Historische Romane von Henryk Sienkiewicz. Henryk Sienkiewicz

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Historische Romane von Henryk Sienkiewicz - Henryk Sienkiewicz

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kurzes Schweigen versinkend, warf er plötzlich mit solcher Wucht ein Scheit Holz in das Feuer, daß die Funken aufsprühten, und die Flamme hoch emporloderte.

      »Wahrlich,« hub er hieraus wieder an, »wenn die Beklagenswerte in irgend einer Burg schmachtet, wird sie gewiß den Glauben hegen, ich habe ihrer’ längst vergessen. Und ist dem so, dann mag ein jäher Tod mich bald ereilen.«

      Aber und abermals schleuderte er Holzscheite in das Feuer, gerade als ob er damit all die Kümmernisse von sich werfen wolle, die ihn im innersten Mark verzehrten. Staunend beobachteten dies Macko und Hlawa, die sich eigentlich jetzt erst davon überzeugten, wie unendlich Danusia von Zbyszko geliebt ward.

      »Beruhige Dich!« rief daher Macko. »Sind Dir die Geleitsbriefe nicht von Nutzen gewesen? Haben die Komture dem Großmeister keinen Gehorsam geleistet?«

      »Beruhigt Euch, o Herr,« ergriff nun auch Hlawa das Wort. »Gott wird Euch Trost gewähren – bald, vielleicht sehr bald.«

      Thränen glänzten in Zbyszkos Augen, als er, mit aller Macht sich bezwingend, von neuem begann: »Die Schurken öffneten mir Burgen und Kerker. Ich zog von Ort zu Ort, ich suchte allenthalben! Da mit einem Male brach der Krieg aus und in Gierdawy erklärte mir der Vogt von Heideck, im Kriege herrschten andere Gesetze, die in Friedenszeiten ausgestellten Geleitsbriefe hätten keinen Wert. Ich zog ihn wohl sofort zur Rechenschaft er aber wollte sich mir nicht stellen, nein er erteilte den Befehl, mich aus der Burg zu weisen.«

      »Und in den andern Burgen?« fragte Macko.

      »Ueberall erhielt ich die gleiche Antwort. In Krolewiec weigerte sich der Komtur, welcher über dem Vogte von Gierdawy steht, sogar mir einen Blick in das Schreiben des Großmeisters zu thun. Krieg sei Krieg, erklärte er, ich möge vor allem dafür sorgen, daß ich mit heiler Haut davon käme. Und wohin ich mich auch wandte – den gleichen Bescheid erhielt ich allerorts.«

      »Nunmehr begreife ich alles,« ließ sich der alte Ritter jetzt vernehmen. »Da Du nichts auszurichten vermagst, bist Du hierher gekommen, um wenigstens Rache nehmen zu können.«

      »So ist es in der That,« entgegnete Zbyszko. »Ich glaubte. Gefangene machen, ich hoffte, mich einiger Burgen bemächtigen zu können, doch diese Mannen hier können keine Burgen stürmen.«

      »Hei! Laß nur erst den Fürsten Witold kommen, dann wird alles anders werden.«

      »Gott gebe, daß er zu uns stoße!«

      »Er wird kommen. An dem masovischen Hofe ward mir dies gesagt. Vielleicht trifft auch der König selbst ein und mit ihm die ganze polnische Streitmacht.«

      Schon wollte Zbyszko eine Antwort geben, als dies durch Skirwoillo vereitelt ward, der ganz unerwartet mit den Worten aus der Dunkelheit trat:

      »Wir brechen auf.«

      Macko, Zbyszko und der Böhme sprangen empor, Skirwoills aber kam dicht zu ihnen und sagte in leisem Tone:

      »Es ist uns Kunde geworden, daß Verstärkungen und Zufuhren nach Neu-Kowno unterwegs sind. Ein Zug von Kriegsleuten soll unter der Anführung von zwei Kreuzrittern Vieh und allerlei Nahrungsmittel dahin bringen, das müssen wir vereiteln.«

      »Ueberschreiten wir den Niemen?« fragte Zbyszko.

      »Ja, wir kennen eine Furt.«

      »Weiß man in der Burg von jener Absicht?«

      »Gewiß. Eine ganze Schar wird den Ankömmlingen entgegen ziehen. Auf diese Schar müßt Ihr Euch Werfen.«

      Eingehend erklärte er ihnen hierauf, wo sie sich zu verbergen hätten, um unerwartet die aus der Burg Ziehenden überfallen zu können. Seinem Plan nach sollten gleichzeitig zwei Angriffe unternommen werden, um die erlittene Niederlage zu rächen, ein Plan, der sich vielleicht um so leichter ausführen ließ, weil sich der Feind nach dem Siege völlig sicher fühlte. Ganz genau gab er auch die Zeit an, in der sie losschlagen mußten, und bezeichnete die Richtung, die sie dann einzuhalten hatten. Alles Uebrige jedoch überließ er ihrer Tapferkeit, ihrer Umsicht. Freude und Stolz schwellten ihre Herzen bei der Erkenntnis, daß er sie als bewährte, umsichtige Krieger betrachtete. Auf seine Aufforderung hin begleiteten sie ihn schließlich in seine Hütte, wo ihn Knäsen und Bojaren, die Führer der Abteilungen erwarteten. Nachdem er hier seine Befehle wiederholt und neue erteilt hatte, setzte er eine aus Wolfsknochen gearbeitete Pfeife an die Lippen und ließ einen so lauten, schrillen Pfiff ertönen, daß er von einem Ende des Lagers bis zu dem andern schallte.

      Sofort regte es sich allenthalben an den erloschenen Feuerstätten; da und dort sprühten Funken auf, da und dort stiegen vereinzelte Flämmchen empor, die mit jedem Augenblick zahlreicher und heller wurden und deren Schein auf die Gestalten wilder Krieger fiel, die sich mit ihren Waffen um die Feuer sammelten. Wie auf einen Schlag war der Wald aus dem Schlafe erwacht, denn auch aus der Tiefe des Dickichts drangen nun die Rufe der Pferdeknechte, welche die Rosse in das Lager trieben.

      Fünftes Kapitel.

      Inhaltsverzeichnis

      Früh am Morgen wurde die Niewiaza erreicht und überschritten. Etliche setzten auf Pferden darüber, andere, indem sie sich an den Schwänzen der Pferde hielten, andere wieder auf Bündeln von Birkenruten. Der Uebergang bewerkstelligte sich so rasch, daß Macko, Zbyszko, Hlawa und jene Masuren, die freiwillig Heeresfolge leisteten, die behende Gewandtheit der Samogitier aufs höchste bewunderten und zum erstenmale vollständig begriffen, weshalb weder Wälder, noch Sümpfe, noch Flüsse die Litauer in ihren Kriegszügen aufhalten konnten. Trotzdem alle durchnäßt aus dem Wasser kamen, legte doch keiner seine Gewandung – den Schafspelz oder den Wolfspelz ab, nein, ein jeder der Krieger stellte sich so lange mit dem Rücken gegen die Sonne, bis wie aus einer Pechhütte der Dampf aus seinem Körper aufstieg, und schon nach ganz kurzer Rast zog man dann weiter gen Norden. Es dunkelte bereits, als man an dem Niemen anlangte, der durch das Steigen der Gewässer zur Frühlingszeit stark angeschwollen war. Der Uebergang bot daher noch größere Schwierigkeiten. Die Skirwoillo bekannte Furt hatte sich stellenweise in tiefe Wassertümpel verwandelt, durch welche die Pferde schwimmen mußten. Zwei der Mannen wurden von Zbyszkos und Hlawas Seite hinweggerissen. Umsonst versuchten diese die Bedrohten zu retten, in der Dunkelheit verschwanden sie in dem wilden Strome. Kein Hilferuf war laut geworden, hatte doch der Anführer den Befehl erteilt, der Fluß müsse in tiefster Stille überschritten werden. Alle andern erreichten jedoch glücklich das jenseitige Ufer, an dem sie die Nacht verbrachten, ohne sich an einem Feuer wärmen zu können.

      Bei Tagesanbruch wurde die ganze Kriegsschar in zwei Teile geschieden. Mit der einen Abteilung zog Skirwoillo jenen Rittern und Kreuzrittern entgegen, welche Nahrungsmittel nach Gotteswerder bringen sollten, die andere Abteilung führte Zbyszko abermals gegen die Insel, um der Schar den Weg zu verlegen, welche von der Burg aus den Ankömmlingen entgegenrücken sollte. Der Tag schien schön zu werden. Glänzend und hell stand die Sonne am Firmamente, nur über den Wäldern, den Wiesen und den Gesträuchen lag noch dichter, weißer Nebel, der alles verhüllte. Dies gereichte Zbyszko und seinen Mannen zu großem Vorteil, war es doch kaum anzunehmen, daß die Deutschen, deren Blicken sie verborgen blieben, durch einen Rückzug den Zusammenstoß vereitelten. Voll Freude darüber wandte sich der junge Ritter zu Macko, der neben ihm ritt und sagte: »Bei einem solchen Nebel können wir sie überfallen, ehe sie uns gewahr werden. Gott gebe nur, daß es bis Mittag so bleibt.«

      Nach diesen Worten sprengte er zu den bei der Vorhut sich befindenden Anführern, um ihnen verschiedene

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