Historische Romane von Henryk Sienkiewicz. Henryk Sienkiewicz
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»Die Ihr Eurem Bruderssohn geben wollt!« brach nun der junge Wilk los.
Macko warf dem Sprechenden einen scharfen, kalten Blick zu, dann wandte er sich wieder zu dem alten Wilk, indem er ruhig erklärte: »Wißt, mein Bruderssohn hat sich mit einer jungen Erbin aus Masovien vermählt, die ihm einen beträchtlichen Brautschatz mitgebracht hat.«
Ein noch tieferes Schweigen als zuvor trat nun ein. Eine ganze Weile starrten Vater und Sohn offenen Mundes auf Macko, bis sich endlich der alte Wilk also vernehmen ließ: »Hei, was soll dies sein? Es geht ja die Rede … Nun, erzählt doch!«
Ohne indessen auf diese Worte zu achten, fuhr Macko weiter fort: »Dies ist auch der Grund, weshalb ich eine Fahrt antreten muß. Ich bitte Euch daher nochmals, haltet von Zeit zu Zeit Umschau in Bogdaniec, verhütet, daß mein Besitztum von irgend jemand geschädigt werde, und schützt mich vor allem als gute, treue Nachbarn gegen Cztans Ueberfälle.«
Für den jungen Wilk, der einen ziemlich scharfen Verstand besaß, unterlag es keinem Zweifel mehr, daß es für ihn, nach der Verheiratung von Zbyszko, von unendlichem Werte war, sich mit Macko gut zu stellen, da Jagienka großes Vertrauen in diesen setzte und in allem dessen Rat befolgte. Vor den Blicken des jungen Heißsporns öffneten sich plötzlich ganz neue Aussichten. »Es genügt jetzt nicht mehr, mich mit Macko zu vertragen,« sagte er sich, »ich muß ihn für mich einzunehmen suchen.« Obwohl er schon etwas angetrunken war, streckte er daher rasch seine Hand unter dem Tische aus, umfaßte seines Vaters Knie und drückte es zum Zeichen, daß dieser nichts Ungehöriges sagen möge.
»Habt nur keine Angst vor Cztan!« wandte er sich hierauf zu Macko. »Oho, er soll es nur einmal versuchen! Er hat mich zwar ein wenig verhauen, das ist wahr, ich habe ihm aber in einer Weise auf seine zottige Schnauze gegeben, daß seine eigene Mutter ihn wohl kaum erkannt haben würde. Befürchtet nichts, macht Euch nur ruhig auf die Fahrt. Keine Hand soll an Bogdaniec rühren.«
»Ihr seid ehrbare Männer, das sehe ich. Schwört Ihr es mir?«
»Wir schwören es!« riefen beide.
»Auf Euer Wappen?«
»Auf unser Wappen, ja, wenn Ihr wollt, auf das Kreuz! So wahr uns Gott helfe!«
Macko lächelte zufrieden vor sich hin, dann hub er von neuem an: »Nun, das und nichts anderes habe ich von Euch erwartet. Und weil das so ist, will ich Euch noch etwas sagen. Zych hat mich, wie Ihr wohl wißt, zum Schützer seiner Kinder bestellt. Deshalb trat ich auch Euch, Dir, jungen Bürschlein und Cztan entgegen, als Ihr gewaltsam in Zgorzelic einzufallen suchtet. Bin ich aber erst in Marienburg oder Gott weiß wo sonst, wird mein Schutz den armen Kindern wenig nützen. Gott hält zwar seine schirmende Hand über alle Waisen, und wer solchen Uebles thut, der hat nicht nur seinen Kopf verwirkt, sondern wird auch ehrlos erklärt. Allein trotzdem fällt es mir schwer zu gehen, furchtbar schwer. Gebt mir daher auch Euer Wort, daß Ihr weder selbst Zychs Waisen behelligen wollt, noch dulden werdet, daß sie von andern Unrecht leiden.«
»Wir schwören, wir schwören!«
»Auf Eure ritterliche Ehre und auf Euer Wappen?«
»Auf unsere ritterliche Ehre und auf unser Wappen!«
»Wie auch auf das Kreuz?«
»Ja, auch auf das Kreuz.«
»Gott ist unser Zeuge, Amen!« fügte Macko schließlich hinzu, indem er erleichtert aufatmete, war er doch nun gewiß, daß die beiden selbst dann ihrem Eid treu bleiben würden, wenn ihnen Zorn und Grimm die Kehle zuzuschnüren drohten. So wollte er sich denn auch sofort verabschieden, allein er ward fast mit Gewalt von Vater und Sohn zurückgehalten. Er mußte mit dem alten Will Brüderschaft trinken, während der junge Wilk, der gewöhnlich Händel suchte, sobald er seiner Sinne nicht mehr ganz mächtig war, sich damit begnügte, entsetzliche Drohungen gegen Cztan auszustoßen. Dabei bemühte er sich aber so eifrig um Mackos Gunst, als ob ihm dieser schon am folgenden Tage Jagienka zuführen werde. Noch ehe Mitternacht anbrach, war er indessen dermaßen erschöpft, daß ihn eine Ohnmacht anwandelte, und nachdem er wieder zu sich gebracht worden war, fiel er in einen bleiernen Schlaf. Der Vater folgte gar bald dem Beispiele des Sohnes, und beide machten den Eindruck von Leblosen, als Macko sie verließ.
Da dieser aber sehr viel ertragen konnte, war er selbst keineswegs betrunken, sondern nur etwas angeheitert. Voll Freude rief er sich daher auf dem Heimwege all das in das Gedächtnis zurück, was er erreicht hatte.
»Traun,« sagte er sich, »Bogdaniec ist nun ebensowenig gefährdet wie Zgorzelic. Wohl werden jene wüten, wenn sie hören, daß Jagienka fort ist, allein deren Eigentum ist jetzt ebenso sicher vor ihnen wie das meine. Dazu haben sie sich verpflichtet. Von dem Herrn Jesus ist dem Menschen Verstand verliehen worden. Wo man daher mit den Fäusten nichts auszurichten vermag, da muß man die Klugheit walten lassen. Wenn ich zurückkehre, wird mich der Alte zum Kampfe fordern, doch was liegt daran! Gott gebe nur, daß ich auch bei den Kreuzrittern meinen Zweck erreichen werde. Vielleicht steht mir aber die heilige Mutter Gottes bei, und ich kann für Zbyszko ebenso günstig wirken, wie ich dies für die Kinder Zychs und für Bogdaniec gethan habe.«
Plötzlich schoß ihm der Gedanke durch den Kopf, das Mägdlein müsse ja gar nicht von dannen ziehen, der alte und der junge Wilk würden es sicherlich wie den eigenen Augapfel behüten, gleich darauf verwarf er aber wieder diese Idee. »Wohl werden jene über die Maid wachen, Cztan wird aber trotzdem nicht von seinen Ueberfällen abstehen,« sagte er sich von neuem. »Gott allein weiß, wer dann den Sieg davon tragen würde, sicherlich käme es zu fortwährenden Angriffen und Kämpfen, unter denen Zychs Söhne, Zgorzelic, ja sogar das Mägdlein zu leiden hätten. Weit leichter läßt sich Bogdaniec beschützen; für Jagienka ist es indessen jedenfalls ratsamer, fern von den beiden Raufbolden und in der Nähe des reichen Abtes zu sein.«
Da Macko schon lange nicht mehr glaubte, Danusia könne lebend aus den Händen der Kreuzritter entkommen, nährte er stets die Hoffnung in sich, Zbyszko werde, wenn er verwitwet zurückkehre, dies als eine Fügung Gottes betrachten und Jagienka heimführen.
»Hei, allmächtiger Gott und Herr!« dachte er bei sich, »wenn Zbyszko, der doch nun im Besitze von Spychow ist, sich mit Jagienka vermählen würde und dadurch Moczydoly und all das in Besitz bekäme, was ihr der Abt hinterläßt, hei, dann wollte ich es nicht an Wachs für Kerzen fehlen lassen.«
Von solchen Gedanken und Betrachtungen erfüllt, erschien Macko der Heimweg aus Brzozowa weit kürzer als dies in Wirklichkeit der Fall war, denn erst spät in der Nacht langte er an Ort und Stelle an. Voll Verwunderung nahm er daher den hellen Lichtschein wahr, der durch das ölgetränkte Papier der Fenster fiel. Die Bediensteten schliefen noch nicht, und kaum ritt er in Bogdaniec ein, so eilte ihm ein Knecht entgegen.
»Sind Gäste hier?« fragte Macko, vom Pferde steigend.
»Ja,