Der Weihnachtsabend. Чарльз Диккенс

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Der Weihnachtsabend - Чарльз Диккенс

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war wirklich ein sehr kleines Feuer, so gut wie gar keins in einer so kalten Nacht. Er mußte sich dicht daran setzen und sich darüber hinbeugen, um das geringste Wärmegefühl von einer solchen Handvoll Kohlen zu genießen. Der Kamin war vor langen Jahren von einem holländischen Kaufmann gebaut worden und ringsum mit seltsamen holländischen Fliesen mit biblischen Bildern belegt. Da sah man Kain und Abel, Pharaos Töchter, Königinnen von Saba, Engel durch die Luft auf Wolken gleich Federbetten herabschwebend, Abraham, Belsazar, Apostel in See gehend auf Butterschiffen, Hunderte von Figuren, seine Gedanken zu beschäftigen; und doch kam das Gesicht Marleys wie der Stab des alten Propheten, und verschlang alles andere. Wenn jedes glänzende Flies weiß gewesen wäre und die Macht gehabt hätte, aus den vereinzelten Fragmenten seiner Gedanken ein Bild auf seine Fläche zu zaubern, auf jedem wäre ein Abbild von des alten Marleys Gesicht erschienen.

      »Dummes Zeug!« sagte Scrooge und schritt durch das Zimmer.

      Nachdem er einigemal auf und ab gegangen war, setzte er sich wieder nieder. Wie er den Kopf in den Stuhl zurücklegte, fiel sein Auge wie von ungefähr auf eine Klingel, eine alte, nicht mehr gebrauchte Klingel, welche zu einem jetzt vergessenen Zweck mit einem Zimmer in dem obersten Stockwerk des Hauses in Verbindung stand. Zu seinem großen Erstaunen und mit einem seltsamen unerklärlichen Schauer sah er, wie die Klingel anfing sich zu bewegen; erst bewegte sie sich so wenig, daß sie kaum einen Ton von sich gab; aber bald schellte sie laut und mit ihr jede Klingel des Hauses.

      Das mochte eine halbe Minute oder eine Minute gedauert haben, aber es schien eine Stunde zu sein. Die Klingeln hörten gleichzeitig auf, wie sie gleichzeitig angefangen hatten. Dann vernahm man ein Klirren, tief unten, als ob jemand eine schwere Kette über die Fässer in des Weinhändlers Keller schleppe. Jetzt erinnerte sich Scrooge gehört zu haben, daß Gespenster Ketten schleppen sollten.

      Die Kellerthür flog mit einem dumpfdröhnenden Schall auf und dann hörte er das Klirren viel lauter auf der Hausflur unten; dann wie es die Treppe herauf kam; und dann wie es gerade auf seine Thür zukam.

      »'s ist dummes Zeug,« sagte Scrooge. »Ich glaube nicht dran.«

      Aber doch veränderte er die Farbe, als es, ohne zu verweilen, durch die schwere Thür und in das Zimmer kam. Als es herein trat, flammte das sterbende Feuer auf, als ob es riefe, ich kenne ihn, Marleys Geist! und sank wieder zusammen.

      Dasselbe Gesicht, ganz dasselbe. Marley mit seinem Zopf, seiner gewöhnlichen Weste, den engen Hosen und hohen Stiefeln; die Quasten der letztern standen zu Berge, wie sein Zopf und seine Rockschöße und das Haar auf seinem Kopfe. Die Kette, welche er hinter sich her schleppte, war um seinen Leib geschlungen. Sie war lang und ringelte sich wie ein Schwanz; und war, denn Scrooge betrachtete sie sehr genau, aus Geldkassen, Schlüsseln, Schlössern, Hauptbüchern, Kontrakten und schweren Börsen aus Stahl zusammengesetzt. Sein Leib war durchsichtig, so daß Scrooge durch die Weste hindurch die zwei Knöpfe hinten auf seinem Rock sehen konnte.

      Scrooge hatte oft sagen gehört, Marley habe kein Herz im Leibe, aber er glaubte es erst jetzt.

      Nein, er glaubte es selbst jetzt noch nicht. Obgleich er das Gespenst durch und durch und vor sich stehen sah; obgleich er den kältenden Schauer seiner totenstarren Augen fühlte und selbst den Stoff des Tuches erkannte, welches um seinen Kopf und sein Kinn gebunden war und das er früher nicht bemerkt hatte, war er doch noch ungläubig und sträubte sich gegen das Zeugnis seiner Sinne.

      »Nun,« sagte Scrooge, kaustisch und kalt wie gewöhnlich, »was wollt Ihr?«

      »Viel!« Das war Marleys Stimme.

      »Wer seid Ihr?«

      »Fragt mich, wer ich war.«

      »Nun, wer waret Ihr?« sagte Scrooge lauter.

      »Als ich lebte, war ich Euer Compagnon, Jakob Marley.«

      »Könnt Ihr Euch setzen?« fragte Scrooge, ihn zweifelnd ansehend.

      »Ich kann es.«

      »So thut's.«

      Scrooge that die Fragen, weil er nicht wußte, ob ein so durchsichtiger Geist sich werde setzen können, und fühlte die Notwendigkeit einer unangenehmen Erklärung, wenn es ihm nicht möglich wäre. Aber der Geist setzte sich auf der andern Seite des Kamins nieder, als wenn er es gewohnt wäre.

      »Ihr glaubt nicht an mich?« sagte der Geist.

      »Nein,« sagte Scrooge.

      »Welches Zeugnis wollt Ihr, außer dem Eurer Sinne, von meiner Wirklichkeit haben?«

      »Ich weiß nicht,« sagte Scrooge.

      »Warum glaubt Ihr Euren Sinnen nicht?«

      »Weil sie eine Kleinigkeit stört,« sagte Scrooge. »Eine kleine Unpäßlichkeit des Magens macht sie zu Lügnern. Ihr könnt ein unverdautes Stück Rindfleisch, ein Käserindchen, ein Stückchen schlechter Kartoffel sein. Wer Ihr auch sein mögt, Ihr habt mehr vom Unterleib, als von der Unterwelt an Euch.«

      Es war nicht eben Scrooges Gewohnheit, Witze zu machen, auch fühlte er eben jetzt keine besondere Lust dazu. Die Wahrheit ist, daß er sich bestrebte lustig zu sein, um sich zu zerstreuen und sein Entsetzen niederzuhalten; denn die Stimme des Geistes machte selbst das Mark seiner Knochen erzittern.

      Nur einen Augenblick schweigend diesen starren, toten Augen gegenüber zu sitzen, wäre halber Tod gewesen, das fühlte Scrooge wohl. Auch war es so grauenerregend, daß das Gespenst seine eigene höllische Atmosphäre hatte. Scrooge fühlte sie nicht selbst, aber doch mußte es so sein; denn obgleich das Gespenst ganz regungslos dasaß, bewegten sich seine Haare, seine Rockschöße und seine Stiefelquasten wie von dem heißen Dunst eines Ofens.

      »Ihr seht diesen Zahnstocher,« sagte Scrooge, aus dem eben angeführten Grunde seinen Angriff sogleich wieder beginnend und von dem Wunsche beseelt, wenn auch nur für einen Augenblick den starren, eisigen Blick des Gespenstes von sich abzuwenden.

      »Ja,« antwortete der Geist.

      »Ihr seht ihn ja nicht an,« sagte Scrooge.

      »Aber ich sehe ihn doch,« sagte das Gespenst.

      »Gut,« erwiderte Scrooge. »Ich brauche ihn nur hinunterzuschlucken und mein ganzes übriges Leben hindurch verfolgen mich eine Legion Kobolde, die ich selbst erschaffen habe. Dummes Zeug, sag' ich, dummes Zeug!«

      Bei diesen Worten stieß das Gespenst einen schrecklichen Schrei aus und ließ seine Kette so grauenerregend und fürchterlich klirren, daß Scrooge sich fest an seinen Stuhl halten mußte, um nicht in Ohnmacht herunterzufallen. Aber wie wuchs sein Entsetzen, als das Gespenst das Tuch von dem Kopf nahm, als wäre es ihm zu warm im Zimmer, und die Unterkinnlade auf die Brust herabsank.

      Scrooge fiel auf die Kniee nieder und schlug die Hände vors Gesicht.

      »Gnade!« rief er. »Schreckliche Erscheinung, warum verfolgst du mich?«

      »Mensch mit der irdisch gesinnten Seele,« entgegnete der Geist, »glaubst du an mich, oder nicht?«

      »Ich glaube,« sagte Scrooge, »ich muß glauben. Aber warum wandeln Geister auf Erden und warum kommen sie zu mir?«

      »Von jedem Menschen wird es verlangt,« antwortete der Geist, »daß seine Seele unter seinen Mitmenschen wandle, in der Ferne und in der Nähe; und wenn dieser Geist nicht während des Lebens hinausgeht, so ist er verdammt, es nach dem Tode zu thun. Er ist verdammt, durch die Welt zu wandern – ach, wehe mir –

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