Die Welt in hundert Jahren. Various

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Die Welt in hundert Jahren - Various

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Und nun saßen die beiden Männer und lauschten – hier im ewigen Eise der Polarregion den Klängen und Stimmen der Newyorker Oper.

      Mitten in der Aufregung aber kam ein anderer Ton. Ein Anruf. Ein wahrer Sprühregen von Blitzen prasselte nieder.

      „Nanu, was ist denn los? Hurra!“ rief er aber plötzlich aus. „Der Dynamo auf dem Schiff ist wieder im Stand. Wir haben wieder die Kraft. Herr Leutnant, der Platz am Steuer gebührt jetzt mir.“

      Und fünf Minuten später erhob sich das zierliche Luftschiff auf seinen Schwingen hoch in die Luft und glitt über die Eisfelder hin – dem Pole entgegen.

      Wunder, denen wir entgegengehen

      Ich könnte in diesem Stile fortfahren, Gott weiß wie lange, und Wunder über Wunder erzählen, ohne meine Phantasie auch nur im geringsten anzustrengen, denn alles, was in dem bisherigen Gang der „Erzählung“ so wunderbar sich angehört hat, sind Probleme, die heut schon gelöst sind und die keineswegs mehr in das Gebiet der frommen Wünsche oder der überspannten Hoffnungen und Erwartungen gehören. Nein, es sind Tatsachen, die nur darauf warten, in unser praktisches Leben eingeführt zu werden, gerade so, wie Telegraph und Telephon und Phonograph sich darin eingeführt haben.

      Der Berliner Graf Arco und der Amerikaner De Forest und der Däne Paulsen haben den Nachweis geliefert, daß eine Entfernung von 4 bis 500 englischen Meilen kein ernstes Hindernis für ein drahtloses Telephongespräch ist, und daß man Musik und Gesang ebenso drahtlos übertragen kann, wie jede andere menschliche oder andere Stimme. Und was das „Sehen“ der Person betrifft, mit der man spricht, so ist das Problem auch schon gelöst, wenn auch noch nicht jene Vollkommenheit erreicht ist, auf die wir aber keineswegs mehr zehn, geschweige denn hundert Jahre warten müssen. Und was das Treiben eines Aeromobils durch diese erstaunliche Kraft, die wir die „Drahtlose“ nennen, anbelangt, weshalb nicht? Gerade im letzten Jahre haben wir das Problem auch dieser Kraftanwendung gelöst, und ein schwerer Treidelzug wurde auf „drahtlosem“ Wege in Bewegung gesetzt. Was aber die Geschwindigkeit der Luftschiffe und Flugmaschinen anbelangt, so haben wir selbst gesehen, daß man jetzt schon Geschwindigkeiten von 90 Kilometern in der Stunde erreicht, und auf dem letzten „Fliegerkongreß“ wurde die gar nicht sanguinische Ansicht vertreten, daß wir „jeden Tag“ diese Geschwindigkeit auf 500 Kilometer werden erhöhen können.

      Alles was wir jetzt durch den Draht senden und erreichen können, können wir auch auf drahtlosem Wege senden und erreichen. Das ist die Wahrheit, die gegenwärtig alle Ansichten und Methoden unserer wissenschaftlichen und maschinellen Welt revolutioniert, und wir können uns dieser Tatsache freuen, wenn auch die Kupfermagnaten kein allzu freundliches Gesicht dazu machen und das drahtlose Jahrhundert, das nicht nur kommen muß, sondern schon im Kommen ist, zu allen Teufeln wünschen.

      Das Prinzip, auf welchem die drahtlose Kraftübertragung aufgebaut ist, ist eines der einfachsten, das die Wissenschaft kennt, und wird und kann nie eine Aenderung erfahren, es sei denn, die Welt und der Weltenbau selber ändern sich.

      Wir wissen alle, daß uns das Sehen nur dadurch möglich gemacht ist, daß das Licht in Wellen zu uns gelangt, die bis zu unseren lichtempfindlichen Sehnerven dringen. Ebenso geht jeder Ton in Wellen durch die Luftatmosphäre und dringt an unser Trommelfell, das unter ihrem Einflusse vibriert, und uns das Hören ermöglicht. In ganz gleicher Weise geht ein elektrischer Impuls, von wo er immer auch ausgeht, in Wellen durch den Aether, der jedes Molekül jeder Materie umgibt und die elektrischen Vibrationen durch die Luft, durch das Wasser, durch die Erde und durch Wälle und Mauern führt. Und es ist möglich, diese Vibrationen überall aufzufangen, vorausgesetzt, daß man den richtigen, auf die richtige Wellenlänge abgestimmten Reciver (oder Empfänger) zur Verfügung hat.

      Sobald die Erwartungen der Sachverständigen auf drahtlosem Gebiet erfüllt sein werden, wird jedermann sein eigenes Taschentelephon haben, durch welches er sich, mit wem er will, wird verbinden können, einerlei, wo er auch ist, ob auf der See, ob in den Bergen, ob in seinem Zimmer, oder auf dem dahinsausenden Eisenbahnzuge, dem dahinfahrenden Schiffe, dem durch die Luft gleitenden Aeroplan, oder dem in der Tiefe der See dahinfahrenden Unterseeboot. Ueberall wird er mit der übrigen Welt verbunden sein, mit ihr sprechen und sich mit ihr verständigen können, und er wird sie sehen, wenn er sie sehen will, und sei er auch tausend Fuß tief unter der Erde oder unter dem Spiegel des Ozeans, und wird gesehen werden in jeder, auch in der kleinsten seiner Bewegungen.

      Das Telephon in der Westentasche

      Die Bürger der drahtlosen Zeit werden überall mit ihrem „Empfänger“ herumgehen, der irgendwo, im Hut oder anderswo angebracht und auf eine der Myriaden von Vibriationen eingestellt sein wird, mit der er gerade Verbindung sucht. Einerlei, wo er auch sein wird, er wird bloß den „Stimm-Zeiger“ auf die betreffende Nummer einzustellen brauchen, die er zu sprechen wünscht, und der Gerufene wird sofort seinen Hörer vibrieren oder das Signal geben können, wobei es in seinem Belieben stehen wird, ob er hören oder die Verbindung abbrechen will.

      Solange er die bewohnten und zivilisierten Gegenden nicht verlassen wird, wird er es nicht nötig haben, auch einen „Sendapparat“ bei sich zu führen, denn solche „Sendstationen“ wird es auf jeder Straße, in jedem Omnibus, auf jedem Schiffe, jedem Luftschiffe und jedem Eisenbahnzug geben, und natürlich wird der Apparat auch in keinem öffentlichen Lokale und in keiner Wohnung fehlen. Man wird also da nie in Verlegenheit kommen.

      Und in dem Bestreben, alle Apparate auf möglichste Raumeinschränkung hin zu vervollkommnen, wird auch der „Empfänger“ trotz seiner Kompliziertheit ein Wunder der Kleinmechanik sein.

      Dieses System des Abgestimmtseins für ganz bestimmte Schwingungen kann durch die jedem bekannte Tatsache verständlich gemacht werden, daß, wenn man in der Nähe eines offenstehenden Klaviers, oder einer Violine einen bestimmten Ton singt, die entsprechende Saite des Instrumentes sofort mitzuvibrieren und mitzuklingen beginnt. Und gerade so wie ein tiefer Ton in langen und ein hoher Ton in kurzen Wellen schwingt, so kann auch in der drahtlosen Telegraphie und Telephonie durch einen eigenen Apparat die Länge der entsandten Vibrationen genau kontrolliert werden.

      Der drahtlose Telephonapparat, der jetzt allerdings noch in seiner Kindheit steckt, ist ziemlich schwerfällig und groß. Aber das Ballsche Telephon erforderte Anfangs auch eine eigene und noch dazu ziemlich geräumige Zelle, während man heute schon Taschentelephone hat, mit denen man sich auf fünf, sechs Kilometer Entfernung ganz gut verständigen kann, und schon jetzt gibt es Forscher auf drahtlosem Gebiete, die, möglichst in regnerischen Nächten, mit einem gewöhnlichen Regenschirm, der ihnen die nötigen Antennen liefert, Nachrichten aus dem Aether mit einem Reciver auffangen, der nicht größer als eine Pillenschachtel ist. Wenn aber dieser Apparat erst so vervollkommnet sein wird, daß auch der gewöhnliche Sterbliche sich seiner wird bedienen können, dann werden dessen Lebensgewohnheiten dadurch noch weit mehr beeinflußt werden, als sie dies schon jetzt durch die Einführung unseres gewöhnlichen Telephones geworden sind.

      Auf seinem Wege von und ins Geschäft wird er seine Augen nicht mehr durch Zeitunglesen anzustrengen brauchen, denn er wird sich in der Untergrundbahn, oder auf der Stadtbahn, oder im Omnibus oder wo er grad’ fährt, und wenn er geht, auch auf der Straße, nur mit der „gesprochenen Zeitung“ in Verbindung zu setzen brauchen, und er wird alle Tagesneuigkeiten, alle politischen Ereignisse und alle Kurse erfahren, nach denen er verlangt.3

      Und ist ihm damit nicht gedient, sondern steht sein Sinn nach Höherem, so wird er sich mit jedem Theater, jeder Kirche, jedem Vortrags- und jedem Konzertsaal verbinden und an der Vorstellung, an der Predigt oder den Sinfonieaufführungen teilnehmen können, ja, die Kunstgenüsse der ganzen Welt werden ihm offen stehen, denn die Zentrale der Telharmonie wird ihn mit Paris, Wien, London und Berlin ebenso verbinden können, wie mit der eigenen Stadt. Diese Errungenschaft des drahtlosen Zeitalters werden wir übrigens auch über kurz oder lang schon

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<p>3</p>

Eine solche „gesprochene Zeitung“, allerdings noch nicht auf „drahtlosem Wege“, gibt es jetzt schon u. a. auch in Budapest.