Falsches Spiel der Liebe wegen. Barbara Cartland
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Doch dann erklärte ihr die Herzogin unmißverständlich: „Ich habe deinen Vater nie geschätzt. Und wie du weißt, war deine Mutter eine Feindin unseres Landes, eine Fremde, die man meiner Meinung nach während des Krieges hätte einsperren müssen. Deshalb wünsche ich nicht, daß du mit Carolines Freundinnen zusammenkommst oder dich aufdrängst, wenn wir Gäste empfangen.“ Nach einer kleinen Pause fügte sie boshaft hinzu: „Du kannst versuchen, dich nützlich zu machen. Kümmere dich um Carolines Kleider und schaff Ordnung in ihrem Zimmer, wenn die Dienstmädchen anderweitig beschäftigt sind. Wann immer wir nach London fahren, bleibst du natürlich hier.“
Roxana verstand nicht, warum sie so behandelt wurde - bis ihr Nanny, Carolines alte Kinderfrau, alles erklärte.
„Reg dich nicht so auf, mein Liebes“, sagte sie, als sie eine tränenüberströmte Roxana antraf. „Ihre Gnaden sind nur eifersüchtig - anders kann man das nicht ausdrücken.“
„Eifersüchtig?“ fragte Roxana ungläubig.
„Sie war immer unscheinbar, schon in ihrer Jugend. Und jetzt, mit ihren vielen Falten und Rundungen, kann sie die Tatsache, daß deine Mutter viel schöner war als sie, unmöglich übersehen.“
„Sie war wirklich eifersüchtig? Das hätte ich nie gedacht.“
„Natürlich war sie das! Und Seine Gnaden waren neidisch auf Lord Leo. Kein Wunder - wo dein Vater doch so beliebt war! Er konnte besser reiten als der Herzog und übertrumpfte ihn bei jedem Hindernisrennen, schon in alten Zeiten, als beide noch kleine Jungen waren.“
Nachdenklich betrachtete Roxana ihr Spiegelbild. Wie alle Bruntwicks hatte sie blondes Haar, aber nicht die gleichen hellblauen Augen wie Caroline, sondern dunklere wie ihre Mutter. Es war eine seltsame Farbe, die bei einer gewissen Beleuchtung fast violett wirkte.
„Stiefmütterchenaugen“, hatte ihr Vater festgestellt und seiner Frau versichert, ihr Blick würde ihn hypnotisieren; er sei ihr rettungslos verfallen.
Roxanas Augen wirkten noch viel geheimnisvoller durch den Kontrast zu ihrer weißen Haut, einem Erbe der Bruntwicks. Wie ihre französischen Vorfahren, deren Porträts sie gesehen hatte, besaß sie ein herzförmiges Gesicht. Wenn sie lächelte, umspielte ein ausdrucksvoller Zug ihren Mund, im Gegensatz zu Carolines klassisch geformten, aber ausdruckslosen Lippen.
Sie erinnerte sich, daß ihr Vater einmal zu ihrer Mutter gesagt hatte: „Ich glaube, du bist eine Hexe, mein Liebling. Jedenfalls hast du mich verhext. Vielleicht bist du die wiedergeborene Morgan le Fay oder eine andere mittelalterliche Hexe, die auf Scheiterhaufen verbrannt wurden, weil sie den Leuten Angst einjagten.“
„Fürchtest du dich vor mir?“ hatte Yvette leise gefragt.
„Ich fürchte nur, daß ich dich eines Tages verlieren könnte. Du weißt ebensogut wie ich, daß ein Mann dich nur anschauen muß, um dich unwiderstehlich zu finden.“
Sie hatte gelacht.
„Darin solltest du ein Kompliment sehen, das dir gilt, mein Liebster. Für mich gibt es nur einen einzigen Mann auf dieser Welt, und ich werde alle Zaubertricks anwenden, die ich beherrsche, um ihn an mich zu fesseln.“
Als hätte sie Roxanas Gedanken gelesen, sagte die Kinderfrau, die neben ihr vor dem Spiegel stand: „Du bist einfach zu hübsch, das ist es. Ich frage mich, was aus dir werden soll - wenn Ihre Gnaden dich nirgendwohin gehen läßt, wo du einen Ehemann finden könntest...“
Diese Worte bedrückten Roxana, denn seit ihrem achtzehnten Geburtstag wünschte sie sich, möglichst bald zu heiraten und diesem Schloß und seinen Bewohnern zu entkommen.
Natürlich träumte sie von einem Ritter in schimmernder Rüstung, der ihrem Vater glich - oder von einem Prinzen, der augenblicklich in tiefer Liebe zu ihr entbrennen und sie auf seinem Pferd entführen würde.
Seit sie in diesem Gemäuer wohnte, war sie unglücklich. Nicht nur, weil ihre Tante sie nicht mochte, sondern auch, weil es keine Liebe in diesen Mauern gab.
Das kleine Haus auf dem Landgut, das der Herzog seinem Bruder gönnerhaft zur Verfügung gestellt hatte, war stets erfüllt gewesen von Sonnenschein und Glück. Roxanas Eltern hatten eine Wärme darin verbreitet, die ihr ganz anders erschienen war als die Glut, die von den Kaminfeuern im Schloß ausging. Hier fröstelte sie sogar in der Sommerhitze.
Als Caroline im April nach London gefahren war, entzückt über ihre neuen Ballkleider und überzeugt von ihrem bevorstehenden gesellschaftlichen Erfolg, hatte Roxana zu Hause bleiben müssen und sich sehr einsam gefühlt. Doch dann sagte sie sich, es wäre sinnlos, Trübsal zu blasen. Sie wollte die wenigen Freuden genießen, die ihr geschenkt wurden.
Vor allem an den Pferden, die sie reiten durfte, fand sie großes Vergnügen - auch wenn sie nur selten Zeit dazu hatte, weil ihr die Herzogin so viele Näharbeiten aufbürdete.
Einen weiteren Trost spendeten ihr die Bücher aus der Bibliothek. Allerdings konnte sie nur abends oder in den frühen Morgenstunden lesen, weil sie tagsüber zu sehr beschäftigt war.
Meist ritt sie mit Caroline aus, aber manchmal auch allein, denn der Herzog hielt es für überflüssig, den Mädchen Reitknechte zur Verfügung zu stellen, wenn sie in der Nähe des Schlosses blieben.
Bei ihrem ersten Ausritt nach Carolines Abreise wurde Roxana von Patrick Fairley erwartet, der die Befürchtung hegte, seine Liebste könnte ihn in London vergessen.
„Glaubst du, sie liebt mich wirklich, Roxana? Wird sie stets daran denken, daß wir zusammengehören?“
Sie versuchte ihn zu trösten, denn sie war der festen Überzeugung, ihre Kusine würde ihm alle Gefühle entgegenbringen, die sie zu empfinden vermochte. Es war nicht jene himmelstürmende Liebe, die Roxanas Eltern verbunden hatte. Zu solchen Leidenschaften würde ein typisch englisches Mädchen wie Caroline wohl nie fähig sein.
Mitte Juni ging die Saison zu Ende. Nachdem der Prinzregent London verlassen hatte und nach Brighton aufgebrochen war, kehrte Caroline nach Hause zurück und freute sich sichtlich, Patrick wiederzusehen.
Jeden Morgen ritt sie mit ihrer Kusine durch den Park und die Wälder zum kleinen Landsitz der Fairleys, und Patrick kam ihnen entgegen. Roxana entfernte sich taktvoll und gesellte sich erst wieder zu den beiden, wenn es an der Zeit war, den Heimweg anzutreten.
Es wäre unmenschlich gewesen, hätte sie sich nicht hin und wieder nach einem Mann gesehnt, der sie mit so liebevollen Augen ansah wie Patrick seine Caroline und ihr zärtliche Worte zuflüsterte.
Vielleicht werde ich alt und grau werden, niemals das Glück der Liebe erleben, niemals etwas anderes sehen als dieses Schloß und seine Umgebung, dachte sie manchmal verzweifelt.
Sie verlor sich in ihren Träumen und in ihren Büchern, die sie aus den Regalen der Bibliothek holte und die jahrelang unberührt geblieben wären, hätte sie sich nicht dafür interessiert.
Und nun mußte sie erfahren, daß man ihre Kusine zwingen wollte, den Marquis von Quorn zu heiraten. Auch wenn Caroline einen anderen liebte - sie würde zweifellos einen faszinierenden Ehemann bekommen.
„Was soll ich nur tun, Roxana?“ fragte das Mädchen unglücklich. „Ich muß Patrick