Die Welt in hundert Jahren. Various

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Die Welt in hundert Jahren - Various

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letzten tausend Jahre gewohnt sind. Zwischen Deutschland und Frankreich oder Deutschland und England oder Deutschland und Oesterreich-Ungarn ist ein Krieg in hundert Jahren vollkommen ausgeschlossen. Sämtliche europäischen Staaten, keinen ausgenommen, bilden in hundert Jahren eine Staatengemeinschaft, welche den gegenseitigen Krieg ebenso ausschließt, wie heute etwa ein Krieg zwischen dem Königreich Bayern und dem Königreich Preußen oder dem Deutschen Reiche unmöglich ist. Der zunehmende Luftverkehr hat eine solche Menge gemeinsamer Bedürfnisse und Interessen geschaffen, daß in hundert Jahren sämtliche europäischen Staaten als Staatengemeinschaft ein gemeinsames europäisches Parlament und eine gemeinsame europäische Gesetzgebung haben. Durch die gemeinsame Gesetzgebung und durch die Verfassung der europäischen Staatengemeinschaft ist aber ein Krieg zwischen europäischen Staaten nicht nur ausdrücklich untersagt, sondern auch tatsächlich zur Unmöglichkeit geworden.

      Solange ein märkischer Raubritter einen benachbarten Raubritter bekriegen konnte, bewegte sich die Kriegführung in den entsprechenden primitiven Formen. Sie wurde großartiger in dem Zeitalter der Entdeckungen und des Schießpulvers. In hundert Jahren können die vereinigten Staaten Europas Kriege nur führen mit der gelben Rasse, also mit China, Japan und Siam oder mit den Vereinigten Staaten Amerikas. Im übrigen hat das europäische Militär nur die Aufgabe der Niederwerfung von Aufständen. Volkserhebungen in Europa sind undenkbar, da die europäische Gesamtverfassung und die Regierung aller Einzelstaaten eine sehr freiheitliche und dem Volkswillen entsprechende ist. Nicht selten aber finden sich gewaltige Erhebungen der Neger und anderer Stämme in Afrika, der Indier und der Bewohner Vorderasiens.

      Nur durch die massenhafte Anwendung der Motorluftfahrzeuge kann Afrika, welches unter die verschiedenen europäischen Großmächte aufgeteilt ist, niedergehalten werden. Auch die Herrschaft über die 400 Millionen Einwohner Indiens würde den Engländern längst dauernd entwichen sein, wenn nicht die gesamten europäischen Staaten die riesenhafte Menge ihrer Motorluftfahrzeuge und Luftschiffertruppen gemäß den Verpflichtungen der Gesamtverfassung bei jeder indischen Revolution den Engländern sofort zur Verfügung gestellt hätten.

      Zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika, welche den gesamten Kontinent von Nordamerika und Südamerika umfassen, und den Vereinigten Staaten von Europa bestehen die denkbar besten politischen Beziehungen. Allerdings sind die europäischen Generalstäbe ebenso wie die amerikanischen Generalstäbe auf die Möglichkeit eines Krieges vorbereitet. Aber es ist außerordentlich unwahrscheinlich, daß ein solcher Krieg jemals ausbrechen wird.

      Der einzige wirklich bedeutende Weltkrieg, der in hundert Jahren stattfindet, ist ein Krieg der Vereinigten Staaten Europas gegen das verbündete China und Japan. Während dieses viermonatlichen ungewöhnlich blutigen Krieges haben sich die Vereinigten Staaten von Amerika vollkommen neutral gehalten. Tatsächlich haben sie aber zur schnellen Niederwerfung der gelben Rasse einen bedeutsamen Beitrag geliefert, indem sie die Ausfuhr von allem Kriegsmaterial nach Ostasien verhinderten.

      In diesem Weltkriege ist aber die fortgeschrittene Kriegstechnik, wie sie in dem ersten Jahrhundert der Motorluftschiffahrt sich ausgebildet hat, voll und ganz zur Geltung gekommen. Der Hauptangriff Europas gegen China wie gegen Japan erfolgte von der Landseite, also vom Westen aus. Unterstützt wurde diese Aktion durch einen Angriff der vereinigten europäischen Flotten in dem Stillen Ozean.

      Die Ursache des Krieges ist nicht ohne Zusammenhang mit der Strategie und Taktik des Feldzuges. China und Japan hatten beide beschlossen, die Motorluftschiffahrt zu verstaatlichen und den europäischen Verkehrsluftlinien die Erlaubnis zu entziehen, eigene Luftschiffhäfen in China und Japan zu besitzen und den Transport von Personen und Waren durch die Luft zu betreiben. Die europäische Staatengemeinschaft hatte einstimmig von vornherein diese Verletzung der althergebrachten Rechte der europäischen Verkehrsluftlinien abgelehnt. Am 1. Juni des Jahres 2008 setzten China wie Japan das wenige Tage zuvor von ihnen erlassene Gesetz in die Wirklichkeit um, indem die staatlichen Behörden sämtliche Luftschiffhäfen Chinas und Japans mit Beschlag belegten und die europäischen Motorluftfahrzeuge auswiesen. Da sich die deutschen, russischen, englischen und französischen Beamten der Luftschiffhäfen und der Motorluftfahrzeuge diesen Anordnungen der chinesischen Behörden vielfach widersetzten, und in einer Reihe chinesischer Städte schwere Ausschreitungen des Pöbels gegen die Europäer vorkamen, an denen auch nachweisbar chinesische Beamte und Soldaten nicht unbeteiligt waren, beschloß die Gesamtvertretung der europäischen Regierungen die sofortige Kriegserklärung.

      Durch drahtlose Telegraphie wurden alle Motorluftfahrzeuge europäischer Gesellschaften aus China und Japan zurückberufen und ihnen der Auftrag gegeben, nach Möglichkeit die europäische Bevölkerung nach Europa oder Indien oder Sibirien zurückzuführen.

      Sofort begann die Mobilisierung der europäischen Luftflotte. Siam bat die europäischen Regierungen neutral bleiben zu dürfen, versprach aber der Rüstung europäischer Motorluftflotten in Siam nicht entgegentreten zu wollen.

      Innerhalb von wenig Stunden wurden alle Luftschiffhäfen rings um das chinesische Reich von Wladiwostock bis Samarkand in Zentralasien und weiter bis nach Lee 3434 Meter hoch in den Bergen des Himalaya-Gebirges, in Kalkutta, Siam und Tonking in Kriegszustand gesetzt. Mehr als tausend Motorballons waren von Sibirien, Indien und Tonking schon in den ersten drei Stunden nach der Kriegserklärung in das Innere von China unterwegs, um den Europäern behilflich zu sein, auf den Motorluftfahrzeugen zu entkommen und um an Benzin oder Gas notleidende europäische Motorluftfahrzeuge auf ihrer Heimreise zu unterstützen. Von zahlreichen Luftschiffhäfen und in der Luft fahrenden Motorluftfahrzeugen treffen in Sibirien, in Anam, Indien und russisch Turkestan drahtlose Depeschen mit Nachrichten über den Stand der Dinge ein. Da eine Reihe von Luftschiffhäfen in China sich gegen die chinesischen Behörden und den Pöbel verteidigen, so muß ihnen von den ersten verfügbaren Streitkräften der Luftflotten zunächst Hilfe gebracht werden. Die ersten großen Luftgeschwader, welche Wladiwostok, Hanoi in Anam, Kalkutta verlassen, dringen gleich tief in das Innere von China ein. In Erwartung der kommenden Ereignisse hatte die englische Regierung ebenso wie die internationalen Luftlinien Vorsorge getroffen, daß eine ungewöhnlich starke Luftmacht in Lasar, der Hauptstadt Tibets, konzentriert war. Insonderheit waren auch die Luftschiffhäfen an der Nordgrenze Tibets mit gut ausgerüsteten Riesenluftschiffen versehen.

      Die Entscheidung in einem solchen Kriege liegt nicht bei den Aluminiumluftschiffen oder Ballonetluftschiffen. Sie liegt auch nicht bei den Drachenfliegern. Die Schlachtluftflotte der Zukunft besteht aus den riesenhaften Vakuumluftschiffen, die nicht von Gas getragen werden, sondern auf Grund der Leere des Raumes aufsteigen. Die alte Idee des Jesuitenpaters Franzesko Lana aus dem Jahre 1670 war bereits am 9. September 1908 in einem Leitartikel des hervorragenden deutschen Gelehrten G. J. Derb in den Illustrierten aeronautischen Mitteilungen wieder aufgenommen worden. Seitdem ist sie nicht mehr zur Ruhe gekommen. Im Jahre 2008 verfügen die europaischen Luftlinien zusammen über mehr als 10000 Vakuumluftschiffe, während die Heeresverwaltungen und Marineverwaltungen der europäischen Staaten etwa 5000 Vakuumluftschiffe besitzen. Keines dieser Vakuumluftschiffe hat einen geringeren Umfang als 300000 Kubikmeter. Die Wände sind aus feinem Nickelstahl hergestellt, welcher fester ist als im Jahre 1908 die Panzerplatten. Eine genaue Beschreibung dieses wichtigsten Motorluftfahrzeuges der Zukunft habe ich in meinem soeben erschienenen Buch „Von Ikarus bis Zeppelin“ (Brandussche Verlagsbuchhandlung, Berlin) Seite 144 gegeben. Ein solches Luftschiff wird vor der Fahrt durch große Luftpumpen vollkommen von Luft entleert. Solche Pumpen sind in allen Luftschiffhäfen vorrätig. Auch führt das Luftschiff selbst eine durch einen Motor in Gang gehaltene Luftpumpe mit sich. Das Vakuumluftschiff hat den großen Vorzug, daß es allen Gefahren des Wasserstoffgases überhoben ist.

      Das Vakuumluftschiff kann nicht explodieren oder verbrennen. Ueberdies kostet das Wasserstoffgas der Aluminiumluftschiffe und Ballonetluftschiffe viel Geld und muß immer wieder ergänzt werden. Das Vakuumluftschiff kann sich solange in der Höhe halten, wie die Luftpumpen ordnungsgemäß arbeiten, also Monate lang und unter Umständen Jahre lang.

      Auf Grund ihres riesenhaften Umfanges haben die Vakuumluftschiffe eine ungeheure Tragfähigkeit. Allerdings wiegt die schwere Stahlumhüllung eines

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