Butler Parker 103 – Kriminalroman. Günter Dönges
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Leider wurden diese Bohrungen empfindlich behindert, wie sich gezeigt hatte.
Die Battersea Oil Company hatte in letzter Zeit viel Pech und kam mit ihren Bohrungen nicht voran. Sabotage wurde vermutet. Es gab technische Pannen am laufenden Band, die von Experten auch als Sabotage erkannt worden waren. Natürlich waren die zuständigen Behörden eingeschaltet worden, doch auf das Trio Lady Simpson – Butler Parker – Kathy Porter hatte man nicht verzichten wollen. Höchste Regierungskreise hatten die Detektivin gebeten, sich helfend einzuschalten. Regierungskreise, die dem britischen Geheimdienst nahestanden. Dem Spuk der Saboteure sollte so schnell wie möglich das Handwerk gelegt werden, denn man vermutete, daß aus diesen Sabotagehandlungen schon recht bald Mord und Totschlag würden.
Zudem stand die nationale Energiepolitik auf dem Spiel. Erwartete Funde durften nicht verzögert werden, das Öl sollte aus dem Festlandsockel so schnell wie möglich hervorsprudeln. Lady Simpson hatte diesen Auftrag nur zu gern angenommen. Nach langem Herumsitzen vor ihrer Schreibmaschine war die »Schriftstellerin« der Meinung, daß sie wieder mal Anregungen brauchte.
Sie hoffte also, daß in der Garderobe von Kathy Porter geschossen worden war und zog ein enttäuschtes Gesicht, als das angebliche Nummerngirl bedauernd den Kopf schüttelte.
»Hat dieser Mann wenigstens ein Messer geworfen?« hoffte die ältere Dame.
»Auch das nicht, Mylady«, bedauerte Kathy erneut und lächelte unwillkürlich. »Er wollte mich nur beschützen.«
»Wer war dieser Herr und was wollte er?« schaltete Parker sich würdevoll ein.
»Er nennt sich Lester Bentley«, erwiderte Kathy, »er war auf der Suche nach meinem Chef, Mister Kelson.«
»Konnten Sie herausfinden, woher er kam und welchen Beruf er ausübt, Miß Porter?«
»Ich habe nur gemerkt, daß Mister Kelson eine tödliche Angst vor ihm hat, Mister Parker. Er schlich wie ein geprügelter Hund aus meiner Garderobe.«
»Und wer sind Lana und Herbert, die Sie am Entlüftungsschacht der Dusche belauschen konnten?«
»Lana Durbin und Herbert Nell«, sagte Kathy Porter, »sie betreiben Bodenakrobatik, eine sehr gute Artistennummer.«
»Und Mister Nell behauptete, auf ihn sei hinter der Bühne geschossen worden?« wollte der Butler noch mal wissen.
»Ganz eindeutig, ich konnte das Gespräch Wort für Wort verfolgen.«
»Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Miß Porter, lebt dieses Paar gefährlich, verdient viel Geld und ist der Meinung, daß eine Gegenseite existiert, die mit harten Bandagen kämpft.«
»Sie haben mich vollkommen richtig verstanden, Mister Parker.« Kathy Porter nickte ernst.
»Eine sehr anregende Ausgangsposition«, stellte Lady Simpson fest und sah wieder mal recht animiert aus. »Als Schriftstellerin würde ich solch ein Thema folgendermaßen anlegen: Zwei konkurrierende Gruppen versuchen, die Ölbohrungen auf der künstlichen Stahlinsel zu sabotieren. Was sagen Sie dazu, Mister Parker?«
»Ein interessantes Thema, das Mylady behandeln sollten.« Der Butler verzog keine Miene.
»Es ist alles so schrecklich einfach«, schwärmte die Dame weiter. »In der Music hall treffen sich die Besatzungen dieser Bohrinsel. Hier liefern sie ihre Nachrichten ab, hier bekommen sie ihre neuen Aufträge. Die Music hall ist das Nest der Sabotage. Meiner Ansicht nach braucht man nur noch zuzupacken.«
»Vielleicht ist Mylady damit einverstanden, erst mal einige Beweise zu beschaffen«, meinte Parker.
»Papperlapapp, Parker!« Sie sah ihn streng an. »Mit solchen Kleinigkeiten halte ich mich erst gar nicht auf. Ich glaube, ich werde mir sofort ein paar Notizen machen.«
Sie nickte ihrem Butler und Kathy Porter hoheitsvoll zu und begab sich hinüber in ihr Schlafzimmer, wo an der Wand ein kleiner Schreibsekretär stand. Lady Agatha holte ihr Notizbuch hervor und schrieb einige Stichworte nieder. Was sie tat, tat sie stets konsequent und mit großer Begeisterung.
»Haben Sie den Namen Dan Mulligan schon mal gehört?« fragte der Butler seine Assistentin Kathy, die bereits von dem Zwischenfall in der Loge wußte.
»Ist das der Mann, der Lady Simpson niederschlagen wollte?«
»Was er tatsächlich wollte, Miß Kathy, läßt sich mit letzter Sicherheit nicht sagen.«
»Der Beschreibung nach müßte ich ihn eigentlich kennen«, antwortete Kathy Porter nachdenklich, »er sitzt Abend für Abend in der ersten Reihe und erscheint nach den Vorstellungen häufig in Mister Kelsons Privatbüro.«
»Ihm sollten Sie sich vielleicht ein wenig widmen, Miß Kathy«, riet Parker seiner attraktiven Assistentin. »Aber ich darf größte Vorsicht empfehlen.«
»Sie glauben auch, daß die Music hall mit den Sabotagehandlungen zu tun hat?« Kathy Porter sah zu Mylady hinüber, die sich immer noch Notizen machte.
»Einige Personen in der Music hall«, präzisierte der Butler, der Genauigkeit liebte. »Lady Simpsons Theorie könnte unter Umständen durchaus stimmen, aber das wird sich wohl schon innerhalb der nächsten Stunden erweisen.«
»Sie erwarten Besuch, Mister Parker?«
»Ich könnte mir vorstellen, daß ein gewisser Mister Mulligan versuchen wird, wieder an seinen Ring zu kommen.« Parker hob den Diamantring und ließ ihn im Licht der Lampe funkeln.
*
Dan Mulligan befand sich seit ein paar Stunden in Panik.
Er begriff noch immer nicht recht, wer ihn in der Loge der alten Fregatte, wie er Lady Simpson respektlos genannt hatte, wohl niedergeschlagen haben mochte. Darüber zerbrach er sich den Kopf. Er zerbrach ihn sich aber auch über ein anderes Thema: Wer hatte seine Taschen so gründlich durchwühlt und geleert? Wer besaß jetzt die so ungemein wichtigen Ansichtskarten, die längst auf dem Weg nach London sein mußten? Und wer hatte ihm den teuren Diamantring gestohlen? Der Stein hatte ihn ein kleines Vermögen gekostet.
Dan Mulligan, Vorarbeiter der Battersea Oil Company, ein erstklassiger Fachmann und ausgekochter Gauner, saß in einer Kneipe und weigerte sich anzunehmen, man könne ihn hereingelegt haben, obwohl er diesen Verdacht nicht los wurde. So etwas konnte er sich einfach nicht vorstellen, dazu konnte die Alte doch unmöglich in der Lage gewesen sein …
Da mußte die Gegenseite sich eingeschaltet haben, vor der sein Auftraggeber ihn eindringlich gewarnt hatte. Die ruhigen Zeiten waren vorüber. Mulligan fragte sich jedoch, ob die Alte vielleicht zur Gegenseite gehörte. Er kannte eine Menge Tricks, die in seiner Branche üblich waren. Die harmlosesten Mitbürger entpuppten sich oft als die gerissensten Konkurrenten.
Hinzu kam die Tatsache, daß man ihn auf diese angebliche Lady ganz bewußt angesetzt hatte. Sie mußte es demnach also faustdick hinter den Ohren haben. Warum hätte er ihr sonst wohl eine harte Lektion erteilen sollen? Dan Mulligan wußte, wo sie hier in Montrose wohnte. Er