Phänomenologie des Geistes. Georg Wilhelm Friedrich Hegel
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Das Innere oder das übersinnliche Jenseits ist aber entstanden, es kommt aus der Erscheinung her, und sie ist seine Vermittlung; oder die Erscheinung ist sein Wesen, und in der Tat seine Erfüllung. Das Übersinnliche ist das Sinnliche und Wahrgenommene gesetzt, wie es in Wahrheit ist; die Wahrheit des Sinnlichen und Wahrgenommenen aber ist, Erscheinung zu sein. Das Übersinnliche ist also die Erscheinung als Erscheinung.—Wenn dabei gedacht wird, das Übersinnliche sei also die sinnliche Welt, oder die Welt, wie sie für die unmittelbare sinnliche Gewißheit und Wahrnehmung ist, so ist dies ein verkehrtes Verstehen; denn die Erscheinung ist vielmehr nicht die Welt des sinnlichen Wissens und Wahrnehmens als seiende, sondern sie als aufgehobene oder in Wahrheit als innere gesetzt. Es pflegt gesagt zu werden, das Übersinnliche sei nicht die Erscheinung; dabei wird aber unter der Erscheinung nicht die Erscheinung verstanden, sondern vielmehr die sinnliche Welt, als selbst reelle Wirklichkeit.
Der Verstand, welcher unser Gegenstand ist, befindet sich auf eben dieser Stelle, daß ihm das Innere nur erst als das allgemeine noch unerfüllte An-sich geworden; das Spiel der Kräfte hat nur eben diese negative Bedeutung, nicht an sich und nur diese positive, das Vermittelnde, aber außer ihm zu sein. Seine Beziehung auf das Innre durch die Vermittlung aber ist seine Bewegung, durch welche es sich ihm erfüllen wird.—Unmittelbar für ihn ist das Spiel der Kräfte; das Wahre aber ist ihm das einfache Innre; die Bewegung der Kraft ist daher ebenso nur als Einfaches überhaupt das Wahre. Von diesem Spiele der Kräfte haben wir aber gesehen, daß es diese Beschaffenheit hat, daß die Kraft, welche sollizitiert wird von einer andern Kraft, ebenso das Sollizitierende für diese andere ist, welche selbst erst hierdurch sollizitierende wird. Es ist hierin ebenso nur der unmittelbare Wechsel oder das absolute Austauschen der Bestimmtheit vorhanden, welche den einzigen Inhalt des Auftretenden ausmacht; entweder allgemeines Medium oder negative Einheit zu sein. Es hört in seinem bestimmten Auftreten selbst unmittelbar auf, das zu sein, als was es auftritt; es sollizitiert durch sein bestimmtes Auftreten die andere Seite, die sich hiedurch äußert; das heißt, diese ist unmittelbar itzt das, was die erste sein sollte. Diese beiden Seiten, das Verhältnis des Sollizitierens und das Verhältnis des bestimmten entgegengesetzten Inhalts ist jedes für sich die absolute Verkehrung und Verwechslung. Aber diese beiden Verhältnisse sind selbst wieder dasselbe, und der Unterschied der Form, das Sollizitierte und das Sollizitierende zu sein, ist dasselbe, was der Unterschied des Inhalts ist, das Sollizitierte als solches, nämlich das passive Medium; das Sollizitierende hingegen das tätige, die negative Einheit oder das Eins. Hiedurch verschwindet aller Unterschied besonderer Kräfte, die in dieser Bewegung vorhanden sein sollten, gegeneinander überhaupt; denn sie beruhten allein auf jenen Unterschieden; und der Unterschied der Kräfte fällt ebenso mit jenen beiden nur in einen zusammen. Es ist also weder die Kraft noch das Sollizitieren und Sollizitiert-werden, noch die Bestimmtheit, bestehendes Medium und in sich reflektierte Einheit zu sein, weder einzeln für sich etwas, noch sind es verschiedene Gegensätze; sondern was in diesem absoluten Wechsel ist, ist nur der Unterschied als allgemeiner oder als ein solcher, in welchen sich die vielen Gegensätze reduziert haben. Dieser Unterschied als allgemeiner ist daher das Einfache an dem Spiele der Kraft selbst, und das Wahre desselben; er ist das Gesetz der Kraft.
Zu dem einfachen Unterschiede wird die absolut wechselnde Erscheinung, durch ihre Beziehung auf die Einfachheit des Innern oder des Verstandes. Das Innre ist zunächst nur das an sich Allgemeine; dies an sich einfache Allgemeine ist aber wesentlich ebenso absolut der allgemeine Unterschied; denn es ist das Resultat des Wechsels selbst, oder der Wechsel ist sein Wesen; aber der Wechsel, als im Innern gesetzt, wie er in Wahrheit ist, in dasselbe hiemit als ebenso absolut allgemeiner, beruhigter, sich gleich bleibender Unterschied aufgenommen. Oder die Negation ist wesentliches Moment des Allgemeinen, und sie oder die Vermittlung also im Allgemeinen ist allgemeiner Unterschied. Er ist im Gesetze ausgedrückt, als dem beständigen Bilde der unsteten Erscheinung. Die übersinnliche Welt ist hiemit ein ruhiges Reich von Gesetzen, zwar jenseits der wahrgenommenen Welt, denn diese stellt das Gesetz nur durch beständige Veränderung dar, aber in ihr ebenso gegenwärtig, und ihr unmittelbares stilles Abbild.
Dies Reich der Gesetze ist zwar die Wahrheit des Verstandes, welche an dem Unterschiede, der in dem Gesetze ist, den Inhalt hat; es ist aber zugleich nur seine erste Wahrheit, und füllt die Erscheinung nicht aus. Das Gesetz ist in ihr gegenwärtig, aber es ist nicht ihre ganze Gegenwart; es hat unter immer andern Umständen eine immer andere Wirklichkeit. Es bleibt dadurch der Erscheinung für sich eine Seite, welche nicht im Innern ist; oder sie ist in Wahrheit noch nicht als Erscheinung, als aufgehobenes Für-sich-sein gesetzt. Dieser Mangel des Gesetzes muß sich an ihm selbst ebenso hervortun. Was ihm zu mangeln scheint, ist, daß es zwar den Unterschied selbst an ihm hat, aber als allgemeinen, unbestimmten. Insofern es aber nicht das Gesetz überhaupt, sondern ein Gesetz ist, hat es die Bestimmtheit an ihm; und es sind damit unbestimmt viele Gesetze vorhanden. Allein diese Vielheit ist vielmehr selbst ein Mangel; sie widerspricht nämlich dem Prinzip des Verstandes, welchem als Bewußtsein des einfachen Innern, die an sich allgemeine Einheit das Wahre ist. Die vielen Gesetze muß er darum vielmehr in ein Gesetz zusammenfallen lassen. Wie zum Beispiel das Gesetz, nach welchem der Stein fällt, und das Gesetz, nach welchem die himmlischen Sphären sich bewegen, als ein Gesetz begriffen worden ist. Mit diesem Ineinanderfallen aber verlieren die Gesetze ihre Bestimmtheit; das Gesetz wird immer oberflächlicher, und es ist damit in der Tat nicht die Einheit dieser bestimmten Gesetze, sondern ein ihre Bestimmtheit weglassendes Gesetz gefunden; wie das eine Gesetz, welches die Gesetze des Falles der Körper an der Erde und der himmlischen Bewegung in sich vereint, sie beide in der Tat nicht ausdrückt. Die Vereinigung aller Gesetze in der allgemeinen Attraktion drückt keinen Inhalt weiter aus als eben den bloßen Begriff des Gesetzes selbst, der darin als seiend gesetzt ist. Die allgemeine Attraktion sagt nur dies, daß alles einen beständigen Unterschied zu anderem hat. Der Verstand meint dabei, ein allgemeines Gesetz gefunden zu haben, welches die allgemeine Wirklichkeit als solche ausdrücke; aber hat in der Tat nur den Begriff des Gesetzes selbst gefunden; jedoch so, daß er zugleich dies damit aussagt, alle Wirklichkeit ist an ihr selbst gesetzmäßig. Der Ausdruck der allgemeinen Attraktion hat darum insofern große Wichtigkeit, als er gegen das gedankenlose Vorstellen gerichtet ist, welchem alles in der Gestalt der Zufälligkeit sich darbietet, und welchem die Bestimmtheit die Form der sinnlichen Selbstständigkeit hat.
Es steht somit