Im Lande des Mahdi III. Karl May

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Im Lande des Mahdi III - Karl May

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style="font-size:15px;">      Der Vormittag wurde damit zugebracht, einen Vorrat von Fleisch so anzubraten, daß dasselbe nicht so schnell wie in frischem Zustande in Fäulnis geriet. Unterdessen kamen die Boten, welche nach sechs verschiedenen Dörfern geschickt waren, zurück und meldeten, daß die Krieger zu Mittag da sein und die Ochsen nach einer kleinen Savanne bringen würden, deren Namen ich vergessen habe; dorthin würden später auch die Frauen mit den Speisevorräten kommen.

      Um die Mittagszeit stellte sich ein Schwarzer ein, welcher die Nachricht brachte, daß die Krieger mit den Ochsen eingetroffen seien. Der Häuptling wollte hin zu ihnen, und ich sollte mit. Möglicherweise konnte der Reis Effendina früher ankommen, als ich berechnet hatte. In diesem Falle galt es, dafür zu sorgen, daß er uns fand. Darum schickte ich unser Boot mit vier Ruderern und einem Steuerer fort, um sich draußen vor dem Maijeh an das Nilufer zu legen und ihn, falls er kam, zu führen. Dann begleitete ich den Häuptling nach der Savanne. Natürlich ging Agadi mit, da ich ihn als Dolmetscher brauchte.

      Nachdem wir ungefähr eine Viertelstunde lang durch den Wald gegangen waren, gelangten wir an die Savanne, welche infolge der Nähe des Wassers dicht mit saftigem Grase bestanden war. Dort hielten die zweihundert Krieger mit ihren Reitochsen und den Treibern, welche die übrigen Rinder gebracht hatten. Die Bor waren schwarze, kräftige, nur mit einem Lendentuche bekleidete Gestalten. Ihre Waffen bestanden ausnahmslos in Messern, welche kräftig genug waren, um mit denselben einen Weg durch die Schlinggewächse des Waldes zu bahnen, und alten, langen Flinten, mit denen diese Leute aber, wie ich später sah, sehr gut umzugehen verstanden. Die Ochsen waren stark und sehr gut genährt, von feinern Formen und Linien als die unserigen. Ihre Augen blickten nicht stier, sondern klug und verständig, und es kam auch während unsers Zuges kein einziger Fall von Starrnackigkeit vor, wie man sie bei unsern Stieren so oft beobachtet. Ich fand ihren Gang leicht und gewandt. Derjenige, den ich später ritt, gehorchte dem leisesten Drucke, ertrug alle Anstrengung, ohne zu ermüden, und war mir nicht ein einziges Mal ungehorsam.

      Es waren weit über vierhundert solcher Tiere da. Die Lastochsen trugen an jeder Seite entweder einen Bastkorb, oder einen großen, thönernen Krug. Die Körbe waren zur Aufnahme der festen Gegenstände bestimmt, während in den Krügen das Trinkwasser transportiert werden sollte, da das Wasser der Sümpfe, an denen unser Weg vorüberführen sollte, nicht zu genießen war. Die für die vornehmern Personen bestimmten Reitochsen trugen eine Art Sattel und, wie auch alle übrigen, in der Nase zwei Ringe, an denen die Zügel befestigt waren.

      Der Häuptling hielt an seine Leute eine Rede, welche ich leider nicht verstand. Wie mir der Dolmetscher sagte, hatte er ihnen die Gründe, die Richtung und den Zweck unsers Zuges mitgeteilt und sie zur Tapferkeit aufgefordert. Sie antworteten mit einem Geschrei, welches jedenfalls den Sinn unseres Vivat oder Hurra haben sollte. Dann ließ er sie an mir erst vorüberziehen und nachher vorüberreiten. Das sollte eine Parade sein, doch warteten sie noch auf einen »alten Dessauer«, von welchem sie den Gleichschritt lernen konnten. Was ihnen in dieser Beziehung mangelte, das ersetzten sie vollständig durch die grimmigen Gesichter, welche sie schnitten. Wenn es nach diesen ging, so hatte ich jetzt, wie Selim sich ausdrücken würde, die tapfersten Helden des Weltalls vor mir.

      Als die Truppenschau beendigt war, kehrten wir nach dem Lager zurück. Die Krieger blieben auf der Savanne, da bei uns unter den Bäumen kein Platz für sie war; doch mußte uns eine Anzahl von ihnen begleiten, um Fleisch zu holen. Daß davon genug vorhanden war, kann man sich denken, wenn ich sage, daß das erlegte Nilpferd eine Länge von wenigstens vier Metern hatte.

      Wir hatten uns noch nicht lange im Lager befunden, so kehrte das ausgesandte Boot zurück, und die Insassen desselben zeigten mir an, daß der Reis Effendina schon im Ansegeln sei. Ich begab mich nach der Nilpferdfalle, um ihn dort zu erwarten, da diese Stelle sich am besten zum Anlegen eignete. Von dort aus sah ich bald darauf das Schiff im Eingange des Maijeh erscheinen und nach wenigen Minuten kam der Emir allein an das Ufer.

      Ich berichtete ihm von dem Erfolge, welchen meine Sendung gehabt hatte, und er war sehr erfreut darüber. Auch er fand es für sehr vorteilhaft für uns, daß die Bor entschlossen waren, in solcher Zahl an unserm Zuge teilzunehmen. Dennoch gab er erst dann, als ich ihm versichert hatte, daß dieselben nicht etwa eine Heimtücke gegen uns beabsichtigten, den Befehl, daß die Besatzung des Schiffes an das Land kommen solle.

      Während dies geschah, führte ich ihn zu dem Häuptlinge, der ihn, natürlich durch den Dolmetscher, mit ehrerbietigen Worten begrüßte. Dann lud er ihn ein, sich mit nach der Savanne zu begeben, um die dort befindlichen Bor-Krieger ebenfalls zu besichtigen. Da ich dieselben schon gesehen hatte, verzichtete ich darauf, mitzugehen, und der Reis Effendina konnte die Leitung der notwendigen Marschvorbereitungen selbst in die Hand nehmen. Ich hatte also nichts zu thun, und weil es noch mehrere Stunden bis zum Anbruche des Abends war und ich nicht müßig bleiben wollte, so gedachte ich, mich durch eine Jagd auf eßbare Vögel zu beschäftigen. Da der Häuptling die Gegend kennen mußte, so fragte ich ihn, wohin ich mich wohl zu wenden hätte, um zum Schusse zu kommen.

      »Hier wirst du nichts finden, Effendi,« ließ er mir durch Agadi antworten. »Unsere Anwesenheit hat das Wild verscheucht. Aber wenn du nach dem jenseitigen Ufer ruderst, wirst du gewiß finden, was du suchest.«

      »Weißt du nicht, ob ich da drüben vor feindlichen Begegnungen sicher sein werde?«

      »Ich weiß, daß du gar nichts zu befürchten hast. Du wirst auf keinen Menschen stoßen, da die Gegend nur von uns bewohnt wird.«

      Diese Versicherung mußte mein Bedenken, wenn ich ein solches gehabt hätte, vollständig zerstreuen. Ich hatte aber meine Frage nur aus gewohnter Vorsicht, nicht aber infolge irgend einer Befürchtung ausgesprochen und forderte Ben Nil auf, mich im Boote zu begleiten. Das hörte einer, den ich früher oft mitgenommen hatte, was aber, da er sich seit lange bei dem Reis Effendina an Bord befand, in letzter Zeit nicht mehr geschehen war, nämlich Selim, der »Schleuderer der Knochen«. Er trat schnell zu mir heran und sagte:

      »Effendi, nimm mich mit! Ich will auch Vögel schießen.«

      »Ich kann dich nicht brauchen,« antwortete ich ihm in Erinnerung an frühere Kalamitäten, in die er mich gebracht hatte.

      »Warum?« fragte er, indem er ein außerordentlich erstauntes Gesicht machte.

      »Weil du jedenfalls doch nur wieder Dummheiten begehen würdest.«

      Da warf er die langen Arme empor, schlug die Hände über dem Kopfe zusammen und rief aus:

      »Dummheiten! Ich, Selim, der berühmteste Krieger und Jäger des Weltalls, Dummheiten! Hat man schon einmal so etwas gehört! Du beleidigst die Tiefen meiner Seele und betrübst die Gefühle meines Herzens. Vor mir kann der tapferste Held der Erde nicht bestehen. Laß fünfzig Nilpferde und hundert Elefanten über mich herfallen, sie werden mir nichts anhaben können; ich erlege sie vielmehr in der Zeit von fünf Minuten. Und du willst doch nur Vögel schießen!«

      Selbst diese eifrige und beredte Vorstellung hätte mich wohl kaum vermocht, ihm seinen Wunsch zu erfüllen, aber Ben Nil schien Lust zu haben, den alten Schwadroneur wieder einmal mit uns zu nehmen, denn er bat mich:

      »Versage es ihm doch nicht, Effendi! Du hast gehört, daß wir da drüben vollständig sicher sind. Es kann uns also nichts geschehen.«

      »So wird er uns wenigstens die Vögel verscheuchen, denn eine Dummheit macht er ganz gewiß. Nun, wir wollen sehen, ob er sich einmal verständig halten kann.«

      Wir nahmen das kleine Boot unseres Schiffes, welches sehr leicht war und Platz für mehr als zwei Ruderer und einen Steuerer hatte. Ben Nil und Selim ruderten. Wir fuhren quer über den Majieh hinüber und legten am jenseitigen Ufer an, wo wir ausstiegen und uns in den Wald begaben. Wir schritten wohl über eine Viertelstunde lang durch denselben, kamen aber nicht zum Schusse.

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