Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон

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sich leise. Auf ihren Zügen lag ein unheilverkündender, mürrischer Ausdruck. Es war deutlich zu sehen, daß die Aussicht auf eine Fahrt unter diesem Kapitän, die dazu noch unter so üblen Vorbedeutungen begonnen hatte, sie durchaus nicht lockte. Hin und wieder warfen sie verstohlene Blicke auf Wolf Larsen, und ich konnte merken, daß sie den Mann fürchteten.

      Er schritt zum Lukendeckel, und alle Mützen wurden abgenommen. Ich ließ meinen Blick über sie schweifen - es waren zwanzig Mann, zweiundzwanzig mit dem Mann am Ruder und mir. Es ist wohl begreiflich, daß ich sie neugierig musterte, sollte es doch mein Schicksal sein, ihr Los, eingepfercht in diese schwimmende Miniaturwelt, wer weiß wie viele Wochen und Monate zu teilen. Die Matrosen bestanden hauptsächlich aus Engländern und Skandinaviern mit groben, ausdruckslosen Gesichtern. Die Jäger hingegen hatten scharfe, harte, von zügelloser Leidenschaft geprägte Züge. Merkwürdigerweise sah ich sofort, daß Wolf Larsens Gesicht nicht diesen Ausdruck von Verderbtheit hatte. Gewiß, es hatte auch scharfe Linien, aber nur Linien, die von Entschlossenheit und Festigkeit sprachen. Seine Miene war von einem Freimut und einer Offenheit, die durch seine Bartlosigkeit noch verstärkt wurden. Ich konnte - bis zum nächsten Zwischenfall - kaum glauben, daß dies derselbe Mann war, der den Kajütsjungen so behandelt hatte.

      Er öffnete den Mund, um zu sprechen, aber in diesem Augenblick traf ein Windstoß nach dem andern den Schoner und preßte ihn auf die Seite. Der Wind heulte ein wildes Lied durch die Takelung. Einige von den Jägern warfen ängstliche Blicke nach oben. Die Reling auf Lee, wo der Tote lag, tauchte tief ins Wasser, und als der Schoner sich aufrichtete, wurden unsere Füße überspült. Ein Regenschauer ergoß sich über uns,und jeder Tropfen traf wie ein Hagelkorn. Als er vorüber war, begann Wolf Larsen zu sprechen, während die Leute im Takt des stampfenden Schiffes schwankten. „Ich erinnere mich nur an eine Stelle des Gottesdienstes", sagte er, „nämlich:, Und deine Leiche soll in die See geworfen werden.' Darum werft ihn hinein."

      Er schwieg. Die Leute, die den Lukendeckel hielten, waren verdutzt, verwirrt durch die Kürze der Zeremonie. Wütend fuhr er auf sie los: „Hoch das Ende, zum Donnerwetter! Was ist in euch gefahren, zum Teufel?"

      Sie hoben schleunigst den Lukendeckel am oberen Ende. Und wie ein über Bord geworfener Hund flog der Tote, die Füße voran, ins Meer. Der Kohlensack an seinen Füßen zog ihn hinunter. Er war fort.

      „Johansen", sagte Wolf Larsen kurz zu dem neuen Steuermann, „lassen Sie alle Mann, da sie gerade hier sind, an Deck bleiben. Holen Sie die Toppsegel und den Klüver ein, aber ein bißchen schnell. Wir bekommen einen tüchtigen Südwest. Reffen Sie lieber auch das Großsegel, wenn Sie schon mal dabei sind."

      In einem Augenblick war das ganze Deck in Bewegung. Johansen brüllte seine Befehle, und die Leute holten und fierten an allen möglichen Stricken und Tauen - für mich als Landratte natürlich ein wirres Chaos. Was mich aber besonders erschütterte, war die Herzlosigkeit, die in diesem Tun lag. Der Tote war vergessen. Er war mit einem Kohlensack an den Füßen versenkt worden, das Schiff setzte seine Reise fort, und die Arbeit ging ihren Gang. Keiner war auch nur im geringsten ergriffen. Die Jäger lachten über eine neue Geschichte, die Smoke erzählte, die Matrosen holten und fierten, und zwei von ihnen kletterten nach oben. Wolf Larsen musterte den sich überziehenden Himmel in Luv. Und der Tote, der so elend gestorben und so jämmerlich begraben war, sank tiefer und tiefer.

      Da überwältigte mich die Grausamkeit des Meeres, seine Unbarmherzigkeit und Gewalt. Das Leben war billig, etwas Sinnloses und Tierisches, eine seelenlose Bewegung von Schlamm und Schleim. Ich stellte mich an die Reling in Luv, neben den Wanten, und starrte über die trostlosen, schäumenden Wogen hinweg auf die niedrigen Nebelbänke. Hin und wieder trieb eine Regenbö dazwischen und entzog den Nebel meinen Blicken. Und dieses seltsame Schiff zog mit seiner schrecklichen Besatzung unter vollen Segeln nach Südwest, über die großen und einsamen Weiten des Stillen Ozeans.

      Drittes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Meine ersten Erlebnisse auf dem Robbenschoner Ghost in der Zeit, während der ich mich meiner neuen Umgebung anzupassen suchte, waren eine Kette von Demütigungen und Leiden. Der Koch, von der Besatzung „Doktor", von den Jägern „Tommy" und von Wolf Larsen „Köchlein" genannt, war wie ausgewechselt. Die Veränderung in meiner Stellung zog eine entsprechende Veränderung in seiner Art, mich zu behandeln, nach sich. So sklavisch und unterwürfig er vorher gewesen, so herrisch und streitsüchtig war er jetzt. War ich doch nicht mehr der feine Herr, sondern ein ganz gewöhnlicher und sehr unbrauchbarer Kajütsjunge.

      In seiner Dummheit bestand er darauf, daß ich ihn Herr Mugridge nennen sollte, und als er mich in meinen Pflichten unterwies, waren sein Benehmen und sein ganzes Getue unerträglich.

      Außer meiner Arbeit in der Kajüte mit den vier kleinen Kojen sollte ich ihm in der Kombüse helfen, und meine gänzliche Unwissenheit in bezug auf Kartoffelschälen und das Auswaschen fettiger Kochtöpfe bildete für ihn eine Quelle unaufhörlicher spöttischer Verwunderung. Er nahm nicht die geringste Rücksicht auf meine Lage oder vielmehr auf meine bisherigen Gewohnheiten. Ich gestehe, daß ich ihn, ehe der Tag zu Ende war, mehr haßte, als ich je im Leben einen Menschen gehaßt hatte.

      Dieser erste Tag wurde mir noch dadurch erschwert, daß die Ghost unter gerefften Segeln durch einen „brüllenden Südost" stampfte, wie Herr Mugridge sich ausdrückte. Um halb fünf deckte ich unter seiner Anleitung den Tisch in der Kajüte. Ich befestigte das Schlingerbrett und holte dann Essen und Tee aus der Kombüse. Ich kann bei dieser Gelegenheit nicht umhin, mein erstes Abenteuer bei hohem Seegang zu berichten.

      „Sieh dich vor, sonst kriegst du einen Guß ab", schärfte Herr Mugridge mir ein, als ich die Kombüse verließ, in der Hand einen ungeheuren Teekessel und unter dem andern Arm mehrere frischgebackene Brote. Einer der Jäger, ein großer, gelenkiger Bursche namens Henderson, kam gerade in diesem Augenblick aus dem „Zwischendeck" (mit diesem Namen bezeichneten die Jäger ihre mittschiffs gelegenen Schlafquartiere). Wolf Larsen stand auf dem Achterdeck und rauchte seine ewige Zigarre.

      „Siehst du! Futsch ist er!" schrie der Koch.

      Ich blieb stehen, denn ich wußte nicht, was geschah. Ich sah nur, wie die Kombüsentür mit einem Knall zuflog. Dann sah ich Henderson wie einen Verrückten zum Großmast springen und hoch über meinem Kopf in die Takelung klettern.

      Ich sah auch noch eine riesige Woge, die schäumend hoch über der Reling stand. Ich befand mich direkt unter ihr. Meine Gedanken arbeiteten nur langsam; alles war so neu und fremd für mich. Ich wußte nichts, als daß Gefahr drohte. Bestürzt stand ich still. Da schrie Wolf Larsen vom Achterdeck: „Festhalten, Sie - Hump!"

      Aber es war zu spät. Ehe ich mich an die Takelung angeklammert hatte, wurde ich von dem stürzenden Wasserschwall getroffen. Was dann geschah, weiß ich nicht recht. Ich befand mich unter Wasser, erstickte, ertrank. Die Füße glitten mir fort, ich wurde herumgewirbelt und Gott weiß wohin gefegt.

      Ich schlug gegen verschiedene harte Gegenstände, und einmal stieß ich mir mein rechtes Knie schrecklich. Dann schien das Wasser plötzlich zu verschwinden, und ich atmete wieder frische Luft. Ich war gegen die Kombüse geschleudert und dann bis gegen die Speigatten in Lee geschwemmt worden. Der Schmerz in meinem Knie war furchtbar. Ich glaubte nicht auftreten zu können und war sicher, das Bein gebrochen zu haben.

      Aber der Koch hielt Ausschau nach mir und schrie durch die Kombüsentür: „Na du! Bleib nicht die ganze Nacht unterwegs! Wo ist der Teetopf? Über Bord? Dir wäre recht geschehen, wenn du dir den Hals gebrochen hättest!"

      Ich versuchte auf die Füße zu kommen. Den großen Teetopf hielt ich

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