Gabriele. Александр Дюма
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Die Revolutionen und Alles, was den Ansichten, welche die Marquise in frühester Jugend schon angenommen hatte. Widersprechendes geschehen und gesagt war, hatten dieselbe nicht im Geringsten geändert, zwei ihrer Ansichten besonders beherrschten alle anderen und dienten ihnen gleichsam zur Stütze und Grundlage, nämlich:
Die Größe ihrer edeln Familie und
Der Einfluß der Frauen auf die Gesellschaft.
Diese entthronten Gottheiten um jeden Preis zu beleben, zu erhalten und wiederherzustellen, schien ihr eine heilige Pflicht; ihre Lage betrübte sie weit weniger wegen der Entbehrungen, die sie ihr auferlegte, als weil, sie, als eine Person ihres Ranges, sich gezwungen sah, sich denselben zu unterwerfen, und nur um der beeinträchtigten Ehre dieses Ranges willen litt sie. – Sie fühlte die Würde und moralische Wichtigkeit der Frauen verletzt durch die wenige Beachtung, die in jetziger Zeit einer Frau von ihrem Alter und Range gewidmet wird.
Wenn die übertriebenen Ansichten der Marquise über diese Punkte zuweilen an das Lächerliche streiften, so bewiesen sie doch ungleich öfter eine ungemeine Größe und Erhabenheit ihres Charakters, indem ihre Persönlichkeit in einem Grundsatze sich auflöste. Vergessenheit seiner selbst und Aufopferung der eigenen Persönlichkeit adelt immer, wenn auch der Geist über die Ursachen und Folgerichtigkeit sich täuschen sollte.
Für den Theil der Vorstadt Saint-Germain, welchem die Marquise und der Graf angehörten, schien der jetzige Stand der Dinge noch zu fremd, zu undenkbar, um dauernd sein zu können – und ohne sich je daran gewöhnen zu können, ertrugen sie ihn als einen Zustand der Krisis, die freilich etwas lange wahrte, aber, wie Alles, was gegen die Gesetze der Natur ist, durchaus aufhören mußte.
Das Schicksal einiger Familien war so lange schon so innig mit dem Geschick Frankreichs verknüpft gewesen, daß es ihren Nachkommen schien, als müsse eine Trennung der gegenseitigen Interessen den Untergang beider herbeiführen.
In einem kriegerischen Staate immer zum Kampfe bereit, weihte der Adel der Vorzeit Schwert und Ergebenheit der Treue. – Später umgab er den friedlichen Thron mit der Anmuth des Geistes, dem Reize feiner Sitten und der Eleganz des Luxus, diesem glänzenden Schmucke eines müßigen und sorglosen Hofes; endlich nachdem er dem Königthume aus das Schlachtfeld und zu den Festen gefolgt war, begleitete er dasselbe sogar bis zum Schaffot, und der königliche Märtyrer erschien vor dem Könige des Himmels nicht ohne ein blutiges, aber glänzendes Gefolge, welches sein Geschick theilte, da es dasselbe nicht abzuwenden vermocht hatte.
Wie könnte dieser Adel willig anerkennen, was ihn nicht anerkennt? Einige aus dieser Gesellschaft halten es für unmöglich, daß dies Land, wo sie nichts mehr gelten, ferner bestehen könne; in ihren Augen ist daselbst Alles aufgehoben, und was ohne sie besteht, das besteht für sie wenigstens nicht mehr.
Es mußte einige Hoffnung sich mit der ihren Geist jetzt beherrschenden Idee vereinigen, um die Marquise an dem heutigen Tage ihre siebzig Jahre, ihre Gewohnheiten, die sie sonst um diese Tageszeit an ihr Zimmer fesselten, ihre Schwäche, die ihr das Fahren unangenehm machte und die Schmerzen der Vergangenheit, die sie oft stumpf und untheilnehmend machten, vergessen zu lassen; denn seit dem Abend zuvor war sie aufgeregt, unruhig und ungeduldig und hatte den Grafen dringend gebeten, pünktlich zu sein, und nicht zu vergessen, daß sie in der Mittagsstunde ihn erwarten werde, um sich in seiner Begleitung nach der Poststraße zu begeben.
Wirklich sah man am Morgen dieses von der Marquise so ungeduldig erwarteten Tages, gegen Mittag in dem weiten Hofe eines Hotels der Straße St. Dominique einen eleganten Wagen halten; ein Mann hatte denselben, ungeachtet ein Diener ihn unterstützte, langsam verlassen; kaum hatte er indessen den Fuß auf die Erde gesetzt, als er mit ziemlicher Leichtigkeit und lächelnd um sich blickend, die Stufen der Freitreppe hinauf hüpfte; es war der Graf von Rhinville, der Freund der Marquise von Fontenoy-Mareuil.
,Es war nicht leicht, auf den ersten Anblick sein Alter genau zu bestimmen, und der geübteste Beobachter würde einen Augenblick geschwankt haben, zu entscheiden, ob er einen sehr alten Mann vor sich sähe, dessen Aeußeres die angestrengteste Sorgfalt gegen die Verheerungen der Zeit geschützt hatte, oder einen jungen Mann, dessen Frische und Kraft einem stürmischen Leben unterlegen war.
Aber die Ungewißheit würde geendet haben, bevor die 33 Stufen der zu der Wohnung der Dame führenden Treppe erstiegen waren, dann, nachdem ein Blick ihn versichert hatte, daß er ohne Zeugen war, krümmte sich dieser hohe Wuchs, welchen eine elegante, fast jugendliche Kleidung begünstigte; eine Hand stützte sich auf das Geländer, die andere lag schwer auf dem Arme des Dieners, jeder Schritt geschah mit Anstrengung, die Runzeln dieses plötzlich ernst gewordenen Gesichtes schienen tiefer eingegraben zu sein unter dem leichten Anfluge eines erborgten Rothes, das nicht genügend war, sie gänzlich zu verdecken, und so war es denn nicht mehr zu bezweifeln, daß die glänzend schwarzen, sorgfältig geordneten Haare, die diesen Kopf zierten, auf einem um wenigstens dreißig Jahre jüngeren gewachsen waren.
Indeß erhob sich seine Haltung wieder und sein Schritt wurde fester; sein Mund lächelte wieder mit einem gewissen Stolze, indem der Greis, der gern einem Jüngling gleichen wollte, in ein sehr geräumiges und sehr einfach meublirtes Vorzimmer trat, wo er sich ausruhte. —
Alsbald erhob sich die einzige in diesem Zimmer befindliche, mehr einer schlichten Bürgerfrau, als der Kammerfrau einer vornehmen Dame gleichende Person, und ohne abzuwarten, daß der Diener den Namen seines Herrn genannt hatte, öffnete sie leise eine Thür, trat ohne Geräusch in ein Schlafzimmer und indem sie sich ehrfurchtsvoll der alten Dame, die schon bemüht war, ihre Handschuhe anzuziehen, näherte, meldete sie mit leiser Stimme:
»Der Herr Graf von Rhinville.«
»Ich bin bereit, Graf,« sprach sogleich die Marquise, indem sie ihren großen Fauteuil verließ und sich rasch der Thür zuwendete. »Tausend Dank für Ihre Gefälligkeit und Pünktlichkeit,« fügte sie hinzu; dann, im Begriff das Zimmer zu verlassen, wendete sie sich noch einmal zu ihrer Kammerfrau:
»Mademoiselle Huguet, ich werbe heute erst spät Abends nach Hause kommen,« sprach sie zu dieser, mit der ihr eigenen vornehmen Anstande; die Kammerfrau verneigte sich und die Marquise verließ, ihre Fingerspitzen auf die ihr dargebotene Hand des Grafen legend, mit diesem ihre Wohnung.
Das Zimmer, welches die Marquise so eben verlassen hatte, stellte, durch seine Größe, Höhe, Verzierungen und Meubles, so ziemlich die Wohnung einer großen Dame aus früherer Zeit dar; Mademoiselle Huguet repräsentierte recht gut eine Ausgeberin und auch nöthigenfalls Gesellschafterin.
Die Manieren der Marquise hatten ganz jene imponierende Würde, welche wahre Größe und Selbstgefühl anzeigt – dies war aber auch Alles, was ihr geblieben war von ihrer früheren Wichtigkeit, ihrem Rang, dessen Macht mit ihrem Vermögen und ihren Würden in der Gesellschaft verloren gegangen war.
Die Marquise von Fontenoy-Mareuil war gänzlich verarmt; die Revolutionen hatten einer Familie, welche zu den reichsten und mächtigsten Frankreichs gehört hatte, ihre Besitzungen geraubt; die Devise ihrer Waffen erinnerte noch an ihre Rechte und bezeugte ihren Rang, welcher sie berechtigt hatte, Ansprüche auf den Thron zu machen, wenn die Großen sich einen Herrscher unter ihres Gleichen wählten.
Die Marquise war so gänzlich verarmt, daß sie nur der Freundschaft der Prinzessin von T. die beiden Zimmer, die ihre Wohnung ausmachten, verdankte – sie war also Mitbewohnerin des Hotels ihrer Freundin, die sie nicht hatte bewegen können, mehr als diese beiden Zimmer anzunehmen.
Die Prinzessin hatte sich mit Mademoiselle Huguet und einem Geschäftsträger vereinigen müssen, um der Marquise ohne ihr Wissen eine Pension zu ersetzen, die schon seit 1830 auf der Civilliste gestrichen war und ihre einzige,