Der Arzt auf Java. Александр Дюма

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Der Arzt auf Java - Александр Дюма

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      Der Arzt auf Java

      Erster Band

      I.

      Der Orkan

      An einem Novemberabend 1847 wurde die Stadt Batavia von einem jener furchtbaren Orkane heimgesucht, welche nur den indischen Meeren eigenthümlich sind und schon so oft die Insel Jana verheerten. Der Wind, der während des Tages nur heftig gewesen war, begann gegen 6 Uhr Abends in einzelnen Stößen zu stürmen. Das Meer wuchs und brach sich schäumend an dem Damme, der den Hafen bildet und ohne welchen Batavia nur eine Rhede haben würde.

      Wer noch keinen Orkan in Indien sah, weiß nicht was ein solcher zu bedeuten hat. Es ist eine Verbindung aller Elemente zur Vernichtung des Menschen und seiner Werke. Das Meer scheint die Städte verschlingen, der Wind sie in das Meer schleuderte zu wollen. Die Blitze sind nicht mehr einzelne Strahlen, sondern ganze Feuergarben.

      Um 9 Uhr Abends brach einer dieser Orkane in seiner ganzen Heftigkeit über Batavia aus. Der Wind heulte, knickte die höchsten Bäume, warf die Hütten der Neger nieder, hob die Bambusdächer von den Magazinen, bedeckte den Boden mit ihren Trümmern und spielte mit den stärksten Stämmen derselben, wie ein gewöhnlicher Wind mit einem Strohhalm.

      Das Schauspiel der Rhede war besonders entsetzlich. Wüthende Wogen, Häuserhoch, stürzten sich schäumend und heulend auf die Küste und glichen eben so vielen Ungeheuern mit aufgesperrten Rachen, bereit, die Arbeiter zu verschlingen, welche von dem Ufer die Gegenstände zu entfernen bemüht waren, die man hier ihrem eignen Gewichte überlassen hatte.

      Die Wassermassen, welche über den Hafendamm schlugen, gelangten bis zu den Schiffen, hoben sie bis zur Höhe der Dächer der Häuser, schleuderten sie gegen einander und zerschmetterten sie so mit einem entsetzlichen Gekrach. Der Regen goß in Strömen herab.

      Wir sagten, daß es 9 Uhr Abends war, als der Orkan in seiner ganzen Wuth ausbrach. Zu dieser Stunde hat die Bevölkerung Batavias für gewöhnlich die obere Stadt erreicht. Batavia besteht nämlich aus zwei übereinander liegenden Städten. In der einen lebt und wohnt man, in der andern treibt man seinen Handel.

      Außer diesen beiden gibt es noch eine dritte, Stadt, die wir hier aber nur nebenher erwähnen und die man das Lager der Chinesen nennt.

      Die untere Stadt, längs der Brücke, in der Mitte von Sümpfen gelegen, umgeben mit einem Wald von Wurzelträgern, welche oft ihre Wurzeln in dem Meere baden und da, wo sie sich von dem Ufer desselben entfernen, kaum einen schmalen Streifen frei lassen, die untere Stadt, sagen wir, wird so ungesund, wenn mit dem Abend die Dünste über dem sumpfigen Boden aufsteigen, daß Niemand es wagt, die Nacht dort zuzubringen. Zwischen 6 und 7 Uhr, wenn die Dunkelheit von dem Himmel mit jener eigenthümlichen Schnelligkeit der tropischen Gegenden herab sinkt, verlassen alle Bewohner die Factoreien, die Comptoire, die Magazine, in denen sie während des Tages ihre Geschäfte verrichteten.

      Die Regierungsgebäude, das Theater, die öffentlichen Anstalten, die Häuser der Europäer, sind auf dem Berge erbaut, welcher die Rhode beherrscht und durch ihre Höhe gegen die pestartigen Ausdünstungen, die von der Küste herkommen, gesichert.

      Die chinesische und malayische Stadt liegt auf der andern Seite dieses Berges.

      Die Gewalt des Windes war so furchtbar, daß ungeachtet der Gefahr, in welcher die Magazine standen, da man sie am nächsten Tage gänzlich vernichtet zu finden glaubte, Niemand es wagte, seine Wohnung zu verlassen. Dennoch ging ungeachtet des Regens, ungeachtet des Sturmes, ungeachtet der Blitze, ein Mann allein rasch den Abhang hinab, der von der obern Stadt zu der untern führt. Man hätte glauben können, dieser Mann wäre gleichgültig gegen das Schauspiel der Vernichtung gewesen, welches sich rings um ihn her zeigte, hätte er sich nicht bei jedem Schritte, den er auf seinem Wege machte, festzuklammern gesucht, und nicht durch den Sturm fortgerissen oder umgeworfen zu werden. Das Wasser rieselte von seinen Kleidern, die Zweige der Bäume peitschten ihm das Gesicht, Stücke der Dächer schlugen um ihn her nieder und drohten ihn in ihrem Falle zu zerschmettern, ohne daß er sich um etwas Anderes zu kümmern schien, als seinen Weg bei dem Scheine der Blitze zu erkennen. So stieg er bis zur Rhede hinab, ließ den Hafen dann zu seiner Linken, wendete sich rechts und folgte dem Quai in seiner ganzen Länge Bei jedem Schritte bedeckte das Meer ihn mit Schaum. An dem Ende des Quais angelangt, blieb er stehen. Er wartete auf einen Blitz. Der Himmel öffnete sich und durch diese Oeffnung einen Flammenstrom herabsendend, erkannte er einen schmalen Pfad, der zwischen dem sumpfigen Wasser hinführte. Er verfolgte diesen Pfad, ging noch ungefähr 5 Minuten weiter und blieb endlich vor einem Bambushause stehen, welches größer war, als die Magazine der untern Stadt und dessen Zugänge mit Ballen und Collis jeder Größe bedeckt waren, geschützt durch große, getheerte Leinwanddecken.

      Der Mann klopfte an die Thür. Es erfolgte keine Antwort. Er versuchte die Thür zu öffnen, doch sie widerstand seinen Anstrengungen. Dies schien ihn zu überraschen, denn in den Städten des indischen Archipels haben die meisten Wohnungen nur der Form wegen eine Thür.

      Er hob ein großes Stück Holz auf, das der Orkan bis hierher geschleudert hatte und bediente sich desselben wie eines Hammers, um gegen die widerstrebende Thür so laute Schläge zu führen, daß sie selbst den Lärm des Sturmes übertönten. Ein schwacher Lichtschein drang durch die Bambusritze des ersten Stockwerkes und eine weibliche Stimme fragte in holländischer Sprache: »Wer ist da?«

      »Oeffnen Sie,« erwiederte der Unbekannte, »öffnen Sie schnell!«

      »Wer sind Sie und was wollen Sie?«

      »Oeffnen Sie nur zuerst; Sie müssen sehen und hören, daß es bei solchem abscheulichen Wetter nicht Zeit ist, vor der Thür ein Gespräch zu führen.«

      »Ich kann nicht öffnen, bevor ich weiß, was Sie hier suchen, und bei einem solchen Sturme und in einer so dunklen Nacht läuft man nicht in guter Absicht auf der Straße umher.«

      »Meine Absicht ist gleichwohl höchst unschuldig und friedlich,« erwiederte der Unbekannte. »Meine Frau ist krank und von allen Aerzten Batavias und der im Hafen liegenden Schiffe aufgegeben und ich komme, den Doctor Basilius, dessen Gelehrsamkeit alle Welt rühmt, um seinen Rath zu bitten.«

      »Wenn Sie deshalb kommen, so warten Sie einen Augenblick.«

      Das Frauenzimmer, welches diese Antwort gegeben hatte, kam hierauf herunter, zog einen eisernen Riegel von der Thür und öffnete diese halb. Dann hielt sie zu dem Spalt ihre durchsichtige Hornlaterne hinaus, so daß der Schein derselben auf das Gesicht des Unbekannten fiel. Sie erkannte dabei, daß sie es mit einem Manne von ungefähr 25 Jahren, mit regelmäßigen Zügen und einem sanften, interessanten Gesichte, zuthun hatte. Ungeachtet seines niederländischen Ursprungs umgaben lange schwarze Haare sein Gesicht und hoben dessen matte Blässe hervor. Seine großen Augen, dunkelblau wie Saphir, obgleich geröthet durch Nachtwachen und Thränen, waren voll Ausdruck. Er trug europäische Kleidung, die zwar sauber war, aber dennoch lange Dienste verrieth. Des Wetters ungeachtet hatte er keinen Mantel, aber selbst die Aermlichkeit seines Anzugs hob seinen eleganten Wuchs und sein anständiges Benehmen noch mehr.

      Der Anblick eines so schönen jungen Mannes, in welchem sie im Augenblick einen Landsmann erkannte, mußte natürlich unsere Holländerin beruhigen, eine junge und schöne Friesin, kaum 18 Jahre alt und noch immer in ihre Nationaltracht gekleidet.

      Sie senkte die Laterne herab, um dem Fremden zu zeigen, daß er eine Stufe hinauf zu steigen hätte und sagte dabei: »Treten Sie ein und verschließen Sie die Thür, denn der Regen verfolgt Sie bis in das Haus.«

      Der junge Mann folgte dieser Weisung, und während er die Straßenthür schloß, öffnete die junge Friesin die Thür eines Zimmers, in das sie den Fremden eintreten ließ.

      Es war ein kleines, achteckiges Gemach, ganz mit Teppichen

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