Сказки = Märchen. Вильгельм Гауф
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Die Geschichte von dem kleinen Muck
In Nicea, meiner lieben Vaterstadt, wohnte ein Mann, den man den kleinen Muck hieβ. Ich kann mir ihn, ob ich gleich damals noch sehr jung war, noch recht wohl denken, besonders weil ich einmal von meinem Vater wegen seiner halbtot geprügelt wurde. Der kleine Muck nämlich war schon ein alter Geselle, als ich ihn kannte. Doch war er nur drei bis vier Schuh hoch, dabei hatte er eine sonderbare Gestalt, denn sein Leib, so klein und zierlich er war, muβte einen Kopf tragen, viel gröβer und dicker als der Kopf anderer Leute. Еr wohnte ganz allein in einem groβen Haus und kochte sich sogar selbst, auch hätte man in der Stadt nicht gewuβt, ob er lebe oder gestorben sei, denn er ging nur alle vier Wochen einmal aus, wenn nicht um die Mittagsstunde ein mächtiger Dampf aus dem Hause aufgestiegen wäre. Doch sah man ihn oft abends auf seinem Dache auf und ab gehen, von der Straβe aus glaubte man aber, nur sein groβer Kopf allein laufe auf dem Dache umher.
Ich und meine Kameraden waren böse Buben, die jedermann gerne neckten und belachten, daher war es uns allemal ein Festtag, wenn der kleine Muck ausging. Wir versammelten uns an dem bestimmten Tage vor seinem Haus und warteten, bis er herauskam. Wenn dann die Türe aufging und zuerst der groβe Kopf mit dem noch gröβeren Turban herausguckte, wenn das übrige Körperlein nachfolgte, angetan mit einem abgeschabten Mäntelein, weiten Beinkleidern und einem breiten Gürtel, an welchem ein langer Dolch hing, so lang, daβ man nicht wuβte, ob Muck an dem Dolch, oder der Dolch an Muck stak, wenn er so heraustrat, da ertönte die Luft von unserem Freudengeschrei.
Wir warfen unsere Mützen in die Höhe und tanzten wie toll um ihn her. Der kleine Muck aber grüβte uns mit ernsthaftem Kopfnicken und ging mit langsamen Schritten die Straβe hinab. Wir Knaben liefen hinter ihm her und schrien immer: «Kleiner Muck, kleiner Muck!». Auch hatten wir ein lustiges Verslein, das wir ihm zu Ehren, hier und da sangen, es hieβ:
«Kleiner Muck, kleiner Muck,
Wohnst in einem groβen Haus,
Gehst nur all vier Wochen aus,
Bist ein braver, kleiner Zwerg,
Hast ein Köpflein wie ein Berg,
Schau dich einmal um und guck,
Lauf und fang uns, kleiner Muck!»
So hatten wir schon oft unsere Kurzweil getrieben, und zu meiner Schande muβ ich es gestehen, ich trieb’s am ärgsten, denn ich zupfte ihn oft am Mäntelein, und einmal trat ich ihm auch von hinten auf die groβen Pantoffeln, daβ er hinfiel. Dies kam mir nun höchst lächerlich vor, aber das Lachen verging mir, als ich den kleinen Muck auf meines Vaters Haus zugehen sah. Er ging richtig hinein und blieb einige Zeit dort. Ich versteckte mich an der Haustüre und sah den Muck wieder herauskommen, von meinem Vater begleitet, der ihn ehrerbietig an der Hand hielt, und an der Türe mit vielen Bücklingen sich von ihm verabschiedete. Mir war gar nicht wohl zumute. Ich blieb daher lange in meinem Versteck, endlich aber trieb mich der Hunger, den ich ärger fürchtete als Schläge, heraus, und demütig und mit gesenktem Kopf trat ich vor meinen Vater.
«Du hast, wie ich höre, den guten Muck beschimpft?», sprach er in sehr ernstem Tone. «Ich will dir die Geschichte dieses Muck erzählen, und du wirst ihn gewiβ nicht mehr auslachen, vor- und nachher aber bekommst du das Gewöhnliche».
Das Gewöhnliche aber waren fünfundzwanzig Hiebe, die er nur allzu richtig aufzuzählen pflegte. Er nahm daher sein langes Pfeifenrohr, schraubte die Bernsteinmundspitze ab, und bearbeitete mich ärger als je zuvor.
Als die Fünfundzwanzig voll waren, befahl er mir, aufzumerken, und erzählte mir von dem kleinen Muck.
Der Vater des kleinen Muck, der eigentlich Muckrah heiβt, war ein angesehener, aber armer Mann hier in Nicea. Er lebte beinahe so einsiedlerisch wie jetzt sein Sohn. Diesen konnte er nicht wohl leiden, weil er sich seiner Zwerggestalt schämte, und lieβ ihn daher auch in Unwissenheit aufwachsen. Der kleine Muck war noch in seinem sechzehnten Jahr ein lustiges Kind, und der Vater, ein ernster Mann, tadelte ihn immer, daβ er, der schon längst die Kinderschuhe zertreten haben sollte, noch so dumm und läppisch sei.
Der Alte tat aber einmal einen bösen Fall, an welchem er auch starb, und den kleinen Muck arm und unwissend zurücklieβ. Die harten Verwandten, denen der Verstorbene mehr schuldig war, als er bezahlen konnte, jagten den armen Kleinen aus dem Hause und rieten ihm, in die Welt hinauszugehen und sein Glück zu suchen. Der kleine Muck antwortete, er sei schon reisefertig, bat sich aber nur noch den Anzug seines Vaters aus, und dieser wurde ihm auch bewilligt. Sein Vater war ein groβer, starker Mann gewesen, daher paβten die Kleider nicht. Muck aber wuβte bald Rat. Еr schnitt ab, was zu lang war, und zog dann die Kleider an. Er schien aber vergessen zu haben, daβ er auch in der Weite davon schneiden müsse, daher sein sonderbarer Aufzug, wie er noch heute zu sehen ist. Der groβe Turban, der breite Gürtel, die weiten Hosen, das blaue Mäntelein, alles dies sind Erbstücke seines Vaters, die er seitdem trägt. Den langen Damaszenerdolch seines Vaters aber steckte er in den Gürtel, ergriff ein Stöcklein und wanderte zum Tor hinaus.
Fröhlich wanderte er den ganzen Tag, denn er war ja ausgezogen, um sein Glück zu suchen. Wenn er eine Scherbe auf der Erde im Sonnenschein glänzen sah, so steckte er sie gewiβ zu sich, im Glauben, daβ sie sich in den schönsten Diamanten verwandeln werde. Sah er in der Ferne die Kuppel einer Moschee wie Feuer strahlen, sah er einen See wie einen Spiegel blinken, so eilte er voll Freude darauf zu, denn er dachte, in einem Zauberland angekommen zu sein. Aber ach! Jene Trugbilder verschwanden in der Nähe, und nur allzubald erinnerten ihn seine Müdigkeit und sein vor Hunger knurrender Magen, daβ er noch im Lande der Sterblichen sich befinde. So war er zwei Tage gereist, unter Hunger und Kummer, und verzweifelte sein Glück zu finden. Die Früchte des Feldes waren seine einzige Nahrung, die harte Erde sein Nachtlager.