Das Brautkleid. Александр Дюма
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Demgemäß ließ sich die Baroness in den ersten Gasthof von Dover führen und hier öffnete die Marquise trotz der Anstrengungen der Reise und ehe sie noch etwas genossen hatte, eine Kiste, welche sie in der Carriole verborgen und brachte aus derselben ihre Wäsche und ihre gewöhnlichen Kleider hervor.
Nachdem sie mit Verachtung die populären Lumpen, welche sie so sehr gedrückt, weit von sich geworfen hatte, begann sie ihre Toilette, und hielt diese nicht eher für vollendet, als bis sie vollständig frisiert und gepudert, und zwar mit derselben Sorgfalt war als wenn sie diesen Abend noch in einen Zirkel der Königin gehen wolle.
Die Baroness wandte alle ihre Sorge bloß der kleinen Cäcilie zu, welche glücklicherweise die Seefahrt gut bestanden hatte; da sie indessen sich beeilte, nach London zu kommen und sich dort eine Wohnung aufzusuchen, so ließ sie noch denselben Tag das ganze Innere eines Wagens mieten, welcher am folgenden Morgen um neun Uhr nach der Hauptstadt abfuhr.
Die Reise von Dover nach London wurde mit der gewöhnlichen Schnelligkeit gemacht. Die Reisenden kamen, fast ohne sich aufzuhalten, durch Canterbury und Rochester, und noch an demselben Tage langten sie in London an.
Die Baroness war von ihrem Schmerze zu sehr ergriffen, um auf das zu merken, was um sie her vorging; aber die Marquise war entzückt. Sie sah Livreen, Wappen, Puder, Sachen, die sie seit zwei oder drei Jahren nicht mehr in Frankreich gesehen hatte, und sie fand nun, daß London die schönste Stadt der Welt, und die Engländer das größte Volk der Erde seien.
Die beiden Reisenden stiegen in einem Hotel in Golden-Square ab, welches ihnen Madame Ambron bezeichnet hatte; es lag nur ein Paar hundert Schritte von der Regents-Street; die Baronin schickte sogleich einen Brief an die Herzogin de Lorges, um sie von ihrer Ankunft in Kenntnis zu setzen.
Noch an demselben Abende kam die Herzogin de Lorges herbei. Die Baroness und sie waren sehr intim, und die Herzogin bot ihr ihre Dienste für den Fall an, daß sie in London bleiben wolle.
Allein das war die Absicht der Frau von Marsilly nicht; sie wollte, während sie in der Fremde sich aufhalten würde, das zurückgezogenste Leben führen; sie bat daher die Herzogin bloß, ihr zu sagen, ob sie nicht ein kleines niedliches Dorf kenne, welches für sie als Aufenthalt geeignet sei; damit sie sich ganz der Erziehung ihres Kindes widmen könne. Die Herzogin benannte ihr Hendon, als einen jener angenehmen Aufenthaltsorte, die mit der Nähe der Hauptstadt die Einsamkeit des Landlebens verbinden, und die Baronin gelobte sich, übermorgen das kleine Paradies zu besuchen, welches ihr die Freundin empfahl.
Am folgenden Tage stattete die Baroness und die Marquise der Herzogin ihren Gegenbesuch ab. Die erste Sorge der Baronin war, sich nach Madame Duval zu erkundigen, indem sie, wie man sich erinnern wird, allein der Sorgsamkeit des Mannes derselben zu verdanken hatte, daß sie und ihre Mutter in Boulogne anlangten, ohne auf irgend eine Weise beunruhigt worden zu sein. Die Herzogin ließ sie rufen und einige Augenblicke später trat Madame Duval ein, von ihrem Sohne, einem charmanten Kinde von sechs Jahren begleitet, welchen man sogleich der kleinen Cäcilie zum Spielgenossen gab. Nachdem die Baroness der Madame Duval erzählt hatte, welche Verpflichtungen sie gegen ihren Mann habe, entledigte sie sich der Aufträge desselben an sie. Die gute Frau hörte mit einer wahrhaften Dankbarkeit jedes ihrer Worte an; es waren mehr als drei Monate, seit sie keine Nachricht von ihrem Manne erhalten hatte, der es nicht wagte, seine Briefe der Post anzuvertrauen und sie ihr nur durch Gelegenheiten schicken konnte, welche von Tag zu Tag seltener wurden. Übrigens hatten seit drei Monaten die Niedermetzlungen vom 10. August und vom 2. und 3. September Statt gehabt und die von Nachrichten beraubte, gute Frau wußte nicht, ob er nicht unter der Zahl der Schlachtopfer sei.
Als sie dieses erfuhr, rief sie ihr Kind herbei und dieses kam, die kleine Cäcilie unter den Armen haltend.
»Heinrich«sagte sie, »bitte die Frau Baronin um Erlaubniß, ihr die Hand küssen zu dürfen und danke ihr aus dem Grund Deines Herzens; denn sie hat mich so eben versichert, daß Du noch einen Vater hast.«
»Und wo ist mein Vater?«fragte die kleine Cäcilie, »wo ist er, Mutter?«
Die arme Frau zerfloß in Thränen, nahm dann die beiden Kinder in ihre Arme und umschloss sie so, zu großem Verdrusse der Marquise zu gleicher Zeit.
Am Abende erhielt die Baroness einen Brief von der Herzogin, in welchem diese ihr ankündigte, daß sie nicht zugeben könne, daß sie allein nach Hendon gehe, daß sie vielmehr morgen ihren Wagen nehmen und mit ihr das kleine Dorf besuchen wolle, welches zu ihrer Residenz bestimmt sei.
Am andern Morgen um zehn Uhr war die Herzogin wirklich bei der Baroness, diese und die kleine Cäcilie waren bereit; allein die Marquise hatte ihre Toilette noch nicht vollendet.
Von London nach Hendon sind nur einige Stunden, man gelangte daher in zwei Stunden dahin. Die Baroness war von diesem ruhigen und bescheidenen Anblick der kleinen englischen Häuser entzückt. Eine Frau von einfachem Geschmack, und innerlichen Genüssen huldigend, hatte sie überhaupt seit dem Tode ihres Mannes die Abgeschiedenheit und Einsamkeit in einem dieser Häuser geträumt, wie sie jetzt bei jedem Schritte an der Straße vor ihr standen. Es schien ihr, daß in solchen Wohnungen das Leben immer glücklich, oder wenigstens immer ruhig sein müsse.
Man langte zu Hendon an; es war so, wie es die Herzogin geschildert hatte, eines jener reizenden englischen Dörfer, wie man sie nicht in Holland und Belgien leicht findet. Die Baroness zog Erkundigungen ein, ob eines von den schönen Häusern, welche sie sah, zu mieten sei, und man bezeichnete ihr fünf oder sechs, welche ihr nach den erhaltenen Mitteilungen vollkommen genügend sein konnten.
Die Baroness hatte eine so große Eile, eine dieser niedlichen Wohnungen zu beziehen, daß sie sich sogleich auf den Weg machte, und bei dem ersten, welches sie sah, stehen bleiben wollte.
Allein die Herzogin war mit der inneren Einrichtung dieser kleinen Wohnungen mehr bekannt, und versicherte sie, daß sie noch viel schönere finden würde, als die, welche sie für ein Wunder hielt. Dieser Versicherung glaubend, setzte Frau von Marsilly ihren Weg fort.
Nachdem sie sechs oder sieben gesehen hatte, kamen sie in eine so reizende, daß die Herzogin selbst gestehen mußte, es würde schwer sein, eine bessere zu finden, und man fragte nun nach dem Preise. Frau von Marsilly konnte noch an demselben Tage einziehen, so gut schien sie ihr, und man forderte die Summe von achtzig Pfund Sterling jährlich.
Es war ein kleines Haus von zwei Stockwerken, weiß mit grünen Läden, der Länge derselben nach lief ein Gitterwerk von derselben Farbe hin, ganz besetzt mit Rankengewächsen, deren breite Blätter die verschiedensten Nuancen des schönsten Purpurs in diesem Augenblicke zeigten.
Zur Fassade dieses Hauses gelangte man durch einen kleinen Hof auf dessen beiden Seiten sich Blumenhügel erhoben. Drei Staffeln führten zu einer Thüre von derselben Farbe, wie die Fensterläden, und in der Mitte derselben prangte ein Hammer von Kupfer, der poliert war und glänzte, wie wenn er von Gold wäre. Wenn man durch diese Thüre eingetreten war, befand man sich in einem Korridor, der durch das ganze Haus sich hinzog, um auf der andern Seite in einen kleinen niedlichen Garten zu führen, der ungefähr einen halben Morgen groß, und, wie man es nur in England sieht, mit einem grünen Grasplatz und einer rund herum führenden Allee versehen war, in welcher sich von Zeit zu Zeit große Akazien, Judasbäume, und spanische Flieder befanden. Im Hintergrunde war es ein ländliches Kabinett mit einem Tische und vier Stühlen, ein kleiner Bach, welcher über Felsen en miniatur herunter plätscherte, an deren Ende er ein kleines Bassin bildete, in welches die Mittagssonne nicht eindringen konnte.
Das Innere dieses Hauses war sehr einfach.
Vier Thüren führten in den Korridor des Erdgeschoßes. Nämlich die des Speisesaals, die des Salons, die eines Schlafzimmers und die eines Arbeitskabinetts.
Der