Oblomow. Иван Гончаров
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– Gar nicht! – antwortete Oblomow gähnend, – es geht mir schlecht: meine Congestionen quälen mich so. Und wie geht es Ihnen?
– Mir? Ich kann nicht klagen: ich bin gesund und lustig! – fügte der junge Mann mit Betonung hinzu.
– Woher kommen Sie so früh? – fragte Oblomow.
– Vom Schneider. Schauen Sie mich an, ob der Frack gut sitzt? – sagte er, sich vor Oblomow hin und her wendend.
– Ausgezeichnet! er ist sehr geschmackvoll genäht, – sagte Ilja Iljitsch, – aber warum ist er rückwärts so breit?
– Das ist ein Reitfrack: zum Ausreiten.
– Reiten Sie denn?
– Aber gewiß! Ich habe mir den Frack extra für den heutigen Tag bestellt. Heute ist ja der erste Mai: ich reite mit Gorjunow nach Jekaterinhof. Ach! Sie wissen nicht? Man hat Mischa Gorjunow im Rang befördert, darum feiern wir heute, – fügte Wolkow entzückt hinzu.
– So! – sagte Oblomow.
– Er hat einen Fuchs, – fuhr Wolkow fort, – sie haben in ihrem Regiment Füchse, ich habe aber einen Rappen. Wie kommen Sie: zu Fuß oder im Wagen?
– Überhaupt nicht.
– Am ersten Mai nicht in Jekaterinhof sein! Aber Ilja Iljitsch. Dort werden ja alle sein!
– Wieso alle! Nein, doch nicht alle! – bemerkte Oblomow träge.
– Kommen Sie, lieber Ilja Iljitsch! Sofja Nikolajewna wird nur mit Lydia im Wagen sein, vis-á-vis ist aber noch eine Bank, Sie könnten also mitkommen . . .
– Nein, ich habe auf der Bank keinen Platz. Und was soll ich dort anfangen?
– Nun, dann gibt Ihnen Mischa ein zweites Pferd!
– Gott weiß, was er sich ausdenkt! – sagte Oblomow fast flüsternd. – Was haben Sie denn mit den Gorjunows?
– Ach! – rief Wolkow erröthend aus; soll ichʼs sagen?
– Sagen Sieʼs!
– Werden Sie das niemand erzählen – Ihr Ehrenwort? – sprach Wolkow weiter, sich zu ihm aufs Sofa setzend.
– Gut.
– Ich . . . . bin in Lydia verliebt, – flüsterte er.
– Bravo! Schon lange? Ich glaube, sie ist sehr lieb.
– Schon drei Wochen! – sagte Wolkow tief seufzend – Und Mischa ist in Daschenjka verliebt.
– In welche Daschenjka?
– Woher sind Sie, Oblomow? Sie kennen nicht Daschenjka! Die ganze Stadt ist entzückt, wenn sie tanzt! Heute sind wir zusammen im Ballet; er wird ihr ein Bouquet zuwerfen. Ich muß ihn bei ihr einführen: er ist schüchtern und noch ein Neuling . . Ach! ich muß ja noch hinfahren und Camelien kaufen . . .
– Was noch? Lassen Sie das, bleiben Sie zum Mittagessen: wir würden miteinander sprechen. Ich habe ein doppeltes Unglück gehabt . . .
– Ich kann nicht: ich esse beim Fürsten Tjumenjew zu Mittag; es werden dort alle Gorjunows sein, und auch sie, sie . . . Lidinjka! – fügte er flüsternd hinzu. – Warum haben Sie den Verkehr mit dem Fürsten aufgegeben? Was das für ein lustiges Haus ist! Was für ein Ton dort herrscht! Und das Landhaus! es ist in Blumen gebettet! man hat eine Gallerie gothique angebaut. Es heißt, man wird dort im Sommer tanzen und lebende Bilder aufführen. Werden Sie hinkommen?
– Nein, ich glaube nicht.
– Ach, was das für ein Haus ist! Diesen Winter gab es dort jeden Mittwoch nicht unter fünfzig Personen, und manchmal waren es sogar hundert . . .
– Mein Gott! da ist es gewiß höllisch langweilig!
– Wie kann man so etwas sagen? langweilig! Je mehr Menschen da sind, desto lustiger ist es ja. Auch Lydia kam hin, ich habe ihr keine Aufmerksamkeit geschenkt, und plötzlich . . .
»Vergebens mühʼ ich mich, sie zu vergessen
Und durch Vernunft die Leidenschaft zu bannen . . .«
sang er und setzte sich verträumt auf den Sessel, doch dann sprang er plötzlich auf und begann sich den Staub von den Kleidern zu wischen.
– Wie staubig es bei Ihnen überall ist! – sagte er.
– Das ist alles Sachars Schuld! – klagte Oblomow.
– Nun, ich muß gehen! für Mischa ein Bouquet Camelien zu besorgen. Au revoir!
– Kommen Sie abends, nach dem Ballet Thee trinken, Sie werden mir erzählen, wie es dort zugegangen ist, – lud Oblomow ein.
– Ich kann nicht, ich habe den Mussinskys versprochen, hinzukommen, heute ist bei ihnen jour. Kommen Sie auch. Wenn Sie wollen, stelle ich Sie vor!
– Nein, was soll ich dort anfangen?
– Bei den Mussinskys? Aber ich bitte Sie, dorthin kommt ja die halbe Stadt. Was man dort anfangen soll? Das ist ein Haus, in dem über alles gesprochen wird . .
– Das ist ja das Langweilige, daß über alles gesprochen wird, – sagte Oblomow.
– Besuchen Sie dann die Mesdrows, – unterbrach ihn Wolkow, – dort spricht man von einem Gegenstand, von der Kunst; man hört nichts anderes als: die venezianische Schule, Beethoven und Bach, Leonardo da Vinci . . .
– Immer ein und dasselbe – wie langweilig! Das sind gewiß Pedanten! – sagte Oblomow gähnend.
– Man kann es Ihnen nicht recht machen. Gibt es denn wenig Familien! Jetzt haben alle jours: bei den Sawinows speist man am Donnerstag, die Maklaschins empfangen am Freitag, die Wjasnikows am Sonntag, der Fürst Tjumenjew am Mittwoch. Bei mir sind alle Tage besetzt! – schloß Wolkow mit strahlenden Augen.
– Und fällt es Ihnen nicht zur Last, tagaus, tagein herumzurennen?
– Zur Last! Wie kann das zur Last fallen? Es ist so lustig! – sagte er sorglos. – Des Morgens liest man ein wenig, man muß immer au courant sein und alle Neuigkeiten wissen. Ich habe, Gott sei Dank, eine solche Beschäftigung, daß ich nicht ins Amt zu gehen brauche. Ich sitze nur zweimal in der Woche beim General und esse bei ihm zu Mittag, dann mache ich Leuten, bei denen ich schon lange nicht war, einen Besuch; nun und dann . . . gibt es ja immer eine neue Schauspielerin, bald im russischen und bald im französischen Theater. Die Oper wird nächstens eröffnet, ich abonniere mich. Und jetzt bin ich verliebt . . . Es wird bald Sommer; man hat Mischa einen Urlaub versprochen; dann fahren wir für einen Monat auf ihr Gut, der Abwechslung halber. Dort wird gejagt. Sie haben sehr nette Nachbarn, es werden bals champétres arrangiert. Ich werde mit Lydia im Wald spazieren gehen, Boot fahren, Blumen pflücken . . . Ach! . . – Und er machte einen Freudensprung . . . – Es ist aber Zeit . . . Adieu, – sagte er und machte vergebliche Versuche sich im verstaubten Spiegel von vorne und von rückwärts zu betrachten.
– Warten Sie, – hielt ihn Oblomow zurück, – ich wollte mit Ihnen geschäftlich sprechen.
– Pardon,