Die Verschwörung des Fiesco zu Genua. Friedrich von Schiller

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Die Verschwörung des Fiesco zu Genua - Friedrich von Schiller

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der Genueser ein Etwas – ein Etwas. (Sich verhüllend.) O gewiß! diese Genueser wissen mehr, als für das Ohr einer Gattin taugt.

      Rosa. O der Alles vergrößernden Eifersucht!

      Leonore. (schwermüthig schwärmend). Da er noch Fiesco war – dahertrat im Pomeranzenhain, wo wir Mädchen lustwandeln gingen, ein blühender Apoll, verschmolzen in den männlich-schönen Antinous. Stolz und herrlich trat er daher, nicht anders, als wenn das durchlauchtige Genua auf seinen jungen Schultern sich wiegte; unsere Augen schlichen diebisch ihm nach und zuckten zurück, wie auf dem Kirchenraub ergriffen, wenn sein wetterleuchtender Blick sie traf. Ach, Bella! wie verschlangen wir seine Blicke! wie parteiisch zählte sie der ängstliche Neid der Nachbarin zu! Sie fielen unter uns wie der Goldapfel des Zanks, zärtliche Augen brannten wilder, sanfte Busen pochten stürmischer, Eifersucht hatte unsere Eintracht zerrissen.

      Arabella. Ich besinne mich. Das ganze weibliche Genua kam in Aufruhr um diese schöne Eroberung.

      Leonore (begeistert). Und nun mein ihn zu nennen! verwegenes, entsetzliches Glück! Mein Genuas größten Mann, (mit Anmuth) der vollendet sprach aus dem Meißel der unerschöpflichen Künstlerin, alle Größen seines Geschlechts im lieblichsten Schmelze verband – Höret, Mädchen! kann ich's nun doch nicht mehr verschweigen! – Höret, Mädchen, ich vertraue euch etwas, (geheimnißvoll) einen Gedanken – als ich am Altar stand neben Fiesco – seine Hand in meine Hand gelegt – hatt' ich den Gedanken, den zu denken dem Weibe verboten ist – dieser Fiesco, dessen Hand jetzt in der deinigen liegt – dein Fiesco – aber still! daß kein Mann uns belausche, wie hoch wir uns mit dem Abfall seiner Vortrefflichkeit brüsten – dieser dein Fiesco – Weh euch, wenn das Gefühl euch nicht höher wirft! – wird – uns Genua von seinen Tyrannen erlösen!

      Arabella (erstaunt). Und diese Vorstellung kam einem Frauenzimmer am Brauttag?

      Leonore. Erstaune, Bella! Der Braut in der Wonne des Brauttags! (Lebhafter.) Ich bin ein Weib – aber ich fühle den Adel meines Bluts, kann es nicht dulden, daß dieses Haus Doria über unsre Ahnen hinauswachsen will. Jener sanftmüthige Andreas – es ist eine Wollust, ihm gut zu sein – mag immer Herzog von Genua heißen, aber Gianettino ist sein Neffe – sein Erbe – und Gianettino hat ein freches, hochmüthiges Herz. Genua zittert vor ihm, und Fiesco, (in Wehmuth hinabgefallen) Fiesco – weinet um mich – liebt seine Schwester.

      Arabella. Arme, unglückliche Frau-Leonore. Geht jetzt und sehet diesen Halbgott der Genueser im schamlosen Kreis der Schwelger und Buhldirnen setzen, ihre Ohren mit unartigem Witze kitzeln, ihnen Märchen von verwünschten Prinzessinnen erzählen – das ist Fiesco! – Ach, Mädchen! nicht Genua allein verlor seinen Helden – auch ich meinen Gemahl!

      Rosa. Reden Sie leiser. Man kömmt durch die Galerie.

      Leonore (zusammenschreckend). Fiesco kommt. Flieht! flieht! Mein Anblick könnte ihm einen trüben Augenblick machen. (Sie entspringt in ein Seitenzimmer. Die Mädchen ihr nach.)

      Zweiter Auftritt

      Gianettino Doria maskiert im grünen Mantel. Ein Mohr. Beide im Gespräch.

      Gianettino. Du hast mich verstanden.

      Mohr. Wohl.

      Gianettino. Die weiße Maske.

      Mohr. Wohl.

      Gianettino. Ich sage – die weiße Maske!

      Mohr. Wohl! wohl! wohl!

      Gianettino. Hörst du? Du kannst sie nur (auf seine Brust deutend) hieher verfehlen.

      Mohr. Seid unbekümmert.

      Gianettino. Und einen tüchtigen Stoß!

      Mohr. Er soll zufrieden sein.

      Gianettino (hämisch). Daß der arme Graf nicht

      Mohr. Um Vergebung – wie schwer möchte ungefähr sein Kopf ins Gewicht fallen?

      Gianettino. Hundert Zechinen schwer.

      Mohr (bläst durch die Finger). Puh! Federleicht!

      Gianettino. Was brummst du da?

      Mohr. Ich sag' es ist eine leichte Arbeit.

      Gianettino. Das ist deine Sorge. Dieser Mensch ist ein Magnet. Alle unruhigen Köpfe fliegen gegen seine Pole. Höre, Kerl! fasse ihn ja recht.

      Mohr. Aber, Herr – ich muß flugs auf die That nach Venedig.

      Gianettino. So nimm deinen Dank voraus. (wirft ihm einen Wechsel zu.)

      In höchstens drei Tagen muß er kalt sein. (Ab.)

      Mohr (indem er den Wechsel vom Boden nimmt). Das nenn' ich Credit!

      Der Herr traut meiner Jaunerparole ohne Handschrift. (Ab.)

      Dritter Auftritt

      Calcagno, hinter ihm Sacco. Beide in schwarzen Mänteln.

      Calcagno. Ich werde gewahr, daß du alle meine Schritte belauerst.

      Sacco. Und ich beobachte, daß die mir alle verbirgst. Höre, Calcagno, seit einigen Wochen arbeitet etwas auf deinem Gesichte, das nicht geradezu just dem Vaterland gilt. – Ich dächte, Bruder, wir Beide könnten schon Geheimniß gegen Geheimniß tauschen, und am Ende hätte Keiner beim Schleichhandel verloren – Wirst du aufrichtig sein?

      Calcagno. So sehr, daß, wenn deine Ohren nicht Lust haben, in meine Brust hinunter zu steigen, mein Herz dir halbwegs auf meiner Zunge entgegen kommen soll – Ich liebe die Gräfin Fiesco.

      Sacco (tritt verwundernd zurück). Wenigstens das hätt' ich nicht entziffert, hätte ich alle Möglichkeiten Revue passieren lassen – Deine Wahl spannt meinen Witz auf die Folter, aber es ist um ihn geschehen, wenn sie glückt.

      Calcagno. Man sagt, sie sei ein Beispiel der strengsten Tugend.

      Sacco. Man lügt. Sie ist das ganze Buch über den abgeschmackten Text. Eins von beiden, Calcagno, gib dein Gewerb oder dein Herz auf-Calcagno. Der Graf ist ihr ungetreu. Eifersucht ist die abgefeimteste Kupplerin. Ein Anschlag gegen die Doria muß den Grafen in Athem halten und mir im Palaste zu schaffen geben. Während er nun den Wolf aus der Hürde scheucht, soll der Marder in seinen Hühnerstall fallen.

      Sacco. Unverbesserlich, Bruder! Habe Dank. Auch mich hast du plötzlich des Rothwerdens überhoben. Was ich mich zu denken geschämt habe, kann ich jetzt laut vor dir sagen. Ich bin ein Bettler, wenn die jetzige Verfassung nicht übern Haufen fällt.

      Calcagno. Sind deine Schulden so groß?

      Sacco. So ungeheuer, daß mein Lebensfaden, achtfach genommen, am ersten Zehentheil abschnellen muß. Eine Staatsveränderung soll mir Luft machen, hoff' ich. Wenn sie mir auch nicht zum Bezahlen hilft, soll sie doch meinen Gläubigern das Fordern entleiden.

      Calcagno. Ich verstehe – und am Ende, wenn Genua bei der Gelegenheit frei wird, läßt sich Sacco Vater des Vaterlands taufen. Wärme mir Einer das verdroschene Märchen von Redlichkeit auf, wenn der Bankerott eines Taugenichts und die Brunst eines Wollüstlings das Glück eines Staats entscheiden. Bei Gott, Sacco! ich bewundre in uns Beiden die feine Speculation des Himmels, der das Herz des Körpers durch die Eiterbeulen der Gliedmaßen rettet – Weiß Verrina um deinen Anschlag?

      Sacco.

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