Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон

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haben ja heute den ganzen Tag gehabt«, sagte sie.

      »Aber wir haben zu spät angefangen, darüber zu sprechen. Nächstes Mal wollen wir nicht solange warten. Es ist mir bitterer Ernst, das kann ich Ihnen sagen. Also nächsten Sonntag?«

      »Sind Männer je ehrlich?« fragte sie. »Sie wissen ganz gut, daß Sie mit nächsten ›Sonntag‹ viele Sonntage meinen.«

      »Dann lassen Sie es viele Sonntage sein«, rief er unbekümmert, und ihr schien, er sei noch nie so hübsch gewesen. »Sagen Sie ja. Nur dieses eine Wort. Nächsten Sonntag am Steinbruch ...«

      Sie nahm die Zügel in die Hand, um weiterzureiten. »Gute Nacht,« sagte sie, »und –«

      »Ja«, flüsterte er mit einem ganz leisen gebieterischen Anflug in der Stimme.

      »Ja«, sagte sie leise, aber deutlich.

      Im selben Augenblick galoppierte sie davon, ohne sich umzusehen, nur damit beschäftigt, sich über ihre eigenen Gedanken klar zu werden. Bis zum letzten Augenblick war sie entschlossen gewesen, nein zu sagen, und doch hatten ihre Lippen ja gesagt. Oder es schien ihr doch, daß es die Lippen waren. Sie hatte, nicht die Absicht gehabt, ihre Zustimmung zu geben. Warum hatte sie es dann getan? Ihre Überraschung und Verwirrung über eine so vollkommen unüberlegte Handlung wich der Bestürzung, als sie sich die Folgen klarmachte. Sie wußte, daß mit Burning Daylight nicht zu scherzen war, daß er mit seiner Einfachheit und Knabenhaftigkeit doch in erster Linie eine Herrschernatur war, und daß sie sich einer Zukunft überlassen hatte, die unvermeidlich Sturm und Drang bringen mußte. Und wieder fragte sie sich, warum sie in dem Augenblick, als es am allerwenigsten ihre Absicht gewesen, ja gesagt hatte.

      Achtundzwanzigstes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Das Leben im Kontor ging seinen Gang. Weder durch Worte noch durch Blicke räumten sie ein, daß die Situation sich irgendwie gegen früher verändert hatte. Jeden Sonntag verabredeten sie sich zum Reiten für den nächsten Sonntag, aber im Kontor wurde nie die geringste Anspielung darauf gemacht. In diesem Punkt war Daylight durchaus ritterlich. Er wollte sie nicht verlieren. Der Anblick ihrer Person und ihrer Arbeit war ihm eine ständige Freude.

      Trotz aller guten Vorsätze lag eine gewisse Heimlichkeit über ihren Begegnungen. Sie ritten nicht frei miteinander im Angesicht der ganzen Welt. Im Gegenteil, sie trafen sich stets an Stellen, wo sie sich am wenigsten beobachtet wußten. Sie ritten auch nur auf den stillsten Wegen und zogen die zweite Hügelreihe vor, wo sie höchstens ländliche Kirchgänger trafen, die Daylight wahrscheinlich nicht einmal aus den Bildern in den Zeitungen kannten.

      Auf diesen ununterbrochenen Ritten lernten sie sich kennen. Sie sprachen meist über sich selbst. Während er von den arktischen Reisen und den Goldminen sprach, erzählte sie ihm ausführlich von ihrem Leben auf der Ranch, von Pferden und Hunden, Menschen und Dingen, bis er ihre ganze Jugend, ihren Werdegang gleichsam vor sich sah. Er erfuhr alles, bis zum Bankerott und Tod ihres Vaters, wodurch sie gezwungen worden war, die Universität zu verlassen und eine Anstellung im Kontor zu suchen. Auch von ihrem Bruder erzählte sie, von ihrem jahrelangen Kampf, um ihn wieder gesund zu bekommen, und ihre immer mehr schwindende Hoffnung ... Daylight fand, daß man viel leichter klug aus ihr werden konnte, als er gedacht hatte, obwohl, wie er immer wieder gewahr wurde, hinter und unter allem, was er von ihr wußte, das geheimnisvolle, verwirrende Geschlecht stand. Hier war, wie er selbst demütig einräumte, ein unendliches Meer, von dem er nichts wußte, auf dem er sich ohne Seekarten und andere Hilfsmittel, so gut es ging, zurechtfinden mußte.

      Dede zu Pferde, Dede auf einem sommerlichen Hange Mohn pflückend, Dede nach einem Diktat stenographierend – das war alles sehr verständlich. Aber die Dede, die so schnell die Stimmung wechselte, die sich energisch weigerte, mit ihm zu reiten, und dann plötzlich ja sagte, in deren Augen das goldene Licht ständig kam und ging und Dinge flüsterte, die nicht für seine Ohren bestimmt waren, die Dede kannte er nicht. In alledem sah er die schimmernde Tiefe des Geschlechts. Er spürte seine Anziehungskraft und nahm sie als etwas Unbegreifliches hin.

      »Der Winter kommt bald,« sagte sie eines Tages bedauernd und ein wenig herausfordernd, »und dann ist es vorbei mit unseren Ritten.«

      »Aber ich muß Sie sehen«, rief er hastig.

      Sie schüttelte den Kopf.

      »Es war sehr schön«, sagte sie und sah ihn offen an. »Ich erinnere mich noch gut Ihres törichten Arguments, daß wir uns kennenlernen müßten, aber es führt ja zu nichts, kann zu nichts führen. Ich kenne mich selbst zu gut, um nicht zu wissen, daß ich nicht irre.«

      Ihr Gesicht war ernst und fast bekümmert, als wollte sie ihn nicht kränken, und sie schlug die Augen nicht nieder, aber in ihnen leuchtete das goldene, flammende Licht – der Abgrund zwischen den Geschlechtern, den er jetzt nicht mehr fürchtete.

      »Ich bin doch wirklich sehr brav gewesen«, erklärte er. »Sagen Sie selbst, ob das nicht wahr ist. Und ich kann Ihnen sagen, daß es mir nicht ganz leicht geworden ist. Denken Sie mal darüber nach. Ich habe nicht ein Wort von Liebe zu Ihnen gesagt, und dabei habe ich Sie die ganze Zeit geliebt. Das will etwas heißen bei einem Mann, der gewohnt ist, stets seinen Willen zu bekommen. Ich will, daß Sie mich heiraten. Aber habe ich das je mit einem Wort berührt? Ich habe Sie nicht gefragt, ob Sie mich heiraten wollen. Ich frage Sie auch jetzt nicht. Sie kennen mich gut genug, um zu wissen, was Sie wollen.« Er zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht recht, und ich möchte jetzt nicht den Versuch machen. Sie sollen sich völlig klar darüber sein, ob Sie glauben, es mit mir wagen zu können oder nicht, und deshalb spiele ich ein so langsames, ruhiges Spiel. Ich möchte nicht verlieren.«

      Das war eine Art von Verehrung, die Dede noch nicht kannte. Es lagen Nüchternheit und Kälte darin, die sie kränkten, aber das Gefühl verschwand, wenn sie sich der Leidenschaft erinnerte, die sie tagein, tagaus in seinen Augen gesehen, in seiner Stimme gehört hatte. Dazu rief sie sich ins Gedächtnis, was er ihr vor vierzehn Tagen gesagt hatte: »Vielleicht wissen Sie, was Geduld ist«, und dazu hatte er ihr erzählt, wie er am Stewart-River, als er und Elijah Davis am Verhungern gewesen waren, Eichhörnchen geschossen hatte.

      »Sie sehen also,« fuhr er fort, »daß wir uns im Winter treffen müssen, allein schon, damit das Spiel gleich ist. Sie haben selbstverständlich Ihren Entschluß noch nicht fassen können –.«

      »Doch«, unterbrach sie ihn. »Mein Glück liegt nicht auf diesem Wege. Ich habe Sie gern, Herr Harnish, aber mehr kann es nie werden.«

      »Das kommt wohl daher, daß Ihnen meine Lebensweise nicht zusagt«, meinte er, und dabei dachte er an die sensationellen Zeitungsberichte über sein ausschweifendes Leben und war gleichzeitig gespannt, ob sie tun würde, als wisse sie nichts davon.

      Zu seiner Überraschung antwortete sie indessen offen und ohne Vorbehalt:

      »Nein, das ist es nicht.«

      »Gewiß, ich bin unvorsichtig gewesen«, begann er sich zu verteidigen. »Und ich hab' mich auch in bedenklicher Gesellschaft herumgetrieben –.«

      »Das meine ich nicht,« sagte sie, »obgleich ich auch davon gehört habe und nicht sagen kann, daß es mir gefallen hätte. Aber es ist Ihr Leben im allgemeinen, Ihr Geschäft. Es gibt sicher Frauen genug in der Welt, die einen Mann wie Sie heiraten und glücklich werden können, aber ich könnte es nicht. Und je mehr ich einen solchen Mann liebte, desto unglücklicher würde ich sein. Und wenn ich unglücklich

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