Historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre. Henryk Sienkiewicz
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre - Henryk Sienkiewicz страница 13
Der Abt lauschte voll Aufmerksamkeit auf die Worte der Fürstin, sagte hie und da beipflichtend »ja, ja« und erklärte dann: »Ich weiß, daß an der Spitze der Gesandtschaft der Komtur Lichtenstein nach Krakau kommen wird, ein Ordensbruder, der seines vornehmen Standes, seines Mutes und seiner Klugheit wegen hoch geachtet ist. Vielleicht trefft Ihr hier mit ihm zusammen, huldreiche Frau, denn mir wurde die Kunde, daß er unserer Reliquien wegen nach Tyniec zu kommen gedenke, um hier sein Gebet zu verrichten.«
Kaum hatte jedoch die Fürstin diese Worte vernommen, so hub sie mit neuem Eifer also an: »Die Leute erzählen – und Gott gebe, daß es sich bewahrheite – es werde binnen kurzem ein großer Krieg entbrennen, in welchem das Königreich Polen mit seinen Verbündeten, also mit allen Nationen, die eine dem Polnischen ähnliche Sprache reden, gegen die Deutschen und die Kreuzritter kämpfen wolle. Es sollen ja darüber Prophezeiungen einer Heiligen vorhanden sein.«
»Ihr sprecht von Brigitta,« unterbrach der Abt die Fürstin. »Vor acht Jahren ist sie unter die Heiligen aufgenommen worden. Der fromme Peter aus Alvastern und Matthäus aus Linköping haben die Prophezeiungen aufgeschrieben, in denen ein großer Krieg vorausgesagt wird.«
Als Zbyszko diese Worte vernahm, vermochte er sich nicht zu beherrschen, sondern fragte mit einer vor Freude zitternden Stimme: »Und wird dieser Krieg bald ausbrechen?«
Allein er erhielt keine Antwort auf diese Frage, denn der Abt, ausschließlich mit der Fürstin beschäftigt, hatte entweder nichts gehört oder that, als ob er nichts gehört habe, die Fürstin aber fuhr fort: »Die jungen Krieger freilich, die sehen mit Freuden einem solchen Kriege entgegen, die alten und bedachtsamen aber sprechen also: ›Nicht die Deutschen fürchten wir, noch ihre Spieße und Schwerter, wenngleich ihre Macht groß ist, wenngleich sie voll Zuversicht sind, nein, nein, wir fürchten die Reliquien der Kreuzritter, gegen die sich nichts ausrichten läßt‹.« Hier hielt Anna Danuta inne, blickte voll Bangen auf den Abt und fügte endlich leise hinzu: »Sie sollen ja, wie allgemein gesagt wird, Holz von dem heiligen Kreuze in Besitz haben. Wie kann man daher mit ihnen Krieg führen?«
»Der König von Frankreich überschickte es ihnen,« erklärte der Abt.
Ein minutenlanges Schweigen trat ein, dann aber ergriff Mikolaj von Dlugolas das Wort, ein erfahrener Mann, der schon viel in der Welt herumgekommen war. »Ich bin in Gefangenschaft bei den Kreuzrittern gewesen,« sprach er, »und ich habe häufig Prozessionen gesehen, bei denen jene Reliquie umhergetragen worden ist. Aber außer diesem Heiligtume besitzt das Kloster von Olivia eine große Zahl anderer Reliquien, ohne welche der Orden nicht zu solcher Macht gelangt wäre.«
»Wie kann man daher im Kriege gegen sie bestehen?« wiederholte die Fürstin seufzend.
Daraufhin erwiderte der Abt, seine Stirne runzelnd, nach kurzem Ueberlegen: »Schwierig ist es auch deshalb, im Kriege gegen sie zu bestehen, weil sie Ordensbrüder sind und das Kreuz auf dem Mantel tragen; wenn sie jedoch das Maß der Sünden überschreiten, dann werden diese Heiligen und ihre Reliquien, von Ekel erfüllt, nicht nur nicht ihre Macht erhöhen, sondern sich ganz von ihnen wenden. Möge Gott das christliche Blut schonen, aber wenn es zu dem großen Kriege kommt, so haben wir ja auch in unserem Königreiche Heilige, welche für uns kämpfen werden. In den Prophezeiungen der hl. Brigitta heißt es ja: ›Ich verlieh ihnen die Nützlichkeit von Bienen und setzte sie fest an die Grenze des christlichen Landes. Allein jetzt wenden sie sich gegen mich. Denn sie kümmern sich nicht um die Seele und erbarmen sich nicht des Leibes dieses Volkes, das aus seinem Irrglauben zu dem katholischen Glauben übergegangen ist, das sich zu mir gewendet hat. Gleich Sklaven behandeln sie es; sie lehren es nicht die Gebote Gottes, und da sie es der heiligen Sakramente berauben, verdammen sie es zu noch größeren Höllenqualen, als wenn es im Heidentum verharrt hätte. Kriege führen sie, aber nur zur Stillung ihrer Habgier. Deshalb wird die Zeit kommen, in der ihnen ausgebrochen werden die Zähne, ihnen abgehauen wird die rechte Hand, es wird die Zeit kommen, in der ihnen lahm werden wird der rechte Fuß, damit sie erkennen ihre Sünden‹.«
»Das gebe Gott!« rief Zbyszko.
Auch die andern Ritter und die Ordensbrüder faßten neuen Mut beim Anhören dieser Prophezeiung, der Abt jedoch wandte sich wiederum zu der Fürstin und fuhr fort: »Deshalb vertrauet auf Gott, huldreiche Frau, denn eher sind ihre Tage gezählt als die Euren, und inzwischen nehmt gütigst die Kapsel entgegen, in welcher sich eine Fußzehe des heiligen Ptolemäus, eines unserer Schutzheiligen, befindet.«
Zitternd vor Glück streckte die Fürstin die Hand aus, kniete nieder und nahm voll Freude die Kapsel entgegen, die sie an ihre Lippen preßte. Und auch die Hofherren und die Hofdamen freuten sich mit ihrer Herrin, denn keines von ihnen zweifelte, daß sich durch dieses Geschenk Segen und Glück über alle, über das ganze Fürstentum ergießen werde. Hochbeglückt fühlte sich auch Zbyszko durch die Hoffnung, daß der Krieg sofort nach den Feierlichkeiten beginnen werde.
Viertes Kapitel.
Es war fast Mittag geworden, als die Fürstin mit ihrem zahlreichen Gefolge aus Tyniec aufbrach, um sich nach Krakau zu begeben. Gar häufig legten in damaliger Zeit die Ritter, welche in einer größeren Stadt oder auf einer Burg irgend eine bekannte Persönlichkeit aufsuchten, völlige Kriegsrüstung an. Der Sitte gemäß wurde diese freilich sofort nach Ueberschreitung der Thorschwelle wieder abgelegt, wozu gewöhnlich die Ankömmlinge von den Herren der Burgen mit den Worten aufgefordert wurden: »Legt die Rüstung ab, edle Gäste, denn Ihr seid bei Freunden!« Nichtsdestoweniger wurde großes Gewicht auf einen kriegerischen Einzug gelegt, der in aller Augen die Bedeutung des Rittertums hob. So erschienen denn auch jetzt Macko und Zbyszko, angethan mit wunderbaren Panzern und Armschienen, samt und sonders von friesischen Rittern erbeutet.
Mikolaj aus Dlugolas, der schon weit in der Welt herumgekommen war, der schon unzählige Ritter gesehen hatte und als Kenner von Kriegswaffen galt, sagte sich sofort, daß diese Panzer nur durch Mailänder geschmiedet sein konnten, die berühmtesten Panzerschmiede in der ganzen Welt. Nur die reichsten Ritter konnten sich derartige Rüstungen verschaffen, von denen eine jede als beträchtliches Erbgut