Die Sklavenkarawane. Karl May

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Die Sklavenkarawane - Karl May

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von uns Ibn el dschidri oder wohl auch Abu el hadaschtscharin genannt.«

      »Warum dieser letztere Name?« erkundigte sich der Fremde.

      »Weil sein Schnurrbart nur aus elf Haaren besteht, rechts sechs und links fünf. Und doch ist er außerordentlich stolz auf ihn, so daß er ihn gerade so sorgfältig pflegt wie eine Nuer-Negerin ihr Durrhafeld.«

      Er bemühte sich, dem drohenden Konflikte eine heitere Bahn zu brechen, kam aber bei seinem Kollegen schlecht an, denn dieser rief ihm zornig zu:

      »Schweig, du Vater des Unverstandes! Mein Schnurrbart ist hundertmal mehr wert als dein ganzer Kopf. Du selbst hast den großen Mund. Du rühmst dich deines Stammbaumes, aber niemand glaubt an ihn!«

      Das war eine Beleidigung, welche den andern nun auch in Harnisch brachte. Er antwortete:

      »Was weißt du von meinem Stammbaum! Wie lautet mein Name, und wie klingt der deine!«

      Und sich zu dem Fremden wendend, fuhr er fort:

      »Herr, erlaube mir, dir zu sagen, wer ich bin! Ich heiße nämlich Hadschi Ali ben Hadschi Ishak al Faresi Ibn Hadschi Otaiba Abu ‚l Ascher ben Hadschi Marwan Omar el Gandesi Hafid Jacub Abd‘ Allah el Sandschaki.«

      Je länger der Name eines Arabers, desto mehr ehrt ihn derselbe. Von berühmten Vätern abzustammen, geht ihm über alles. Darum reiht er ihre Namen bis ins dritte und vierte Glied aufwärts aneinander und bringt so eine Riesenschlange fertig, über welche der Europäer heimlich lächelt.

      Dieser Hadschi Ali blickte den Fremden erwartungsvoll an, was er zu dem berühmten Namen sagen werde.

      »Also Hadschi Ali heißt du?« fragte der ‚Vater der vier Augen‘. »Dein Vater war Hadschi Ishak al Faresi?«

      »Ja. Hast du von ihm gehört?«

      »Nein. Dein Großvater hieß also Hadschi Otaiba Abu ‚l Oscher?«

      »So ist es. Ist dieser dir bekannt?«

      »Auch nicht. Und dein Urgroßvater war Hadschi Marwan Omar el Gandesi?«

      »So ist es. Von ihm hast du doch jedenfalls vernommen?«

      »Leider nicht! Und endlich war dieser letztere der Urenkel und Nachkomme von Jacub Abd‘ Allah el Sandschaki, also des Fahnenträgers?«

      »Ja, er trug den Sandschak des Propheten in den Kampf.«

      »Diesen Namen habe ich allerdings gelesen. Jacub Abd‘ Allah soll ein mutiger Streiter gewesen sein.«

      »Ein Held war er, von dem noch heute die Lieder erzählen!« stimmte Ali stolz bei.

      »Aber dein Ahne ist er nicht!« fiel der erste Dschelabi ein. »Du hast ihn dir unrechtmäßigerweise angeeignet!«

      »Bringe mir nicht immer diesen Vorwurf! Ich muß doch besser als du wissen, von wem ich stamme!«

      »Und mit eben solchem Unrechte nennst du dich Hadschi Ali. Wer da sagt, daß er ein Hadschi sei, der muß doch Mekka zur Zeit der Pilgerfahrt besucht haben. Du aber warst nie dort!«

      »Etwa du?«

      »Nein. Ich rühme mich dessen nicht, denn ich mache keine Lügen.«

      »Du könntest dich auch gar nicht rühmen, denn du bist ein Christ, und Christen ist der Zutritt in Mekka bei Todesstrafe verboten!«

      »Wie? Du bist ein Christ?« fragte der Fremde den ersten Dschelabi.

      »Ja, Herr,« antwortete dieser. »Ich mache kein Hehl daraus, denn es ist eine Sünde, seinen Glauben zu verleugnen. Ich bin allerdings Christ und werde es bleiben bis an mein Ende.«

      Bis jetzt hatte der »Vater der vier Augen« dem Konflikte der beiden mit stillem Behagen zugehört. Sie schienen sich in den Haaren zu liegen und doch die besten Freunde zu sein. Jetzt aber wurde er plötzlich ernst, und es lag eine tiefe Betonung auf seinen Worten, als er sagte:

      »Daran thust du ganz recht. Kein Christ soll seinen Glauben aus irgend einem Grunde verleugnen. Das wäre eine Sünde wider den heiligen Geist, von welcher das Kitab el mukkadas sagt, daß sie nicht vergeben werden könne.«

      »Sünde wider den heiligen Geist?« fragte der Dschelabi erstaunt. »Davon hast du gehört?«

      »Jawohl.«

      »Und die heilige Schrift kennst du also auch?«

      »Ein wenig.«

      »Und als Moslem rätst du mir, fest an meinem Glauben zu halten!«

      »Ich bin kein Moslem, sondern auch ein Christ.«

      »Auch ein Christ! Wohl ein koptischer?«

      »Nein.«

      »Aber was sonst für einer? Ich hätte es nie für möglich gehalten, daß ein Beni Homr ein Christ sein könne.«

      »Ich bin kein Homr, auch kein Araber, überhaupt kein Orientale, sondern ein Europäer.«

      »Mein Gott, ist‘s möglich! Ich auch, ich auch!«

      »Aus welchem Lande?«

      »Aus Ungarn. Ich bin Magyar. Und —«

      »Davon später. Meine Begleiter sind mir weit voran und ich habe alle Veranlassung, ihnen nicht zu trauen. Ich muß ihnen schnell nach. Nun du gehört hast, daß ich auch ein Europäer bin, wirst du wohl bereit sein, bei mir zu lagern?«

      »Von ganzem Herzen gern! Welch eine Freude, welch eine Wonne für mich, dich hier getroffen zu haben! Nun können wir von der Heimat sprechen. Laßt uns schnell reiten, damit wir die Homr einholen und den Brunnen schnell erreichen!«

      Es ging vorwärts, so schnell die Esel laufen konnten, und sie liefen sehr gut. Diese Tiere sind in südlichen Gegenden ganz andre Geschöpfe als bei uns. Ein ägyptischer Esel trägt den stärksten Mann und galoppiert mit ihm so lange Zeit, als ob er gar keine Last zu tragen habe. Nach einer Viertelstunde waren die Araber erreicht. Sie sagten zu den Dschelabi kein Wort, nicht einmal eine Silbe der Begrüßung. Da diese acht Männer jetzt zugegen waren, war es unmöglich, den Fremden niederzuschießen, wie man vorher gewillt gewesen war.

      Still ging es weiter. Der kleine Ungar machte keinen Versuch, sich mit dem »Vater der vier Augen« zu unterhalten. Es wäre das nicht gut gegangen, da der eine auf dem hohen Hedschin und der andre auf dem kleinen Esel saß.

      Die Sterne des Äquators waren aufgegangen, und ihr intensives Licht leuchtete fast so hell wie der Mond, welcher jetzt nicht zu sehen war, da er in der Phase der Verdunkelung stand.

      Nach einiger Zeit sah man eine Bodenerhebung liegen, welche schroff aus der Erde stieg. Der Sternenschimmer verlieh ihr ein gespenstiges Aussehen.

      »Dort ist der Bir Aslan,« sagte der Ungar. »In fünf Minuten werden wir dort sein.«

      »Schweig, Dschelabi!« fuhr der Schech ihn an. »Wann du dort sein willst, das kommt allein auf uns an. Noch haben wir dich nicht eingeladen, uns zu begleiten!«

      »Dessen bedarf es gar nicht. Wir gehen ohne Einladung hin.«

      »Wenn wir es

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