Liebesdramen. Александр Дюма
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Emma’s Betrübniß war nach und nach zur völligen Muthlosigkeit, zur Verzweiflung gewordene zum Glück besaß sie Charakterstärke genug, um ihr Unglück endlich mit stiller Ergebung zu tragen. Schwere Prüfungen kräftigen und erheben ja jedes Gemüth, das stark genug ist, reicht durch sie gebrochen zu werden. Emma hatte seit ihrer Kindheit manches Mißgeschick erfahren; sie hatte ihre Mutter in Trauer gesehen, und später hatte sie selbst Trauer angelegt. In der Verlassenheit war ihr Geist gekräftigt worden, denn die Zärtlichkeit Susannens konnte ihr keine wirkliche Stütze gewähren. Als daher der erste heftige Schmerz über die Täuschung vorüber war, schien sie ruhig und gefaßt in ihrem Unglück; sie unterdrückte ihre Thränen und ertödtete durch Verachtung eine Liebe, welche sie unter ihrer Würde hielt. Sie seichte keinen Trost bei Anderen, sondern zeigte sich vielmehr so gleichgültig und stolz mitten unter den Huldigungen, von denen sie umgeben war, daß es in der That den Anschein hatte, als ob nichts mehr im Stande sei, diese marmorkalte Gestalt wieder zu beleben, dieses allen Lebensfreuden abgewandte Herz zu erwärmen.
Aber Susanne Mottet war mit dieser Ergebung und Entsagung keineswegs einverstanden. Die Tugend ihrer Emma verkennen, ihre Schönheit verachten, war für die alte treue Dienerin schon ein unverzeihliches Verbrechen; aber daß der Marquis diesen schönen blauen Augen Thränen entlockte, daß er dieser reizenden jungen Frau Kummer machte, mußte Susanne aufs äußerste gegen ihn erbittern.
Dieser Haß erreichte den höchsten Grad, als sie einst im Carneval dem Marquis mit Margarethe Gelis begegnete und den Blick der Verachtung, den sie den Beiden zuschickte, mit frechem Gelächter beantwortet sah.
Emma besuchte die Gesellschaften nur auf Befehl ihres Mannes, der die Verlassenheit, zu der er sie verurtheilt hatte, nicht allzu offenkundig werden lassen mochte. Die geselligen Freuden hatten aber keinen Reiz für sie; die Einsamkeit sagte ihrer ernsten Stimmung mehr zu, als das geräuschvolle Leben; aber Susanne war mit dieser Zurückgezogenheit keineswegs einverstanden, und da sie den Marquis nicht todtmachen konnte, so war sie wenigstens daraus bedacht ihn recht zu ärgern.
Wenn die junge Marquise sich dann und wann einmal entschloß, ihren Gemal in eine Soiree zu begleiten, so schmückte Susanne ihre Gebieterin mit ungemeiner Sorgfalt, wie ein Brahmane sein Idol ausputzt; sie folgte damit ihrer Zärtlichkeit und befriedigte zugleich ihren Haß gegen den Marquis.
Oft folgte sie der Marquise in die befreundeten Häuser, mischte sich unter die Dienerschaft des Ortes, wo das Fest gegeben wurde, und betrachtete ihren Liebling durch eine angelehnte Thür. Sie freute sich ihres Erfolges und war entzückt, wenn sie Emma von Verehrern umgeben sah, und in ihrem Haß gegen den Marquis fühlte sie sich versucht, die Marquise durch Worte und Geberde zu ermuthigen.
Der Marquis kümmerte sich überigens so wenig um sein Hauswesen, daß er die gar nicht verhehlte Feindseligkeit der alten Haushälterin keineswegs beachtete.
So standen die Sachen, als in den ersten Tagen des Jahres 1835 ein Ereigniß eintrat, welches unter der Aristokratie von Dunois ein unerhörtes Aufsehen machte.
Der Unterpräfect des Bezirks hielt sich einen Geheimsecretair, und dieser Secretär gehörte einer der vornehmsten Familien der Normandie an. Er hatte eben seinen Posten angetreten und an einen in Beauce wohnenden Verwandten sein Empfehlungsschreiben mitgebracht, durch welches die Mutter des jungen Mannes a vista auf das Wohlwollen ihres Vetters trassirte und ihn ersuchte, ihre Tratte durch Einführung des Söhnleins in die dortige Gesellschaft zu honorieren.
So wurde denn Louis von Fontanieu, so hieß der neue Secretär, in die Salons eingeschmuggelt, au deren Pforten noch nie ein öffentlicher Beamter das »Sesarm thue Dich auf!« vernommen hatte.
Anfangs wurde er wenig beachtet; aber eine aus boshaften Munde kommende Bemerkung brachte die ganze Gesellschaft in Aufruhr, denn Keiner wollte dem Andern an Reinheit der royalistischen Grundsätze nachstehen.
Viele erklärten eine solche Herabwürdigung des Adels für unerhört. Die Royalisten mußten es allerdings höchst anstößig finden, daß ein Fontanieu in die Dienste der Juliregierung trat, daß ein Edelmann aus gutem Hause der Lakei eines dem Bürgerkönige dienenden Beamten wurde. Jedes Wohlwollen für den jungen Mann, der seinen Namen und seine Ehre so weit vergessen konnte, galt in den Augen der Aristokratie für mitschuldig. Die eifrigsten Royalisten wollten dem Eindringling die Thür weisen.
Es konnte nicht fehlen, daß diese heftigen Aeußerungen des Unwillens vielfachen Wiederhall fanden.
Dieses Echo drang auch bis zu Herrn von Mauroy, – dem Vetter, der Louis von Fontanieu in die Gesellschaft eingeführt hatte; er nahm seinen jungen Verwandten lebhaft in Schutz und suchte ihn dadurch zu entschuldigen, daß dessen Vater dem legitimen Königthum weit größere Opfer gebracht habe, als die Unzufriedenen, die sich als so eifrige Royalisten geberdeten. Der würdige Mann sei als Oberst der königlichen Garde im Jahre 1830 gefallen; sein Sohn habe kein Vermögen und sei folglich auf den Staatsdienst angewiesen, um seine Mutter und seine Tochter zu unterstützen.
Aber die Eiferer waren nicht durch Gründe zu beschwichtigen; Herr von Mauroy wurde zwar von einigen einsichtsvollen und vorurtheilsfreien Personen unterstützt, aber ein beträchtlicher Theil der aristokratischen Gesellschaft von Châteaudun widersetzte sich der Zulassung des jungen Secretärs in ihren Gesellschaftskreis.
Einer seiner ärgsten Gegner war der Marquis von Escoman. Der Parteigeist war freilich bei diesem nicht die Ursache, sondern der Vorwand der Feindseligkeit.
Es gibt allerdings energische Charaktere, die mitten in einem regellosen Leben fest bei ihren Meinungen beharren; die Völlerei ist bei ihnen dann eine Art Sicherheitsventil, durch welches das überflüssige innere Feuer entweicht. Aber es sind immer nur Ausnahmen. Für gewöhnliche Menschen hat das Uebermaß in den sinnlichen Genüssen einen entnervenden Einfluß auf alle Geisteskräfte, und folglich auch auf die politische Ueberzeugung. Die gewaltsamen Veränderungen der gesellschaftlichen Zustände, die vergangenen oder bevorstehenden Revolutionen waren dem Marquis gleichgültiger als ein einziger Blick von Margaretha Gelis. Und eben eine unwillkürliche Bewegung ihrer großen schwarzen Augen hatte seinen Groll gegen Louis von Fontanieu geweckt.
Jener Blick, der sich anfangs wohl unwillkürlich auf den Letzteren gerichtet hatte, wurde oft und sehr willkürlich wiederholt, und zwar jedesmal feuriger und herausfordernder.
Der Marquis, aufs äußerste erzürnt, erklärte den kleinen aristokratischen Gesellschaftskreis von Châteaudun für entehrt und betheuerte, er werde die Einsamkeit suchen und als Eremit leben.
Fontanieu, der von diesen Umtrieben anfangs keine Ahnung hatte, war ein junger Mann von vierundzwanzig Jahren und schien von der Natur ungemein begünstigt zu sein; wenn man ihn aber durch die Lupe betrachtete, fand man etwas Unfertiges, des letzten Schliffes Bedürftiges an ihm.
Er war hübsch gewachsen, sein Gesicht regelmäßig und selbst nicht ohne Ausdruck und Geist; aber seinem ganzen Wesen fehlte die Anmuth, die Ungezwungenheit der feinen Weltsitte. Er hatte die steife, gezwungene Haltung eines, Soldaten in Civilkleidern. Er war als der Sohn keines Offiziers zum Militärstande bestimmt gewesen, und er würde auch Soldat geworden sein, wenn sein Vater am Leben geblieben wäre. Die Besorgnisse seiner Mutter hatten ihn bewogen die Militärschule zu St. Cyr nicht als Unterlieutenant zu verlassen, sondern der Secretär eines Unterpräfecten zu werden. Er hatte also bis zum einundzwanzigsten Jahre die Uniform getragen.
Seine Fassungskraft war außerordentlich, aber es fehlte ihm an Ausdauer; er wußte von Allem etwas, aber seine Kraft erlahmte, sobald ein Studium die mindeste Anstrengung erforderte. Uebrigens war er sanft von Charakter und herzensgut. Die Natur hatte eben durch die Superlative seine Vorzüge verringert und sogar ihm und Anderen lästig gemacht; diese keineswegs gewöhnlichen Eigenschaften waren bei ihm eine Art nervöser