja.«
»Wann?«
»Eben jetzt. Sie haben ihn ja gesehen.«
»Ich? Wo denn?«
»Hier bei uns. Da vorn reitet er ja!«
»Der ist’s, der? Dieser junge Mann? Der kann doch unmöglich die Forstakademie schon vollständig absolviert haben?«
»Doch, und zwar hat er sie mit sehr guten Zeugnissen verlassen. Sie mögen daraus ersehen, was für ein tüchtiger junger Mann er ist. Er wird, da sein Onkel große Waldungen besitzt, diesem mit seinen Kenntnissen Nutzen bringen. Allerdings gab es für ihn auch noch einen andern Grund, sich so schnell und willig für Amerika zu entscheiden, und dieser Grund kann mit dem indianischen Worte Schi-So bezeichnet werden.«
»Das ist doch der Name des Häuptlingssohnes?«
»Allerdings. Sie sind, wie ich gehört habe, ein Bekannter dieses Häuptlings. Wissen Sie vielleicht, weshalb dieser seinen Sohn nach Deutschland geschickt hat?«
»Ja.«
»Das ist mir lieb. Können Sie es mir einmal prima vista vorgeigen, oder ist vielleicht ein Geheimnis dabei?«
»Es gibt keinen Grund, die Sache geheim zu halten; es ehrt vielmehr den Häuptling und kennzeichnet ihn als einen Mann, der den Bildungsgrad von seinesgleichen weit, weit überragt. Nämlich als er noch jung war, überfiel ein feindlicher Stamm einen Auswandererzug; es wurde alles niedergemetzelt und nur ein Mädchen verschont und mitgenommen, welches eine Deutsche war. Der Häuptling rettete sie und brachte sie zu seinem Stamme. Sie sollte sich dort zunächst von ihrem Unglücke und Leide erholen, und dann wollte er sie nach der nächsten weißen Ansiedelung bringen. Sie wurde gut gepflegt und noch besser behandelt; ihre Verwandten waren ermordet worden; sie hatte nirgends Bekannte; die Ansiedelung, wohin sie gebracht werden sollte, war ihr fremd; es gefiel ihr bei den Navachos, und sie gewann den Häuptling Nitsas-Ini (großer Donner) lieb, der sie gerettet hatte – sie blieb und wurde seine Frau. Sie hat es nie zu bereuen gehabt und lebte außerordentlich glücklich mit ihm.«
»Ist das die Möglichkeit!« rief der Kantor aus. »Ein roter Mensch mit einer weißen Frau!«
»Ein roter Mensch, sagen Sie? Das klingt wie verächtlich! Ich sage Ihnen, daß Gott der Vater und Schöpfer aller Menschen ist; die Farbe der Haut macht keinen Unterschied. Ich habe Indianer kennen gelernt, vor denen sich tausend und hunderttausend Weiße schämen müßten. Nitsas-Ini war ein solcher.